Montag, 26. Dezember 2011

Der zweite Protesttag am 24.12.


Vorgestern fanden in Moskau und zahlreichen anderen Städten Rußlands erneut Proteste gegen unterstellte Wahlfälschungen statt. Der Ablauf war wiederum organisiert und es blieb friedlich. Die hauptstädtischen Behörden - also Teile des angeblich so schlimmen "Putin-Systems" - hatten sogar Feldküchen aufgestellt, welche die etwa 30.000 (Polizei) bis 60.000 Demonstranten mit heißen Getränken versorgten. Zumindest ein Teil der Berufsprotestierer wie Nemzow dürfte die Auseinandersetzungen mit der Polizei vermissen, die früher aus den nicht angemeldeten und somit illegalen Kundgebungen resultierten.

Allerdings hat sich am Samstag gezeigt, daß die Luft aus der Protestbewegung langsam raus ist, statt dessen herrscht Uneinigkeit, viele Redner wurden mit Pfiffen empfangen. In St. Petersburg wurden sogar drei getrennte Demonstrationen verschiedener Gruppen durchgeführt. Was sollte man auch sonst von einer Opposition erwarten, in der so heterogene Kräfte wie Links- und Rechtsradikale, echte Liberale und bloße Wichtigtuer eine Einheitsfront bilden sollen. Bloßes Dagegensein genügt eben nicht, um Politik zu machen.

Die Veranstalter der Moskauer Demo scheinen die Lage ähnlich zu sehen und haben erst für den Februar zu einer Fortsetzung der Proteste aufgerufen. Mit anderen Worten: Eine Revolution findet nicht statt.

Der Journalist Kai Ehlers hat eine sehr gute Analyse der jüngsten Ereignisse verfaßt, deren Lektüre ich nur dringend empfehlen kann:
Zwischentöne zur Wahl in Russland
Darin werden alle relevanten Punkte behandelt, vor allem auch solche, die in den deutschen Mainstreammedien nicht vorkommen, weil sie das Bild verkomplizieren.





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Fotos: RIA Nowosti.

Freitag, 23. Dezember 2011

Die neue rußländische Opposition


Die mit rund 50.000 Teilnehmern relativ große Kundgebung, die am 10. Dezember in Moskau stattfand (vgl. hier, hier, hier und hier), markierte einen wichtigen Punkt in der Entwicklung des politischen Systems der Rußländischen Föderation. Damit meine ich nicht die hohe Zahl der Demonstranten, auf die sich manche Medien kapriziert haben. Nein, es geht um die innere Zusammensetzung der Opposition. Erstmals ist eine Scheidung aufgetreten. Auf dem Theaterplatz, wo die Demo zunächst stattfinden sollte, hatten sich lediglich die Nationalbolschewisten und andere Anhänger Eduard Limonows versammelt. Diese zur Gewalt neigende Truppe fühlte sich von den anderen Protestierern verraten. Demzufolge giftete Limonow später, wenn man seinem Rat gefolgt wäre und eine richtige Revolution gemacht hätte, hätte man schon die Macht übernehmen können. Doch nach drei unfriedlichen Revolutionen zwischen 1905 und 1917 hat sich die Mehrzahl der Russen offenkundig dem Weg der Gewalt verweigert.

Die meisten Protestgruppen hatten ihre Anhänger auf den Bolotnaja-Platz gebeten. Und sie hatten - auch das für diverse Oppositionsgruppen ein Novum! - endlich den Forderungen des Versammlungsrechts genüge getan und die Kundgebung vorher angemeldet. Und siehe da, die Durchführung war in Absprache mit der Stadtverwaltung problemlos möglich - ohne Eingreifen der Polizei, auch wenn einzelne Störer, die z.B. mitten in der Menge Rauchbomben zündeten, die Sicherheitskräfte provozieren wollten. Die Extremisten sind anscheinend ins Abseits geraten, während sich eine eher bürgerliche, aus der wachsenden Mittelschicht kommende Protestbewegung artikuliert. Denen geht es großteils nicht um einen Umsturz des Systems oder gar eine Revolution, wie sie Limonow und anderen vorschwebt, sondern um Änderungen im System: "Es handelt sich um Bürgerinnen und Bürger, die Forderungen an die aktuellen Machthaber stellen, aber nicht dafür plädieren, diese auszuwechseln". Der Verdacht von Wahlfälschungen ist - unabhängig von seinem tatsächlichen Gehalt - so schwerwiegend, daß sie eine Untersuchung der Vorwürfe und Neuauszählungen betroffener Wahllokale gefordert haben. (Forderungen, denen die Wahl- und Justizbehörden mittlerweile z.T. nachgekommen sind.)

Die russischen Fernsehsender haben übrigens seit dem Wahltag über die Proteste berichtet (siehe z.B. hier). Anderslautende Behauptungen deutscher Medien entsprechen offenkundig nicht der Wahrheit.

Wahlbetrug?

Daß auch die maßgeblichen Personen der Opposition nicht an Wahlfälschungen in Größenordnungen von 10 oder mehr Prozent glauben, zeigen Einlassungen des Jabloko-Politiker Grigorij Jawlinskij. Selbst er sieht seine Partei bei lediglich 5 bis 7 % der Stimmen - und damit außerhalb der Staatsduma (mit Ausnahme eines einzigen Mandats, welches ab 5 % als "Trostpreis" vergeben wird).
Eine schöne Zusammenfassung, inklusive mathematischer Modelle zum (Nicht-)Beweis von Fälschungen, ist bei Sublime Oblivion zu finden. Einiga Tage zuvor hat derselbe Autor die Ereignisse für Al-Jazeera kommentiert.

Entpolitisierung der Proteste

Wenn manche deutschen Beobachter meinen, die Kundgebungen gegen Wahlfälschungen würden sich zu einer allgemeinen Protestbewegung auswachsen, die sich direkt gegen Wladimir Putin richte, dann dürften sie sich getäuscht haben. Im Gegenteil, die Demonstranten treten zwar für freie Wahlen ein, wollen sich jedoch nicht mit politischen Parteien und Gruppen gemein machen. (KPRF und LDPR halten sich von der Bewegung mittlerweile fern.) So sollen morgen, am 24. Dezember, in Moskau keine Politiker auftreten. Dies entspricht dem Wunsch vieler potentieller Teilnehmer, die ein Konzert den Reden von Kasparow & Co. vorziehen. Dies bestätigt auch einen Artikel der liberalen Tageszeitung NG, worin man sich eingesteht, daß es weder zur Person Putins noch zu seiner Politik in der Vergangenheit eine realistische Alternative gab und auch heute noch nicht gibt.

Das programmatische und personelle Angebot der sog. "Demokraten" und "Liberalen" ist, zurückhaltend formuliert, sehr unterentwickelt. Mehr darüber kann man in diesem interessanten Interview, das auch weitere Einblicke in die Parteienlandschaft gibt, mit dem ehemaligen Finanzminister Alexej Kudrin lesen. Die extrem niedrigen Umfragewerte für Parteien und Politiker aus dem liberalen Spektrum i.w.S. stützen diesen Befund.

Nebenbei: Es fällt auf, wie wenig gerade die Oppositionsvertreter juristisch argumentieren. Selbst "Gerechtigkeit" ist für sie ein moralischer und kein Rechtsbegriff. Und auf konkrete Rechtsprobleme wird sogar von ausgewiesenen "Bürgerrechtsaktivisten" mit abstrakten Phrasen statt mit gestochen scharfer juristischer Argumentation reagiert. Diese Leute müssen noch eine Weile reifen, bevor man reale Macht in ihre Hände legen kann, sonst steuern sie das Staatsschiff in den Abgrund, aus dem es die beiden Petersburger Juristen herausgeholt haben.

Auch an ihrer politischen Symbolik müssen die Demonstranten noch arbeiten. Wer soll ihnen denn abnehmen, daß sie für "Freiheit" und "Demokratie" eintreten, wenn sie sich - siehe Foto - unter der roten Sowjetflagge mit Hammer und Sichel oder unter der alten schwarz-gold-weißen Flagge des Zarenreiches versammeln, dabei jedoch die weiß-blau-rote Flagge der Föderation ignorieren?

