Samstag, 19. Mai 2007

Eiszeitgipfel in Samara

Gestern hat in Samara der 19. EU-Rußland-Gipfel mit Bundeskanzlerin Merkel, EU-Kommissionspräsident Barroso und Präsident Putin stattgefunden. Nachdem man im Vorfeld des G8-Gipfels in Bad Heiligendamm ein weiträumiges Demonstrationsverbot verhängt und über präventive Ingewahrsamnahmen diskutiert hatte, war man deutscherseits politisch und moralisch gut gerüstet, um in Samara die Durchführung eines "Marschs der Unzufriedenen" durchzusetzen.

Der Gipfel selbst verlief - wie zu erwarten war - in den großen Fragen weitgehend ergebnislos, insbesondere die Verhandlungen über ein neues Partnerschafts- und Kooperationsabkommen sind auf unbestimmte Zeit verschoben worden, in einigen kleineren Fragen (z.B. Visaregime) ist man sich wohl näher gekommen. Die offiziellen Verlautbarungen der deutschen Ratspräsidentschaft finden sich hier, die des russischen Präsidenten hier und hier. Und auf dieser Seite ist ein Teil der Pressekonferenz auf Deutsch wiedergegeben.

Bevor weiter unten auf die Reaktionen in Rußland eingegangen wird (2.), sollen zunächst die in Deutschland und der EU beleuchtet werden.


1. Aufgrund des Mangels an konkreten Ergebnissen beschäftigt sich die deutsche Presse im Nachgang eher mit den grundsätzlichen Fragen der Beziehungen zu Rußland. Ihr Urteil ist eindeutig: die Beziehungen zwischen beiden Seiten haben einen neuen Tiefpunkt erreicht. Und die Schuld daran trifft selbstverständlich Rußland:

"[...]

War die Reise nach Samara also Zeitverschwendung? Mitnichten. Im Sanatorium am Wolgastrand kamen jene Gegensätze in den Interessen und im Staatsverständnis ans Licht, die bisher auf westlicher Seite allzu oft verharmlost worden sind. Russland hat sich von der EU entfernt. Damit ist es auch schwieriger geworden, die Distanz zu ihm zu überbrücken."

[...]

Dank Putins geradezu erfrischender Unverstelltheit scheinen nun aber auch im westlichen Teil der EU immer mehr Politiker zu begreifen, welches Wesen der wiedererstandenen Macht im Osten zu eigen ist, was sie vorhat und was sie beeindruckt - allein Stärke. Es gilt im Verhältnis zu ihr nüchtern zu prüfen, wo die Interessen übereinstimmen und wo nicht, wo Zusammenarbeit möglich ist und wo um keinen Millimeter zurückgewichen werden darf. Der Anfang für diesen neuen Realismus in der Russland-Politik wäre jetzt gemacht."
Diese Forderung nach einem "neuen Realismus", womit die Abkehr vom Ziel einer strategischen Partnerschaft mit Rußland gemeint ist, wird ebenfalls einhellig geteilt (siehe z.B. hier). Ziel der Attacke sind SPD-Kreise, die für die bisherige Linie verantwortlich gemacht werden. Die gleichen Leute, die sonst von "Freundschaften" und "Wertegemeinschaften" als Basis der internationalen Politik phantasieren, gebärden sich nun als knallharte Realpolitiker, was nicht einer gewissen Komik entbehrt. Bei näherer Betrachtung wird allerdings schnell klar, daß dieser vermeintliche Realismus nichts anderes ist als ein machtbewußter Idealismus transatlantischer Observanz.

Die Welt hat eine ganze Batterie von Kommentatoren aufgefahren, die den Lesern die Lage - natürlich ganz auf der Linie des Hauses - erklären sollen. Peter Müller lobt etwa Merkels Kritik an der russischen Innenpolitik (Stichwort: Menschenrechte), kommt dabei freilich nicht im Traum auf die Idee, daß sie sich damit in die inneren Belange Rußlands einmischt - etwas, was sich die EU jüngst im Falle Estlands strikt verbeten hatte und was in den Medien als "neoimperiales" Verhalten tituliert wurde. In das gleiche Horn stößt Jörg Himmelreich und fängt dabei erneut mit dem Wertegefasel an. Und Manfred Quiring schafft es auch noch, Putin als Störenfried darzustellen - frei nach dem Motto: 'Gespielt wird nur nach unseren Regeln'.
Damit hat er verdeutlicht, was vielleicht eines der Hauptprobleme der EU im Augenblick ist: Man ist einfach nicht fähig zu begreifen, daß Rußland nicht mehr in einem Zustand der Schwäche ist, in dem man mit ihm machen konnte, was man will. In vielen Kommentaren wird entrüstet die vermeintliche "Aggressivität" Putins beklagt, die bei genauerer Betrachtung freilich nichts anderes als das übliche Verhalten einer Großmacht ist.
Klaus-Dieter Frankenberger resümiert in der FAZ:

"[...]

