Sonntag, 20. Mai 2007

Estnische Hackermärchen

Vor einigen Tagen wurde ein unerhörter Skandal vermeldet. Die estnische Regierung behauptete, die Hackerattacken auf estnische Webseiten im Zuge des Denkmalstreits seien von der russischen Regierung ausgegangen und man man könne dies anhand einiger IP-Adressen, die zu russischen Behörden gehören würden, beweisen. Brav haben die freien und unabhängigen, immer für saubere Recherchen bekannten "westlichen" Medien diese Geschichte geglaubt und ihren Lesern kredenzt; die estnischen Hilferufe an NATO und EU wurden unisono unterstützt. Doch dann das:
"[...]

Über die Urheber und Hintermänner der Angriffe ist ein heftiger Streit entbrannt. Der estnische Außenminister Urmas Paet hatte russische Regierungsorgane beschuldigt, Russland wies die Vorwürfe zurück. Jetzt entschärft Estland überraschend seine Vorwürfe.

"Wir haben keine Beweise, dass die Angriffe von einem einzigen konkreten Urheber ausgehen", sagte Hillar Aarelaid, Leiter des estnischen "Computer Emergency Response Team" (CERT) zu SPIEGEL ONLINE. Das von der Regierung eingesetzte CERT koordiniert seit einem Jahr die Verteidigung gegen Angriffe im estnischen Adress-Raum ".ee". Damit widerspricht Aarelaid dem estnischen Außenminister Paet direkt, der angegeben hatte, Cyber-Angriffe zu "konkreten Personen und konkreten Computern russischer Regierungsorgane" zurückverfolgen zu können.

[...]"
Wir halten fest: Damit ist ein Propagandamärchen der estnischen Regierung zusammengebrochen, das die anderen EU- und NATO-Mitglieder gegen Rußland aufbringen sollte, indem ein staatlicher Cyberangriff erfunden wurde.
Das Thema hat nicht unerheblich zur Verschlechterung der Beziehungen während der letzten Wochen beigetragen und Estland konnte sich wieder einmal als das arme Opfer des bösen russischen Bären präsentieren. (Langsam scheinen sich die Balten - ebenso wie die Polen - in der Opferrolle einzurichten.) Diejenigen ausländischen Medien und Politiker, die dieser Lüge auf den Leim gegangen sind, werden sich aber vermutlich nicht in Selbstkritik üben und für die Zukunft zur Zurückhaltung anhalten (zumindest solange, bis alle Fakten aufgeklärt sind), sondern munter weiter schwadronieren, denn jetzt wissen wir wieder: Der Feind steht im Osten.

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