Nemzow, der Spinner

In den vergangenen Wochen ist viel interessantes in Rußland passiert, über das man hier schreiben könnte. Vor allem wenn es um Innenansichten jenseits des Schwarz-weiß-Bildes vieler ausländischer Medien geht. Zum Beispiel über die Arbeitsweise der neuen Duma. Oder generell über die Wahrnehmungsprobleme vieler Journalisten, die selbst für kritische Moskauer Journalisten peinlich sind und überdies andere Proteste verdecken, die nicht ins Schema der ausländischen Chefredakteure passen. Doch leider ist freie Zeit, gerade kurz vor Weihnachten, eine knappe Ressource. Deshalb soll ein kurzer Blick auf den westlichen Kult um Alexander Njemzow genügen.

Gestern wurde Njemzow von der BBC interviewt. Er sprach in fließendem Englisch und behauptete, in Rußland wäre die Unterstützung für Medwedew und Putin "gleich Null". Die BBC stellte ihn ihren Zuschauern als "Oppositionsführer" vor.

Njemzow ist einer der Lieblinge ausländischer Medien und deshalb ist es wichtig, sich seiner Verlautbarungen und seiner Person anzunehmen. Die These, die Unterstützung für Präsident und Premier wäre "gleich Null", kann durch einen einfachen Blick in aktuelle Meinungsumfragen wiederlegt werden. Laut dem für seine Putin-Kritik bekannten Lewada-Zentrum waren im Dezember 36 % bereit, für Putin bei der Präsidentenwahl zu stimmen. Auf Platz 2 folgte weit abgeschlagen der LDPR-Vorsitzende Shirinokwskij mit 7 %. Damit ist Njemzows Behauptung als offenkundig unwahr erwiesen, weshalb sich jede weitere Diskussion über ihren Inhalt erübrigt. Fragt sich nur, ob er bewußt gelogen hat oder ob er unter einer psychischen Erkrankung leidet.

Kommen wir zu seiner Person. Zum hiesigen Kult um sog. Oppositionsführer hatte ich hier schon das wichtigste gesagt. Njemzow kann schon deshalb kein Führer sein, weil es ihm an einer signifikanten Gefolgschaft fehlt. Seine Zustimmungsrate in der Bevölkerung pendelt um 1 % und wie selbst seine "Freunde" aus der Opposition von ihm denken, kann man auf diesem Video sehen. Es zeigt Njemzow am 18. Dezember auf einer Demonstration in St. Petersburg, wo er von den Teilnehmern ausgebuht und lautstark zum Abhauen aufgefordert wird.

Doch Njemzow wird nicht nur von seinen Gesinnungsgenossen gehaßt, auch er selbst verachtet sie zutiefst. Kürzlich veröffentlichte das Internetportal Life News Ausschnitte aus (natürlich illegal) abgehörten Telefonaten Njemzows. Darin äußert sich der selbsternannte Freiheitskämpfer verächtlich über seine Kameraden, neben denen er am 10. Dezember demonstriert hat, und belegt sie zum Teil sogar mit Begriffen aus der Fäkalsprache. Die Partei Jabloko beschimpft er als Politsekte. Diese Enthüllung dürfte Njemzows ohnehin geringes Renommee noch weiter sinken lassen, bis er irgendwann im Ausland mehr Unterstützer hat als in der RF.

Ausblick

Bleibt die Frage, wie es in Rußland jetzt weitergehen wird. Ich wage eine Prognose:

Eine Revolution findet nicht statt. Die Russen wissen, daß die Figuren, die sich jetzt so lautstark produzieren, keine ernsthaft erwägenswerte Alternative zu Putin sind. Sie wollen Korrekturen am Wahlergebis vom 4. Dezember und werden diese auch bekommen. Allerdings auf dem vom Gesetz dafür vorgesehenen Weg - den die Partei Gerechtes Rußland auch schon beschreitet - und nicht auf den Druck der Straße hin. Die jüngsten Ereignisse zeigen auch, wie sehr es den unzufriedenen Bürgern an Identifikationsfiguren fehlt. Typen wie Limonow kommen dafür nicht in Frage und Njemzow, Kasparow u.a., die ideologisch möglich wären, haben ein viel zu schlechtes Standing im Volk. Deshalb dürfte sich die "Schneerevolution" verlaufen.

Geändert hat sich allerdings die Wahrnehmung. Das Volk ist politischer geworden. Bisher war politische Aktivität, ganz gleich in welcher Richtung, die Sache von wenigen engagierten Bürgern. Nunmehr sind die Bürger wieder viel stärker in das politische Geschehen involviert. Fraglich ist allerdings, ob davon etwas beim deutschen Medienkonsumenten ankommt. Denn dafür müßten unsere Journalisten ihre manichäischen Weltbilder aufgeben.

Und noch eine Prognose: Ja, Putin wird im März wieder zum Präsidenten gewählt werden, sofern nicht zwischenzeitlich die Erde bebt oder er stirbt. Doch dies wird seine letzte Amtszeit sein. Er hat dann seine Mission erfüllt. Das Land hat sich erholt und ist stabil, der Wohlstand der Bürger ist deutlich gewachsen, wichtige Reformen sind durchgeführt. Und die Bürger können fleißig Vkontakte und Facebook nutzen, weil sie nicht mehr in langen Schlangen vor leeren Geschäften anstehen und um die Zuteilung von Lebensmitteln kämpfen müssen.

Das hektische Herbeireden und -schreiben einer "Revolution" beeindruckt mich nicht. Ich erinnere mich noch sehr gut an die Jahre 2006/2007, als sowohl in Rußland als auch hierzulande viele Journalisten, Politologen usw. darüber rätselten, wie Putin es schaffen könnte, nach Ablauf seiner zweiten Amtszeit nicht aus dem Amt scheiden zu müssen. Viele meinten, es würde eine kurzfristige Verfassungsänderung oder gar einen Putsch geben. Doch nichts dergleichen geschah, Wladimir Wladimirowitsch ist einfach aus dem Kreml gegangen. Deshalb begegne ich kurzatmigen Horrorszenarien mit Skepsis.


Leseempfehlungen:

Ending the Snow Revolution: Road Maps & Dead Ends

The Pumpkin Sherbet Revolution: Stop Worrying About The Economy – You’re Free

The Second Russian Revolution's Second wave Begins

Yawn. Duma Elections and the Predictability of Western Outrage


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Gabriele Krone-Schmalz

Mittwoch, 7. Dezember 2011

Nachtrag zur Dumawahl


Nach der Veröffentlichung meines letzten Artikels zur Dumawahl am 5. Dezember erhielt ich von einem Leser folgende Mail:
"Sehr guter Artikel! Zumal wir gerade in Sankt Petersburg weilen und alles live mitbekommen. [...]"
Auch einige andere Publikationen der letzten Stunden bestätigen meine Darlegungen. So schreibt der russische Blogger Nikolaj Starikow, daß aus seiner Sicht wichtigste Ergebnis der Wahl sei das Ende des Liberalismus in Rußland. Die Wahlen hätten gezeigt, daß selbst in den traditionelle Hochburgen der Liberalen Moskau und St. Petersburg nicht mehr als 8 bis 12 % der Wähler für solche Parteien stimmen. Im landesweiten Durchschnitt sind es weitaus weniger. Folglich sei der Liberalismus als politische Strömung in der RF tot.

Eine lesenswerte Analyse hat der amerikanische Blogger Kevin Rothrock vorgelegt: "The Splendid Victory". Von besonderem Interesse sind die darin zitierten Einlassungen von Wladislaw Surkow. Der sieht den wesentlichen Mangel des politischen Systems der RF im Fehlen einer formidablen liberalen Partei. (Das vom Kreml wohlwollend geförderte Projekt Rechte Sache ist bei der Wahl grandios gescheitert.) Auch der Erfolg des sozialdemokratischen Gerechten Rußlands ist für Surkow bemerkenswert. Er sieht das Parteiensystem als stabilisiert an. Die Zweidrittelmehrheit von Einiges Rußland nach der Wahl von 2007 war in Surkows Augen unnormal und mußte enden.