Der Westen, Europa genauso wie die Vereinigten Staaten, will ein möglichst enges Verhältnis zu Russland. Aber er darf sich nichts vormachen (lassen): Die Summe der Werte, die beide Seiten teilen, ist überschaubar. Partner, Konkurrent und, ja, auch Gegner - das alles wird die eurasische Macht künftig für uns sein."
Mit anderen Worten: Ein imaginierter "Westen" muß sich aufgrund der bestehenden "Werteunterschiede" auf einen neuen Kalten Krieg mit Rußland einstellen, das jetzt immerhin nicht als mehr ungezogener Junge, dem man die Leviten lesen kann, sondern als eurasische Macht wahrgenommen wird.

Desweiteren herrscht allgemeine Freude über die demonstrierte Einigkeit der EU, die prinzipiell ja durchaus lobenswert ist. Sie kann allerdings auf Dauer nur dann funktionieren, wenn man einigen osteuropäischen Krakeelern endlich klarmacht, daß sie mit der EU-Mitgliedschaft keine Narrenfreiheit für ihre traditionell rußlandfeindliche Politik besitzen: "For the European Union, part of the challenge is to convince former Soviet satellites like Poland that their dislike of Russia, however justified, cannot become a permanent veto on dealings with Moscow". Quirings Kuscheltour ist hier fehl am Platz, denn wer bei den Großen mitspielen will, muß sich von seinen infantilen Neigungen freimachen.
Im übrigen befremdet es, daß auf die Einheit der EU nur gegenüber Rußland - dem man die Anwendung des divide et impera vorwirft - wertgelegt wird, während exakt dasselbe Verhalten Washingtons (Bsp.: "Neues Europa", Raketenabwehr) nicht entsprechend (und offiziell!) getadelt wurde. So einig ist sich die EU also scheinbar doch nicht.


2. In Rußland ist die Sicht auf den Gipfel erheblich nüchterner und eher von den Sachfragen geprägt. Der Kommersant sorgt sich etwa um die Aussichten des russischen WTO-Beitritts und beschäftigt sich mit den osteuropäischen Aspekten des Streits. Im gleichen Blatt schreibt Boris Makarenko unter dem Titel "Nachbarn, nicht Freunde":

"[...]

Imagine that President Bush telephones the Kremlin and requests that the Dissenters' March in Samara not be banned. What kind of answer would he receive? This, in fact, is just the kind of request made by Germany, the EU's current president, and the answer was positive. What's the difference? The difference is that we have a geopolitical competition with America, while with Europe we have a concrete competition, carried out in hundreds of everyday moments. For Russia, Europe is almost a neighbor in the communal kitchen: it has its own refrigerator, but everybody has to share the stove. Any problem can be escaped from, except for problems with your neighbors in a communal apartment. These problems actually have to be resolved, and – in the tradition of the Helsinki Accords – we will consider them in three groups.

[...]"
Dmitry Babich analysiert die Konsequenzen des fehlenden neuen Partnerschafts- und Kooperationsabkommens und gibt verschiedene russische Expertenmeinungen wieder:

"[...]

Officials on both sides say that Russia won’t suffer any direct economic losses if the new PCA is not signed before the end of the year. The old agreement, signed in 1994 and ratified in 1997, expires at the end of 2007. “Legally there is no problem, because the old PCA can be extended every year,” said Marc Franco, head of the delegation of the European Commission to Russia. Vasily Likhachyov, former Russian ambassador to the European Commission in Brussels and currently deputy chairman of the committee on foreign relations in the Federation Council, agrees. “Russia will stay a strategic partner of the European Union,” Likhachyov said. “The old agreement presupposes an almost automatic prolongation. Making any concessions now, when certain political forces make Brussels into a fountainhead of anti-Russian statements would be wrong. The ball is now on the side of the EU.”

However, there is good reason to believe that the EU does not think so. Last week, the European Parliament adopted a tough resolution expressing concern over the situation with human rights in Russia and saying that EU members should “speak with one voice” supporting Estonia in its dispute with Russia. Sources close to Russia’s presidential administration indicate that EU representatives exerted “unprecedented pressure” on Russia in the two weeks preceding the summit. The major issues included Russia’s embargo on Polish meat exports to Russia, Russia’s refusal to ratify the protocol to the Energy Charter and its unwillingness to review the current regulations governing passenger flights over Siberia. According to the sources, European representatives threatened to withdraw from the accord the EU had signed in 2004 agreeing to Russia’s accession to the WTO if Russia does not make concessions on the above-mentioned issues.
“This is the reason why [German Foreign Minister Frank-Walter] Steinmeier came to Moscow recently,” the source said. “He pressured Russia on all of these issues, but Russia did not budge.”

Dmitry Suslov, deputy director of the Moscow-based Council on Foreign and Defense Policy (SVOP), an influential government consulting body, says Russia’s reaction was appropriate. “Giving in to pressure connected with a possible withdrawal of the EU’s agreement to our joining the WTO would create a very negative precedent,” Suslov said. “This protocol was signed by the EU’s representatives back in 2004. Withdrawing one’s signature under a protocol is a scandal in itself, but doing it three years after the actual signing is even worse.”
In Suslov’s opinion, the European Commission’s tough stance on Russia can be explained by setbacks which the Commission recently endured on the main issues forming the EU’s agenda, namely the adoption of the European Constitution, and problems with the EU’s planned expansion to Eastern Europe and Turkey.
“In this situation, the European Commission is willing to show its toughness on Russia, trying to look strong and effective at least on this one issue,” Suslov said. “This is very unfortunate, because Russia in its turn hoped to achieve certain progress in its relations with the EU thanks to the chairmanship of Germany’s, Russia’s main partner in Europe. These hopes proved to be futile.”

Dmitry Danilov, the head of the department of European security at the Institute of Europe in Russia’s Academy of Sciences, foresees long-term losses for both Russia and the EU from the failure of the summit in Samara.
“Of course, the old PCA can be extended, but how long can you use a document reflecting the realities of 1994?” Danilov said.

[...]

So, would it not be wiser for Russia to acquiesce to the EU’s demands and to cede some ground on all three economic issues? Not so, says Valery Yazev, the chairman of the Duma Committee on Energy, Transportation and Communications. In his opinion, ratifying the Energy Charter at the moment when the EU is doing everything to reduce its dependency on Russia’s energy exports would be wrong.
“There are five reasons why it would be dangerous for Russia to ratify this document,” Yazev said. “All of these concerns are associated with the general tenor in Russia-EU relations.”
In fact, Russia signed the Energy Charter in 1991, and three years later then-Prime Minister Viktor Chernomyrdin signed a special addition to the Charter, which the EU now wants Russia to ratify. The problem is, however, that the European leaders showed much more understanding for Russia’s concerns in 1991-1994 than they do now. For that reason the document is still gathering dust in Yazev’s committee in the Duma.

In Yazev’s opinion, the first problem is the so-called “right of the first refusal” in fuel supplies. Russia currently sells its natural gas to Europe on the basis of long-term contracts which extend to 2032 with the German E.ON Ruhrgas and to 2036 with the French Gaz de France. Liberalization of the market, envisaged by the Charter, could put these contracts in danger. The second problem is that equalizing transportation tariffs for foreign clients and for consumers inside Russia could lead to a threefold rise in gas prices inside Russia, which the population and industry simply can’t afford now.
“Prices for gas will grow in Russia,” Yazev said. “But they cannot grow in a matter of days, because this would lead to the bankruptcy of Russia’s utilities sector, which is already going through very hard times.”

Speaking about the other two issues, Polish meat exports and Siberian overflight charges, experts stressed that they could be solved only on the basis of goodwill and without pressure from either side.
“The problem is that, if Russia makes a concession now, the EU officials may get the impression that Moscow is doing it because of their pressure on the issue of Russia’s WTO accession,” said SVOP‘s Dmitry Suslov. “We should avoid creating this impression, because otherwise demands and requirements will just keep coming.”"

Sergei Karaganow wundert sich in der IHT über den Stand der Beziehungen zwischen der EU und Rußland und die Relevanz, die nachrangige Fragen in ihnen haben:

"[...]