Man kann, wie Rußland Aktuell, die Ergebnisse der Wahl auch so deuten, daß sich das Volk nunmehr emanzipiert genug ist und sich daran gewöhnt, zwischen mehreren realen Parteien zu wählen. Auch Surkows o.g. Äußerungen gehen in diese Richtung. Nach der Überwindung der krisenhaften 90er Jahre soll Stabilität im System nicht durch eine stärkere "Machtvertikale", sondern durch eine stärkere Ausdifferenzierung erreicht werden. Mit anderen Worten: Putin arbeitet daran, sich selbst überflüssig zu machen. Aber eben auf dem Weg der Evolution, nicht der Revolution - Machtverlust auf zivilisierte Art.

Verdacht auf Wahlfälschungen

Mit solchen Kleinigkeiten wie einer Analyse der Wahlergebnisse halten sich viele ausländische Medien indes nicht auf, denn dafür müßte man über etwas intimere Kenntnisse der politischen Landschaft verfügen. Statt dessen flüchten sie sich in abstrakte Vorwürfe von Wahlfälschung, denn diese lassen sich publikumswirksam in eine simple Gut-böse-Dichotomie verpacken. Nun sind tatsächliche Beweise für diese Behauptungen bisher eher dürftig. Der häufig erwähnte Bericht der OSZE-Wahlbeobachter ist in einer sehr zurückhaltenden Sprache gehalten. Von gezielten Fälschungen ist darin keine Rede. Zudem dürften viele der sog. technischen Unregelmäßigkeiten auf fast alle Staaten zutreffen. Damit ist z.B. die unzureichende Trennung zwischen amtlichen Äußerungen und Wahlkampf bei Politikern gemeint.

Sollte es tatsächlich handfesten Belege für Wahlfälschungen geben, dann stellt sich auch die Frage, ob die Meinungsforscher der diversen Institute fehlgegangen sind. Die Umfragen und Prognosen des Lewada-Zentrums hatte ich hier schon publiziert. Sie zeigen, daß das amtliche Endergebnis in der Größenordnung dessen liegt, was die Soziologen prognostiziert hatten. Auch die am Wahltag durchgeführten "Exit polls" zweier anderer Institute - WZIOM und FOM - bestätigen diese Zahlen. Sonach kam ER auf 46,8 % bzw. 48,5 % (amtlich 49,29 %); GR auf 12,8 % bzw. 14,1 % (amtlich 13,25 %), die KPRF auf 19,8 % bzw. 21 % (amtlich 19,2 %) und Jabloko auf 3,6 % bzw. 4,2 % (amtlich 3,43 %).

Auch diese unmittelbar nach der Stimmabgabe durchgeführten Befragungen indizieren, daß das amtliche Endergebnis korrekt ist und die tatsächliche Meinung der Wähler widerspiegelt. Oder sollten diese gegenüber den Meinungsforschern bewußt gelogen haben? Die teilweise kolportierten Zahlen von zweistelligen Prozentpunkten, um die betrogen worden sein soll, halte ich für überaus unwahrscheinlich. Anderenfalls wäre die Soziologie als Wissenschaft komplett gescheitert.

Einmischung von außen

Obwohl die auch im Ausland verhaßte Regierungspartei bei den Wahlen deutliche Verluste hinnehmen mußte, ruft das Wahlergebnis in einigen Hauptstädten Besorgnis hervor. Insoweit tun sich, wie sollte es anders sein, wieder die Vereinigten Staaten hervor. Nach Angaben von Regierungssprechern beabsichtigt die US-Regierung, in den nächsten Monaten vor der Präsidentenwahl zusätzlich 9 Millionen US-Dollar an rußländische "Nichtregierungsorganisationen" zu überweisen. Natürlich nicht, um irgendwelche Parteien zu unterstützen, sondern um einen "freien und transparenten Prozesses" zu gewährleisten.

Wann merkt man in Washington eiegntlich, daß die anhaltende Erfolglosigkeit der von ihnen unterstützten Randfiguren nicht am System liegt, sondern an der Unfähigkeit dieser Herrschaften? Geld hilft hier nicht weiter. Des weiteren mutet es seltsam an, wenn ein Staat, in dem es seit Ewigkeiten nur ein Zwei-Parteien-System gibt, moniert, daß nicht alle politischen Kräfte bei der Wahl hinreichende Berücksichtigung gefunden hätten. Das gilt auch für die Unterstützung der nicht genehmigten Demonstrationen in Moskau - gegenüber der "Occupy"-Bewegung wird von den Polizeikräften der USA ein erheblich härteres Lied gesungen.

Gescheiterter Revolutionsversuch?

Wozu das ausländische Geld genutzt wird, konnte man an den vergangenen Abenden in Moskau und Petersburg beobachten. Um ihren Protest gegen die unterstellten Wahlfälschungen zu artikulieren, sind am Montag in Moskau und St. Petersburg mehrere Tausend Menschen auf die Straße gegangen. (Die Angaben schwanken zwischen 2000 und 8000.) Die angemeldeten und genehmigten Kundgebungen verliefen zunächst friedlich. Erst als in Moskau einer der Mitveranstalter dazu aufrief, den Versammlungsort zu verlassen und vor das Gebäude der Wahlkommission zu ziehen, eskalierte die Situation. Die Polizei verhielt sich zunächst passiv und schritt erst ein, als die etwa 1000 Demonstranten mehrere Absperrungen durchbrochen hatten. In der Folge wurde der Zug aufgelöst und einige Rädelsführer festgenommen.

Da sich Randale gut verkaufen - die Geldgeber in Washington D.C. müssen ihre Show bekommen -, hat die außerparlamentarische Opposition am Dienstag ganz auf die Anmeldung der Demo auf dem Triumfalnaja-Platz verzichtet - wohlwissend, daß die Polizei nicht angemeldete Versammlungen auflösen würde. Und so kam es denn auch: 1500 Demonstranten, davon 300 vorläufig festgenommen. Wie leider üblich, ignorieren deutsche Medien die Details der Angelegenheit und schreiben einfach, daß die Polizei "mit massiver Gewalt gegen Regierungsgegner vorgegangen" sei. Mit der angeblichen "massiven Gewalt" ist das Wegtragen von Demonstranten gemeint. Die für die Beurteilung der Vorgänge entscheidende Tatsache, daß die Demo schlicht nicht angemeldet und damit illegal war, wird dem Leser bewußt verschwiegen. Statt dessen mutiert der Einsatz der Bereitschaftspolizei zu einem "Aufmarsch der Truppen", welcher "ein weiteres Beispiel für den Rückfall in alte Muster russischer Politik" sei. Wir werden Herrn Schockenhoff gelegentlich des nächsten Castor-Transports an seine Worte erinnern.

Wie sind diese Ereignisse einzuordnen? War es die Kurzschlußhandlung eines Heißsporns oder eine geplante Provokation, vielleicht gar eine versuchte Revolution? Am ehesten wohl eine Provokation. Dennoch ist diese Aktion absurd: Ein paar mehr oder minder zweifelhaft Figuren aus der außerparlamentarischen Opposition, deren Beliebtheit im Volk zwischen Null und 2 % rangiert, erklären sich zur "Partei der Volksfreiheit" und versuchen, ein staatliches Gebäude zu stürmen. Wollten sie sich mit Gewalt die Macht holen, die das reale Volk ihnen und ihren Gesinnungsgenossen seit über zehn Jahren an der Wahlurne vorenthält? Eine Splittergruppe als Träger einer Revolution? Das hatte es unter den Bolschewiki schon einmal gegeben. Doch letztere waren keine Dilettanten wie Kasparow & Co.

Für die nächsten Tage sind weitere Demonstrationen angekündigt worden. Erstaunlicherweise haben die Veranstalter sie sogar angemeldet und wie - entgegen mancher Presseberichte - auch in Rußland üblich, genehmigt bekommen. Die erste soll am Samstag auf dem Platz der Revolution nahe des Moskauer Kremls stattfinden. Ich wette, daß wir dort dasselbe wie am Montag erleben werden: Die eigentliche Versammlung verläuft in geordneten und friedlichen Bahnen, danach werden ein paar Krawallmacher jedoch gegen die Polizei vorgehen und eine Runde Bürgerkrieg spielen. Die Reaktion der Sicherheitskräfte auf dieses Verhalten wird das übliche sein - inklusive der von den Radikalinskis so ersehnten Wegtragbilder.