One can only be amazed at the present state of Russian-European relations. Misunderstandings and minor issues take precedence over far deeper shared interests.
These interests are clear: the need to prevent or manage the proliferation of weapons of mass destruction; the fight against terrorism, which is bound to get worse after the inevitable American withdrawal from Iraq; the need to defuse, avoid or confront Islamic extremism.
There is also a common, albeit hidden, interest in managing the United States, to return that critical country from ruinous unilateralism to a position of effective leadership in a multilateral world.

Another issue that should unite Russia and the European Union, but at this juncture is largely contentious, is energy.
Russia, as a supplier, is naturally interested in higher prices. Europe, in lower prices. This difference could have been overcome if both sides had agreed on a common strategy. Russia would have been offered ownership and thus partial control over European distribution; Europeans, in exchange, would have been offered partial ownership and control of Russian extraction.
That is basically what President Vladimir Putin has been offering in recent years. So far, the offer has met largely with a negative response.
Instead, Russia has been accused of energy imperialism, of being an unreliable supplier (as if Europe has more reliable suppliers), of an inability to develop its own resources (though Russia does not need any more gas or oil). It has been threatened with an "energy NATO," a common European energy policy. From outside, that sounds like a consumer cartel.

If I were a petty Russian nationalist, I would rub my hands in glee. In a rough struggle, Moscow would win. Russia could join in setting up a cartel of suppliers; it could redirect part of its supplies to the east and the south. But a victory like this would be a strategic defeat for all of Europe, West and East. Cooperation, by contrast, could be the basis for a pan-European energy alliance.

Of course, there are objective reasons why we have failed to act on common interests. One is the difference in the stage of political development.

[...]

Because of these and other factors, neither side is capable of formulating and implementing long-term policies based on mutual interests. In the meantime, secondary or even farcical issues come to the fore.

The primary source of contention is what we call "our common neighborhood." In Ukraine, we competed over the 2004 Ukrainian elections, and we are now competing over Ukraine's chaotic politics. Each side has chosen to support different teams of local oligarchs. One is believed to be pro-Russian and anti-democratic, the other democratic and pro-European.
We also clashed over Russia's rather awkward but fully justified imposition of market prices on gas supplied to Ukraine. And when Moscow tried to do away with immoral oil and gas subsidies to Belarus, it was accused of plotting an anschluss.

Russians have come to the conclusion that they are cursed whatever they do. That, in turn, has negated the moral power of European criticism, even when it is appropriate.

[...]

While Russia and the EU lose time on these misguided rivalries, both are facing a long-term weakening of their positions.
Most of the outside world believes that Europe is bound to lose in the competition for international power because its common foreign policy allows small states to dictate to Berlin, Paris or Rome. In addition, "hard power issues" such as military power or energy, in which Europe is weak, are regaining importance.
For its part, Russia, despite its current surge of economic growth and international influence, must confront many geopolitical challenges in the long run that it cannot deal with alone, like the growth of China or the rise of militant Islam.
A Russia-EU strategic alliance, which would include issues of energy, may not be politically correct at this point. But it is so clearly beneficial to both sides that it should be put back on the table."


3. Was an der gerade beginnenden deutschen Debatte auffällt, ist die Selbstbezogenheit der Argumentation. Was als Versagen der bisherigen Politik und als Fehlentwicklung Rußlands dargestellt wird, ist vielmehr ein Beleg der eigenen Verwirrung. Rußland kann nicht mehr als "Obervolta mit Atomraketen" kleingeredet (um nicht zu sagen: verunglimpft), sondern muß ernstgenommen werden. (Was auch in diesem Blog von Anbeginn gepredigt wird. ;-))
Hat man sich bisher weltdemokratischen Träumereien hingegeben, so wird das offenkundige Scheitern derselben jetzt zum Anlaß eines neuen Konflikts stilisiert. Vielmehr muß allerdings beunruhigen, daß unter dem Deckmantel eines "neuen Realismus" jetzt eine andere Spielart des soeben gescheiterten Idealismus im Anmarsch ist. Anstatt sich endlich über Interessenpolitik zu definieren und von Demokratieexport-Experimenten die Finger zu lassen, wird nun an die mythische Einheit des "Westens", die durch so etwas diffuses wie gemeinsame Werte gekennzeichnet sein soll, appelliert.
Wie im Kalten Krieg feiert das Denken in weltanschaulichen Gegensätzen fröhliche Urständ, nur daß heute lediglich auf "westlicher" Seite eine aggressive Ideologie zu finden ist. Sollte diese Fehlentwicklung nicht schleunigst korrigiert werden, drohen neue, schlimmere Verwerfungen. Bereits jetzt ist genau das eingetreten, wovor Stephen Cohen bereits 1992 eindringlich gewarnt hat: Der Kreuzzug ist gescheitert und deshalb machen wir wieder Front gegen Rußland.

Die jüngste Entwicklung läßt sicht zweifelsohne auch als durchschlagender Erfolg jener rußlandfeindlichen PR- und Medienkampagne in Westeuropa und Nordamerika werten, die 2003 mit der Verhaftung Chodorkowskis begonnen und seit dem Herbst 2006 einen ungeahnten Höhenflug erreicht hat. (Robert Amsterdam & Co. dürfen sich einen guten Wein aufmachen.) Das Feindbild Rußland steht, wie ein Leser des Tagesspiegel bemerkt hat (siehe dazu auch hier):

"Das neue Feindbild Russland

Samara war eine mittlere Katastrophe. Wenn die Bundeskanzlerin nur dorthin geflogen ist, um durch Belehrungen und gouvernantenhafte Besserwisserei den in diesem Jahrhundert gefundenen guten Ansatz einer deutsch-russischen Balance mutwillig zu zerstören, hätte sie lieber zu Hause bleiben sollen. Wir Deutschen haben bei der großen Mehrzahl der Russen doch ein gutes,freundlich gestimmtes Ansehen. Anstatt das auch ein bißchen dankbar zu pflegen, beleidigen wir die Russen Woche um Woche mehr. Die Bestrebungen einer kleinen, sich selbst überschätzenden Minderheit von Intellektuellen werden bei uns von Politik und Medien in unverantwortlicher Weise überbewertet. Und das von Druckerzeugnissen sowie Sendern, die einst sehr nachsichtige Beobachter der kommunistischen Herrschaft in Russland waren."
Selbst Edward Lucas, an dieser Tendenz nicht unbeteiligt (wie ein Blick auf seine Seite belegt), ist ein wenig erschrocken:

"[...]

Russia's combination of ruthlessness, ambition and wealth is unique and scary. But it should not be intimidating. Europe should accept that a bad deal with the Kremlin is worse than no deal at all. Germany, in particular, needs to be less fixated on friendship with Russia, no matter what. But there is no need to declare a new cold war, whether over energy supplies or more generally. Europe's dependence on Russia for gas and oil is sure to continue, but need not be harmful. After all, it makes Russia dependent on Europe as its main market; talk of switching supplies to China is a pipedream in the absence of pipelines, which take both years and oodles of money to build.

[...]"
Drittens haben mit Samara diejenigen ihr Ziel erreicht, denen die traditionell eher guten deutsch-russischen Beziehungen seit Jahren ein Dorn im Auge sind. Noch vor wenigen Tagen konnte man lesen:

"[...]

Der russische Einflussgewinn schwächt die USA und ruft in Washington und bei seinen engeren europäischen Partnern scharfe Reaktionen hervor. Berlin hingegen schadet er nicht: Deutsche Energie- und Finanzkonzerne sind traditionelle Verbündete der russischen Erdöl- und Erdgasindustrie.

[...]"
Das ist jetzt dahin. Deutschland hat de facto seine eigene Außenpolitik (und eigenen Interessen) aufgegeben und sich an die Positionen Washingtons und seiner 'neu-europäischen' Vasallen gegenüber Moskau gebunden, was auch innenpolitisch ein Sieg der 'Atlantiker' ist, die freilich weniger auf Argumente als auf Emotionen setzen. Damit ist auch das - ohnehin fragile - Erbe der Regierung Schröder verspielt. Die weltpolitische Bedeutung dessen (ebenso wie der Wahl Sarkozys in Frankreich), zeitgleich mit dem Abtreten der Neocons in Washington, läßt sich noch nicht absehen. Man muß es nicht so sehen oder formulieren wie dieser Autor, aber die Frage drängt sich schon auf:

"[...]

Das sind meiner persönlichen Meinung nach Auftragstäter, die die guten deutsch-russischen Beziehungen [...] bewusst sabotieren und ruinieren wollen, um Platz zu machen für einen transatlantischen Wahnsinn, der mit nicht enden wollender Penetranz und Aufdringlichkeit die Deutschen - wie auch Europa - mit in den Abgrund Irak und Afghanistan, oder gar Iran zerren will.

[...]"

PS: Eine gute Analyse des Themas hat auch der Spiegelfechter-Blog.
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Bild: Merkel und Putin in Samara (Foto: Reuters).

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