Ein paar der Rädelsführer dürfen erst einmal für 14 Tage gesiebte Luft atmen, nachdem sie zu einer Kurzstrafe wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte verurteilt worden sind. Vielleicht hilft ihnen das, abzukühlen. Das erschreckende an den gewaltsamen Vorgängen der letzten Tage ist die Leichtfertigkeit, mit der die politisch unbedeutenden Kleingruppen zum Mittel des Rechtsbruchs greifen. Sie wähnen sich selbst als verfolgte Oppositionelle, für die die Gesetze des Staates nicht gelten. Das unterscheidet sie deutlich von Vertretern der Partei Gerechtes Rußland, die zwar ebenfalls einige Wahlergebnisse anfechten wollen - aber eben vor Gericht, nicht auf der Straße.

Andererseits überrascht die Gewalt nicht, vertritt doch etwa der als Blogger und Anti-Korruptions-Kämpfer bekanntgewordene Alexej Nawalnyj eindeutig rechtsextreme Positionen, wenn er etwa für eine ethnische Aufteilung der RF eintritt und gegen das unter Putin wuchernde "Asiatentum" kämpfen will. Andere Extremisten wähnen in Putin und Medwedew - letzterer soll jüdische Vorfahren gehabt haben - den Kern einer jüdischen Verschwörung, die sich des Kremls bemächtigt hat und das einfache russsiche Volk ausbeutet. Auch Limonow und seine Nationalbolschewisten sind ja neben ihrer zweifelhaften Ideologie für ihre Neigung zu handfesten Auseinandersetzungen bekannt. Eine schöne "demokratische Opposition", deren pikante Zusammnesetzung von den deutschen Medien gerne verschwiegen wird. Sonst ließe sich das lange gepflegte Bild von Putin als bösem Diktator nicht aufrechterhalten. Einfache Wahrheiten verkaufen sich besser.

Die innenpolitische Lage vor der Wahl

Abschließend soll noch einmal auf die Dumawahl selbst eingegangen werden. Im Vorfeld der Abstimmung überboten sich auch die deutschen Medien in Berichten, welche die ökonomische und soziale Lage in Rußland in sehr düsteren Farben schilderten. (Ein hierzulande seit über hundert Jahren bekanntes Phänomen.) Deshalb lohnt es sich, einen Blick auf die realen Verhältnisse zu werfen. Dies hat der Wirtschaftswissenschaftler Martin Gilman getan: "Signs of an Island of Stability - for Now". Er zeigt, daß die ökonomische Situation in der RF besser ist als in vielen Mitgliedsstaaten der EU. Dies trifft insbesondere auf das Problem der Staatsverschuldung zu. Deshalb ist es abwegig, wenn manche Journalisten so tun, als stünde der Zusammenbruch der rußländischen Wirtschaft kurz bevor. Im Gegenteil, viele Reformen, auf die wir Deutschen nach wie vor warten - sei es die Vereinfachung des Steuerrechts (inklusive Absenkung der Steuersätze) oder die Freigabe der Ladenöffnungszeiten - sind in der RF bereits umgesetzt worden.

Zweifelsohne gibt es in der Gesellschaft ein langsam wachsendes Mißfallen am "Machttandem" Putin-Medwedew. Dieses ist jedoch eher diffus im Sinne einer Ermüdung. Konkrete Konkurrenten, die ihnen die Macht streitig machen könnten, sind weit und breit nicht zu sehen. Prochorow, ein liberaler Hoffnungsträger, der kurzzeitig mit 2-3 % auf einer Woge der Wählergunst getragen wurde, ist im Herbst wieder aus dem politischen Geschäft ausgeschieden. Jabloko wirkt nur auf einen Teil der Linksintellektuellen anziehend. Die Führer der anderen "liberalen" Kleinstgruppen sind "gewesene Leute", ebenso Sjuganow (immerhin Chef der zweitgrößten Dumafraktion) und Shirinowskij. Bliebe nur noch Sergej Mironow, auf den man mit Erwartung blicken könnte.


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Montag, 5. Dezember 2011

Die Wahlen zur Staatsduma 2011

Putin

Die Wahlen zur Staatsduma, der zweiten Kammer des Parlaments der Rußländischen Föderation, die am vergangenen Sonntag stattfanden, stellen die deutschen Medien vor ein Dilemma. Mal heißt es, Putin habe massiv verloren, andernorts wird derselbe Tatbestand als Sieg bezeichnet. Deshalb wird im folgenden zunächst auf die Zahlen eingegangen, um danach ihre Bedeutung für die Politik der RF zu analysieren.

Fakten

Interessant sind vor allem die von den Soziologen des Lewada-Zentrums, das der "liberalen" Opposition nahesteht, veröffentlichten Zahlen. Sie sollen wegen ihrer Unverdächtigkeit dem amtlichen Endergebnis gegenübergestellt werden:
Partei - Lewada-Umfrage (25.11.) - Lewada-Prognose (05.12.) - amtliches Endergebnis (05.12.):

Einiges Rußland - 53 % - 50,8 % - 49,34 % - 238 Sitze

Kommunistische Partei der RF - 20 % - 15,8 % - 19,19 % - 92 Sitze

Gerechtes Rußland - 9 % - 15,7 % - 13,24 % - 64 Sitze

Liberaldemokratische Partei - 12 % - 13,3 % - 11,67 % - 56 Sitze

Jabloko - 1 % - 1,5 % - 3,42 %

Rechte Sache - 1 % - 1 % - 0,6 %

Patrioten Rußlands - < 1 % - 0,3 % - 0,97 %
Gewinne und Verluste im Vergleich zur Duma-Wahl 2007: ER minus 14,78 %, KPRF plus 7,6 %, GR plus 5,48 %, LDPR plus 3,53 %, Jabloko plus 1,76 %, RS plus 0,6 % (erstmals angetreten), PR plus 0,08 %.

Die Wahlbeteiligung lag heuer bei 60,2 % (2007 - 63 %; 2003 - 54,7 %).

Gewählt wurden Parteilisten nach dem Verhältniswahlrecht. Die Sperrklausel betrug 7 %. Folglich sind in der neuen Duma vier Fraktionen vertreten.

Bemerkenswert ist, daß sich die amtlichen Zahlen in der von den Meinungsforschern prognostizierten Bandbreite bewegen. Dieser Befund macht (auch in deutschen Medien kolportierte) Behauptungen, wonach es schwerwiegende Wahlfälschungen gegeben habe, unglaubwürdig. Im Gegenteil: Die Partei Jabloko schnitt z.B. mehr als doppelt so gut ab wie von den Soziologen vorhergesagt. Unterstellte man Wahlfälschungen, dann würde dies bedeuten, daß die Regierung die Wahlen zugunsten der Opposition gefälscht hätte!

Die Folgen für Einiges Rußland

Die Partei Einiges Rußland ist 2001 als Zusammenschluß mehrerer kleinerer Parteien entstanden. Im politischen Spektrum Rußlands kann man sie - im wahrsten Sinne des Wortes - als Partei der Mitte bezeichnen. Sie gibt sich staatstragend, allgemein patriotisch und inklusiv. Soziologen haben z.B. festgestellt, daß ER die "weiblichste Partei" der RF ist, sowohl hinsichtlich ihrer Mitglieder und Funktionäre als auch ihrer Wähler. ER ist weitgehend ideologiefrei und wird gemeinhin als pragmatische Partei der Macht angesehen, die - schon aus Karrieregründen - für Staatsbedienstete attraktiv ist. (In diesen Punkten ähnelt sie der deutschen CDU.) Wladimir Putin ist derzeit ER-Vorsitzender; er könnte in dieser Funktion demnächst von Dmitrij Medwedew beerbt werden.

Bei der letzten Dumawahl hatte ER mit 64,3 % der Stimmen einen grandiosen Sieg errungen und verfügte im Unterhaus über eine komfortable Zweidrittelmehrheit. Diese ist mit der gestrigen Wahl dahin. Dennoch beält ER mit 49,3 % und damit 238 von 450 Sitzen die nach Artikel 105 II Verf-RF notwendige Gesetzgebungsmehrheit. Der Verlust von fast 15 Prozentpunkten gegenüber der letzten Wahl verliert damit deutlich an Dramatik. ER ist nach wie vor die mit Abstand stärkste Partei. Selbst die schlechtesten Umfragen im Vorfeld der Wahl sahen ER fast nie unter 40 %, eher über 50 %. Solche Zustimmungsraten sind in vielen Staaten traumhafte Ergebnisse.

Nichtsdestotrotz sind die deutlichen Verluste eine Schlappe für ER. Die inhaltlich recht leere Partei hat es nicht vermocht, wieder so viele Wähler wie vor vier Jahren zu mobilisieren. Ihr werden - auch wegen ihres großteils aus der Beamtenschaft rekrutierten Personals - viele Mängel im Land und Versäumnisse der Politik zur Last gelegt. Insofern ist ihr schlechteres Abschneiden wohl vor allem als allgemeine Protestwahl zu verstehen (eine genauere Analyse der Wählerbewegungen steht noch aus). Es kann einer Partei nicht gut bekommen, wenn sie über viele Jahre eine dominierende Stellung innehat.

Die Interpretation des Wahlergebnisses als gegen Putin gerichtet erscheint als zweifelhafter Kurzschluß. Als Einzelpolitiker ist Wladimir Wladimirowitsch nach wie vor sehr beliebt und hat die besten Chancen auf die Wahl zum nächsten Präsidenten der RF. Laut Lewada-Zentrum hätten ihn im November 31 % der Befragten zum Staatschef gewählt; auf Platz 2 folgte - mit deutlichem Abstand - KPRF-Chef Sjuganow mit 8 %. (Zur Beliebtheit rußländischer Politiker siehe auch hier.)
Gleichwohl muß man Putins Entscheidung, sich zu stark mit ER einzulassen (er ist Parteichef), als Fehler bewerten, der seinem Ansehen eher schadet. Als parteiloser Landesvater ist er vorher besser gefahren.

Die Kommunisten

Die KPRF konnte ihr Ergebnis um über 7 Punkte auf 19,17 % verbessern. Anscheinend finden ihre Forderungen (u.a. Verstaatlichung wichtiger Branchen) in den Zeiten der Weltwirtschaftskrise wieder mehr Zustimmung. Ansonsten wird sich die KPRF wie schon seit 1993 in der Rolle der größten Oppositionspartei zurechtfinden müssen; sie gilt als traditionelle Protestpartei, die vor allem von Rentnern und sozial benachteiligten gewählt wird. Das schließt freilich eine punktuelle Unterstützung der Regierung nicht aus.

Überhaupt ist das Parlament der RF weniger stark durch Partei- und Fraktionszwang geprägt als bisweilen angenommen wird. Die wenigsten Regierungen seit 1993 konnten sich auf eine bequeme Mehrheit im Parlament stützen, was angesichts des präsidentiellen Systems, welches starke Ähnlichkeiten mit der Fünften Republik in Frankreich aufweist, auch nicht unbedingt notwendig ist. Deshalb führen insofern alle überstürzten Vergleiche mit dem Deutschen Bundestag nicht weiter.

Die Patrioten Rußlands, eine Partei, die sich 2005 nach einem Machtkampf von der KPRF abgespalten hat, blieb wie schon 2007 bei einem Wahlergebnis von weniger als 1 %. Mithin sind die PR faktisch bedeutungslos.

Gerechtes Rußland

Besonders interessant ist das überraschend gute Abschneiden der Partei Gerechtes Rußland (13,24 %). Sowohl bei der Wahl 2007 als auch bei den Umfragen der letzten Jahre dümpelte GR im einstelligen Prozentbereich vor sich hin. Daher galt die Partei als eines von vielen gescheiterten Parteiprojekten in Rußland. Und nun dieser plötzliche Erfolg, der fast schon einer Verdoppelung entspricht. Das deutliche Erstarken von GR ist ohne Übertreibung die Sensation der Dumawahl 2011. Denn relativ starke Fraktionen von KPRF und LDPR sind keineswegs neu.

Gerechtes Rußland entstand 2006 als Zusammenschluß von drei Parteien des gemäßigten linken Spektrums. Seither bemüht sich GR um ein - im deutschen Sinne - sozialdemokratisches Profil, ohne dabei wie andere Gruppen in unkonstruktive Fundamentalopposition zu verfallen oder ebenso radikale Positionen wie die KPRF zu vertreten. Die Partei war auch für Politiker und Beamte attraktiv, die dem zentristischen Einigen Rußland nicht beitreten wollten. Exemplarisch dafür steht der Petersburger Senator Sergej Mironow, langjähriger Präsident des Föderationsrates und erster Vorsitzender von GR.

Die gestrige Wahl indiziert, daß GR von der Bevölkerung zumindest als Protestpartei ernstgenommen wird. Erstmals konnte sie aus dem Schatten der KPRF treten. Wer in Rußland links wählen will, wählt jetzt nicht mehr automatisch die Kommunisten. Ob sich damit auf seiten der Wähler weitergehende Hoffnungen verbinden, müssen künftige Untersuchungen zeigen. Vermutlich war dafür auch die Positionierung von GR entscheidend: staatstragend ja, aber scharfer Widerspruch gegen das sich zunehmend als Einheitspartei gebärdende Einige Rußland. Manche Beobachter formulieren es despektierlicher: systemimmanente Opposition. Doch politisch gestalten kann man nur in einem System, nicht gegen ein System.

Daß das relativ gute Abschneiden von Gerechtes Rußland auf Föderationsebene keine Eintagsfliege ist, belegt das Ergebnis der Wahl zur Gesetzgebenden Versammlung von Sankt Petersburg (vergleichbar einem deutschen Landtag), die ebenfalls am Sonntag stattfand. Hierbei gewann GR 23,34 % der Stimmen und wurde nach ER (36,76 %) zur zweitstärksten Kraft, noch deutlich vor den Kommunisten (13,88 %). Dies entspricht einem Plus von rund 10 Prozentpunkten.

Es bleibt abzuwarten, wie sich GR weiter entwickeln wird und wie die Bürger auf die seit ihrer Gründung 2006 oft beschimpfte Partei fürderhin wahrnehmen werden. Das interessante an der jüngsten Wahl ist, daß das Votum zwar für ein gesunkenes Vertrauen zur "Kremlpartei" Einiges Rußland spricht, aber nicht für ein gestiegenes Mißtrauen in das politische System, wie es sich in den vergangenen 12 Jahren in der RF ausgeprägt hat. Hier liegt die Chance für Gerechtes Rußland - in Petersburg tritt die Partei schon sehr selbstbewußt auf.

Die Liberaldemokraten und die Rechten

Über die LDPR unter ihrem bekannten Vorsitzenden Wladimir Wolfowitsch Schirinowskij (der übrigens deutsche und jüdische Vorfahren hat) ist schon viel gesagt worden. Die Partei ist im rechten Teil des politischen Spektrums angesiedelt. Ideologisch ist die LDPR jedoch nicht homogen, dies würde ihrem populistischen Charakter widersprechen. So kann es beispielsweise sein, daß ein Liberaldemokrat auf "die Juden" schimpft, während Schirinowskij stolz auf seine jüdischen Vorfahren ist. Hin und wieder werden auch linke Forderungen erhoben.

Einzige Konstante ist die national-patriotische Grundhaltung der Partei. Diese Flexibilität ermöglicht es der LDPR, bisweilen die Regierung zu unterstützen, um kurz danach mit heftigen Tiraden dieselbe im Plenum der Duma zu zerreißen. Gerade Schirinowskij ist für seine beeindruckenden Reden bekannt. Er ist m.E. ein reiner Oppositionspolitiker.
Eine ernstzunehmende konservative Partei ist die LDPR jedenfalls nicht. Eine solche politische Kraft fehlt im etablierten Parteienspektrum Rußlands (ebenso wie in Deutschland). Allenfalls Teile von ER können als konservativ gelten.

11,67 % der Wähler haben gestern für die Liberaldemokraten gestimmt. Ihr Zuwachs fiel mit 3,53 Prozentpunkten vergleichsweise bescheiden aus. Die Wähler sind wohl größtenteils als Protestwähler anzusehen.

Neben der LDPR gibt es dann nur noch den "Narrensaum" mehr oder minder kleiner Gruppierungen, die sich z.T. durch extreme nationalistische und rassistische Positionen auszeichnen. Überraschenderweise gelingt es solchen Personen und Gruppen immer wieder, im Ausland als Teil der "demokratischen" oder gar der "liberalen" Opposition wahrgenommen zu werden (siehe dazu auch diesen Blog). Diese Kleingruppen sind jedoch unfähig und z.T. auch nicht willens, sich als wählbare Parteien zu organisieren.

Jabloko

Die Partei Jabloko (dt.: Apfel) ist eine der ältesten in der rußländischen Parteienlandschaft. Sie wurde 1993 gegründet und bis 2008 von Grigorij Jawlinskij geführt. Ideologisch ist Jabloko als linksliberal anzusprechen. (Am ehesten vergleichbar mit den deutschen Grünen, nur ohne deren übermäßige Betonung der Ökologie.) Die Partei steht im Bewußtsein vieler Russen vor allem für die radikalen und überaus schmerzhaften Wirtschaftsreformen der Jelzin-Ära und hat demzufolge ein eher negatives Image. Seit Mitte der 1990er Jahre gingen ihre Wahlergebnisse auf Föderationsebene kontinuierlich zurück (2003 - 4,3 %; 2007 - 1,6 %). Inhaltlich reduziert sich Jabloko selbst seit Jahren immer stärker auf die Rolle einer reinen Anti-Putin-Partei.

Immerhin konnten sich die Apfel-Leute bei der gestrigen Parlamentswahl ein wenig verbesser: auf 3,35 %, was einer Verdoppelung ihres Ergebnisses von 2007 entspricht. Damit kommt Jabloko auch wieder in den Genuß der staatlichen Parteienfinanzierung, die es ab 3 % gibt. Dies ändert jedoch nichts an der praktischen Bedeutungslosigkeit der Partei - so wie aller im westeuropäischen Sinne liberalen Parteien in der RF - auf der Föderalebene (dazu unten mehr).

Auf Regionalebene konnte Jabloko am Sonntag jedoch punkten. Bei der bereits erwähnten Wahl zum St. Petrsburger Stadtparlament gelang der Partei nach Jahren der parlamentarischen Abstinenz der Wiedereinzug mit 12,73 % (2007 - 5 %). Damit liegt sie knapp hinter der KPRF und noch vor der LDPR. Der frühere Vorsitzende Jawlinskij wird voraussichtlich Fraktionschef werden. Ausschlaggebend für den Erfolg waren mehrere Faktoren. Zum einen sind viele Angehörige der Intelligenzija traditionelle Jabloko-Anhänger, zum anderen hatte sich die frühere Gouverneurin Matwijenko (ER-Mitglied) in der Stadt sehr unbeliebt gemacht. Es bleibt abzuwarten, ob Jabloko etwas aus diesem Erfolg machen wird, was über die in dieser Partei üblichen Anti-Putin-Parolen hinausgeht.

Die übrigen Liberalen

Das liberale Spektrum in Rußland ist extrem zersplittert. Diese oft auf persönlichen Animositäten der handelnden Figuren beruhenden Gegensätze erschweren die politische Arbeit erheblich. Sinnvolle Verbindungen kommen nicht zustanden, bestehende Parteien zerfallen und Egomanen halten sich für die Erlöser Rußlands vom pösen Putin, doch leider fehlt ihnen der notwendige Anhang, den jeder selbsternannte Messias braucht, um glaubwürdig zu wirken (vulgo: Fußvolk und Wähler).
Hier ist nicht der Platz, um auf die seit vielen Jahren andauernde Selbstschwächung der rußländischen Liberalen im Detail einzugehen. Es sei nur auf diesen Artikel von Rußland aktuell sowie auf diesen Beitrag meiner Wenigkeit verwiesen. Nach der Lektüre wird sich wohl niemand mehr über die anhaltend schlechten Wahlergebnisse liberaler Parteien in der RF wundern.

Im Jahr 2008 war die als rechtsliberal einzustufende Union der rechten Kräfte an inneren Querelen zerbrochen (Wahlergebnis 2007 - 1 %). Einige Mitglieder um Boris Nemzow wollten eine bedingungslose Fundamentalopposition, während andere für ein Wirken innerhalb des politischen Systems plädierten. Letztere gründeten, zusammen mit Vertretern anderer liberaler Kleingruppen, 2009 die Partei Rechte Sache.

Im Laufe des Jahres 2011 gewann die RS an Fahrt und öffentlicher Aufmerksamkeit. Spätestens seit dem Einstieg des Großunternehmers Michail Prochorow schien nicht nur die Finanzierung der Partei gesichert, sondern auch ihr Aufstieg in der öffentlichen Meinung. Bei der Rechten Sache wurde geklotzt, nicht gekleckert. Für kurze Zeit glaubten Beobachter (auch ich), als könnte das neue Projekt die alten Fehler der russischen Liberalen vermeiden und endlich ein solide liberal-konservative Partei etablieren. Doch zu früh gefreut, die alten Gewohnheiten behielten die Oberhand. Es gab Streit und im September 2011 verließ Prochorow, der kurz zuvor noch Präsidentschaftskandidat werden wollte, die Partei im Zorn.

Damit brach auch alle öffentliche Unterstützung weg. Lag die Partei im Sommer laut Umfragen noch bei 2 bis 3 % - einer relativ beachtlichen Zahl -, so kam sie bei den gestrigen Duma-Wahlen lediglich auf 0,59 %! Macht, Geld und ein Medienhype genügen eben nicht, um eine erfolgreiche Partei aufzubauen, wenn es an geeignetem und qualifiziertem Personal fehlt.

Diese vorerst letzte Parteigründung der rußländischen Liberalen ist fulminant gescheitert, obwohl sie gut vorbereitet war und auch gut angelaufen ist. Damit erhebt sich die Frage, inwieweit parteipolitischer Liberalismus in der RF überhaupt eine Zukunft hat. Ökonomische und z.T. auch politische liberale Positionen werden z.B. vom Einigen Rußland vertreten. Und alle anderen in der Duma vertretenen Parteien sind, ebenso wie Jabloko, mehr oder minder stark links angehaucht. (Das schließt, etwa in ethischen Fragen, nicht aus, daß punktuell auch eher konservative Positionen vertreten werden.)

Fazit

Die Duma-Wahl vom 4. Dezember 2011 hat der vier Jahre lang faktisch allein bestimmenden Partei ER herbe Stimmenverluste beschert. Dennoch bleibt sie die mit Abstand stärkste Fraktion in der neuen Staatsduma. Eine spätere Rückkehr zu den Mehrheitsverhältnissen der Jahre 2007-2011 ist höchst inwahrscheinlich. Alle anderen Parteien konnten z.T. deutliche Gewinne verbuchen. Neue Impulse sind vor allem von Gerechtes Rußland zu erwarten - im Gegensatz zu KPRF und LDPR.

Die Wahlen haben zudem gezeigt, daß sich das Parteienspektrum auf der föderalen Ebrne ausdifferenziert hat. Insgesamt gibt es drei eher linke Parteien (Jabloko, GR, KPRF). Zugleich fehlen nach wie vor seriöse Parteien, die das nicht-extremistische rechte Spektrum abdecken können. Die Rechte Sache, die in diesen Bereich zielte, war nur ein Strohfeuer und ist gescheitert. Andere "liberale" Gruppierungen wie etwa Garri Kasparows bunte Truppe und deren diverse Abkömmlinge waren und sind bedeutungslos. Sie gleichen Patienten, die schon klinisch tot sind, aber durch die Zuwendungen in- und ausländischer Gönner künstlich am Leben erhalten werden.


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Mittwoch, 30. November 2011

Die grüne Republik läßt auf sich warten

Der vergangene Sonntag hat der seit Monaten anhaltenden Euphorie der Grünen und ihrer Kollaborateure in den Medien einen schweren Schlag versetzt. Das Volk von Baden-Württemberg hat - endlich - die Chance eines Volksentscheids bekommen, um über das umstrittene Projekt Stuttgart 21 abzustimmen. Und siehe da: die gefühlte Mehrheit für die u.a. von den Grünen artikulierte Ablehnung des Projekts hat getrogen. Die Mehrheit der Stimmbürger hat sich - wie das Landesparlament zuvor - für den Weiterbau ausgesprochen. Damit sind die baden-württembergischen Grünen in ihrer zentralen landespolitischen Frage am Volk gescheitert.

Kurz zuvor hatte sich der Berliner Traum von Renate Künast zerschlagen. Die SPD in der Bundeshauptstadt unter Bürgermeister Wowereit koaliert lieber mit der CDU als mit den Grünen, weil sie letztere für regierungsunfähig hält.

Die Umfragen und der Medienhype der letzten Monate, die schon von einem grünen Bundeskanzler geträumt hatten, sind damit auf dem harten Boden der Realität angekommen. Doch die grüne Partei scheint dies noch nicht richtig mitbekommen zu haben. Auf dem Bundesparteitag am letzten Wochenende wurde nichts weniger als der Totalumbau der Bundesrepublik Deutschland hin zu einer "ökologisch-sozialen Marktwirtschaft" gefordert. Ein überaus ambitioniertes Ziel für eine Partei, die in den jüngsten Umfragen auf etwa 15 % kommt und damit immer noch zu den kleineren zählt.

Flankiert wird die grüne Utopie einer neuen Gesellschaft von zahlreichen konkreten Maßnahmen, die allesamt der Gängelung der Bürger im Sinne der grünen Ideologie dienen. Damit sind nicht nur die fast schon im Wochenrythmus artikulierten Wünsche für eine Verschärfung des deutschen Waffenrechts gemeint. Auch die geforderten Verbote für das Verbrennen von Gartenabfällen und die Verwendung von Plastikeinkaufstüten gehen in diese Richtung.

Das Neue Deutschland ätzt zu Recht:
"[...]

Der Parteitag begann. Die Delegierten lobten den Atomausstieg, die Zurückdrängung der Minimiermotte (bei gleichzeitiger Erhaltung ihrer ökologischen Selbstbestimmung), kritisierten das Wetter und schlugen - wie immer die Abstimmung zu Stuttgart 21 ausgehen würde - Herrn Kretschmann zur Seligsprechung vor. Dann gingen sie in die Mittagspause (tofunisches Fast Food).

Da trafen bereits die ersten Petitionen an der Küste ein. Ob sie denn die allerdringlichste Problematik, jenen schreienden Missstand, der die Welt an den Rand des Abgrunds treibt, die Meere kippen, die Wale und letztlich auch die Kinder sterben lässt, übersehen hätten, wurden die Grünen gefragt. Voll besetzte Busse mit empörten Bürgern trafen vor dem Parteitagsgelände ein. Wütend reckten die Menschen das Objekt der ökologischen Katastrophe in den Himmel: Die Plastiktüte! Eine Jute-Sack-Initiative aus Zwickau verbrannte an Ort und Stelle tausend Plastiktüten, was zur Evakuierung der Kieler Innenstadt durch die Feuerwehr führte.

Und da hatten die Grünen endlich begriffen: Die Plastiktüte ist der neue Atomreaktor - unbeherrschbar und ohne erkundete Endlagerstätte. Einige Delegierte erinnerten daran, dass schon das Pfand auf Dosen eine Sternstunde der Grünen war. Ja, natürlich, die Pfandgesetzgebung ist in jeder Hinsicht unsinnig - ökologisch und ökonomisch. Aber ist es nicht herrlich, wie die Menschen bis heute damit gequält werden? Genauso soll es mit der Tüte sein. Weltweit verbieten wird man sie natürlich erst, wenn die Grünen die Weltregierung stellen. Bis dahin aber kann man sie zumindest in Deutschland mit einer Strafgebühr belegen. Und zwar sozial gerecht - zu zahlen von Reichen und Armen gleichermaßen.

[...]"
Zeitlich passend haben die Unterstützer der Grünen anläßlich des Castor-Transportes wieder einmal ihr wahres Gesicht gezeigt. Die grüne Prominenz kettet sich nicht mehr an Schienen oder wirft mit Steinen. Dafür haben sie heute ihr Fußvolk, mit dem sie in perfekter Arbeitsteilung leben. Die einen werden handgreiflich, die anderen tragen Anzug und Krawatte und stellen eine staatstragende Miene zur Schau.

Dies alles scheint jedoch wenig zu helfen, um die Grünen in der Wählergunst steigen zu lassen. Die panische Angst vor der Atomenergie, die den Grünen so sehr geholfen hat, ist zwar noch weit verbreitet. Aber spätestens seit klar ist, daß unsere Nachbarstaaten keineswegs an einen Atomausstieg denken und sogar neue Kernkraftwerke bauen wollen, dürfte vielen klar geworden sein, daß deutsche Alleingänge wirkungslos bleiben werden.

Hoffen wir, daß unsere Mitbürger langsam aufwachen und erkennen, daß es sich bei den Grünen nicht um einer Bürgerrechtspartei, sondern um eine Partei der Gängler und Utopisten handelt. Der von ihnen parktizierte irrationale Stil, der mit Emotionen spielt statt mit Argumenten überzeugt, hat unserer Demokratie jedenfalls schon jetzt erheblichen Schaden zugefügt.


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Dienstag, 22. November 2011

Der Tod des Alexander Gribojedow

Im Zentrum Sankt Petersburgs quert der Gribojedow-Kanal den Newskij-Prospekt und fließt dann an der Kasaner Kathedrale vorbei. Doch wer war eigentlich der Namensgeber dieses Kanals? Alexander Sergejewitsch Gribojedow wurde am 4. Januar 1795 in Moskau geboren. In seiner Jugend durchlief er die damals für das Zarenreich typische Laufbahn: Universitätsstudium, Militärdienst in einem Husarenregiment, Tätigkeit in der öffentlichen Verwaltung. Von 1818 bis 1822 arbeitete er an der russischen Botschaft in Teheran; danach war er in Tiflis tätig. Er liebte diesen Landstrich und ehelichte eine georgische Prinzessin. Daneben versuchte er sich als Schriftsteller und Dramatiker. Sein Komödie „Gore ot uma“ (dt.: Wehe dem Verstand) ist noch heute ein beliebtes Theaterstück.

Bemerkenswert sind vor allem die Umstände von Gribojedows Tod. Ab 1828 war er, der mit den Verhältnissen des Landes gut bekannt war, als russischer Botschafter in Teheran. Nach dem Persisch-russischen Krieg der Jahre 1826 bis 1828, der mit Gebietsverlusten für Persien endete (so mußte u.a. das christliche Armenien von den Truppen des Schah geräumt werden), war die Stimmung dort noch aufgeheizt. Englische Agenten heizten sie – ganz im Sinne des „Great Game“ – weiter an und so wurde die russische Botschaft in Teheran im Januar 1829 von einem wütenden Mob gestürmt. Dabei wurde Gribojedow, der die Eindringlinge aufhalten wollte, ermordet und verstümmelt.

Der Dichter Alexander Puschkin, der im selben Zeitraum den Kaukasus bereiste, berichtete später von der Begegnung mit dem Sarg Gribojedows mitten im Gebirge:
"[…]

Zwei Ochsen, vor eine Arba gespannt, erklommen die steile Straße. Einige Georgier begleiteten die Arba. Wo kommt ihr her, fragte ich sie. Aus Teheran. – Was führt ihr mit euch? – Griboed. Es war der Körper des getöteten Griboedov, den sie nach Tiflis begleiteten.

Nie hätte ich gedacht, je noch einmal unserem Griboedov zu begegnen! Wir schieden im vergangenen Jahr in Petersburg, vor seiner Abreise nach Persien. Er war bekümmert und hatte sonderbare Vorahnungen. Ich hatte ihn beruhigen wollen; er sagte zu mir: Vous ne coinnaissez pas ces gens-la: vous verrez qu’il faudra jouer des couteaux. Er nahm an, Ursache des Blutbades werde der Tod des Schahs und der Familienzwist unter seinen siebzig Söhnen werden. Doch der hochbetagte Schah ist immer noch am Leben, und Griboedovs prophetische Worte sind in Erfüllung gegangen. Er ist durch die Dolche der Perser gefallen, Opfer der Unwissenheit und des Treubruchs. Sein verunstalteter Leichnam, drei Tage lang Spielzeug des Teheraner Pöbels, ist nur an der hand wiedererkannt worden, die einst [im Duell] eine Pistolenkugel durchschlagen hatte.

Ich habe Griboedov im Jahre 1817 kennengelernt. Sein melancholischer Charakter, sein erzürnter Verstand, seine Gutmütigkeit, selbst seine Schwäche und Laster, unumgängliche Gefährten der Menschheit, – alles an ihm war außergewöhnlich attraktiv. Geboren mit einem Ehrgeiz, seiner Begabung ebenbürtig, war er lange Zeit verstrickt in die Netze kleinlicher Nöte und der Ungewißheit. Die Fähigkeiten zum Staatsmann blieben ungenutzt, das Talent zum Dichter wurde nicht anerkannt; selbst seine kaltblütige und glänzende Tapferkeit wurde eine Zeit lang in Zweifel gezogen. Einige Freunde kannten seinen Wert und bekamen das Lächeln des Argwohns zu sehen, dieses dumme unerträgliche Lächeln, wenn sie Gelegenheit nahmen, von ihm als einem außergewöhnlichen Menschen zu sprechen. Die Leute glauben nur dem Ruhm, und sie begreifen nicht, daß sich unter ihnen ein Napoleon befinden könnte, der kein einziges Jägerbataillon befehligt, ein zweiter Descartes, der keine einzige Zeile im „Moskauer Telegraphen“ veröffentlich hat. Übrigens rührt unsere Verehrung des Ruhmes vielleicht aus der Eitelkeit: ist Bestandteil des Ruhmes doch auch unsere eigene Stimme.

Griboedovs Leben war von einigen Wolken verdunkelt: Folge flammender Leidenschaften und mächtiger Umstände. Er verspürte die Notwendigkeit, ein für alle Male mit seiner Jugend abzurechnen und sein Leben jäh zu wenden. Er nahm Abschied von Petersburg und der müßigen Zerstreuung, reiste nach Georgien, wo er acht Jahre in einsamer, unermüdlicher Tätigkeit verbrachte. Seine Rückkehr nach Moskau im Jahr 1824 wurde zur Wende seines Schicksals und zum Beginn unablässiger Erfolge. Seine unveröffentlichte Komödie „Weh dem, der denkt“ erzeugte eine unbeschreibliche Wirkung und stellte ihn mit einem Schlag in eine Reihe mit unseren ersten Dichtern. Einige Zeit später eröffnete ihm die genaue Kenntnis der Gegend, in der der Krieg ausbrach, ein neues Betätigungsfeld, er wurde zum Gesandten ernannt. In Georgien eingetroffen, heiratete er die, die er liebte … Ich kenne nichts Beneidenswerteres aus den letzten Jahren seines stürmischen Lebens. Der Tod, der ihn fand im tapferen, ungleichen Kampf, hatte für Griboedov nichts Schreckliches, nichts Qualvolles. Er kam im Augenblick und war schön.

[…]" (A. Puschkin: Die Reise nach Arzrum während des Feldzugs im Jahre 1829, 2. Aufl., Berlin 1998, S. 45 ff.)
Die sterblichen Überreste Alexander Gribojedows ruhen seit 1832, auf Wunsch seiner Witwe, im Tifliser Pantheon. Der diplomatische Eklat infolge seiner Ermordung veranlaßte den Schah dazu, einen Gesandten nach St. Petersburg zu schicken, der, mit Geschenken versehen, die Wogen wieder glätten sollte.

Der Vorfall im Jahr 1829 zeigt, daß man in Persien, dem heutigen Iran, schon damals ein Problem mit ausländischen Diplomaten hatte. Das Schauspiel sollte sich im November 1979 wiederholen, nur daß diesmal die Botschaft der USA gestürmt wurde. Glücklicherweise wurde dabei keiner der 52 Amerikaner getötet, doch mußten sie über ein Jahr in Geiselhaft ausharren.


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Donnerstag, 17. November 2011

Ein deutsch-deutscher Sportkrimi


Bei der Suche nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) stolperte ich zufällig über einen anderen Beschluß des höchsten bundesdeutschen Strafgerichts aus dem März 1961. Und das war starker Tobak. Gem. BGHSt 16, 15 wurde ein ostdeutscher Sportfunktionär in der BRD verurteilt, weil er Wettkämpfe zwischen Sportlern aus beiden deutschen Staaten angebahnt hatte. Und das, obwohl zu den Olympischen Sommer- und Winterspielen 1956, 1960 (und später 1964) noch gesamtdeutsche Mannschaften angetreten waren. Zudem hatte die Bundesregierung in ihrer Propaganda immer am Ziel der Wiedervereinigung festgehalten und betont, wie wichtig es sei, Kontakte „nach drüben“ (also in die DDR) zu unterhalten. Wie konnte es also zum o.g. Urteil des BGH kommen?

Vorgeschichte

Die in Westdeutschland seit Beginn der 1950er Jahre empfundene Bedrohung durch den Kommunismus trieb seltsame gesetzgeberische Blüten. 1951 trat das Erste Strafrechtsänderungsgesetz in Kraft, mit dem u.a. Strafvorschriften gegen Landesverrat, Hochverrat und Staatsgefährdung ins StGB eingefügt wurden. Während die beiden erstgenannten Komplexe weitgehend unstrittig waren, uferte die vermeintliche „Staatsgefährdung“ immer weiter aus und erfaßte alle möglichen Sachverhalte. Zusammen mit Maßnahmen von Verwaltungsbehörden bestand de facto ein – wohlgemerkt von westdeutscher Seite ausgehendes! – umfassendes Verbot für andere als rein private Kontakte mit der DDR. Es umfaßte sogar Publikationen aus dem Osten, als ob die Agitation des Neuen Deutschlands in der BRD auf fruchtbaren Boden hätte fallen können. Die Hexenjagd richtete sich nicht nur gegen echte Kommunisten (denen bisweilen sogar der Führerschein entzogen wurde), sondern gegen alle Bürger, die von der Regierung Adenauer als „national unzuverlässig“ eingestuft wurden (vgl. z.B. den Fall Elfes).

Nach der Lektüre von verschiedenen Urteilen des BGH sowie zeitgenössischer Medienberichte drängt sich der Eindruck auf, daß sich in den 1950er und 60er Jahren die beiden deutschen Staaten hinsichtlich ihrer politischen Strafjustiz nur graduell unterschieden haben. Das verwendete Vokabular war sich zum Verwechseln ähnlich. Im Gegensatz zur DDR brachte die BRD aber immerhin 1968 die Selbstreinigungskräfte auf, den größten Teil der StGB-Paragraphen, die der Zentralteil des vormaligen „Superstaatsschutzsystems“ gewesen waren, aufzuheben. Gründliche rechtsgeschichtliche Vergleiche dieses Themas liegen bisher übrigens nicht vor. Auch die Bundeszentrale für politische Bildung umschifft die politische Justiz der Jahre 1951 bis 1968. Vielleicht will man sich dort nicht dem Vorwurf aussetzen, auch die BRD sei zeitweise eher ein Unrechtsstaat als ein Hort der Freiheit gewesen.

Der Sachverhalt

Kommen wir nun zum Fall des verurteilten Sportfunktionärs. Er war seit 1958 Kreisvorsitzender des Deutschen Turn- und Sportbundes (DTSB) in der ostdeutschen Stadt Z. Der DTSB wirkte in der DDR als Dachorganisation für verschiedenste Sportfachverbände, ähnlich dem Deutschen olympischen Sportbund heutiger Zeit. Der Mann war, natürlich im Auftrag des DTSB, im Januar und Juni 1959 zweimal in die BRD gereist, um Freundschaftsspiele zwischen ost- und westdeutschen Sportvereinen anzubahnen. Ferner hat er um Teilnehmer für das III. Deutsche Turn- und Sportfest in Leipzig geworben. Dabei hat er sich die Namen und Kontaktdaten westdeutscher Sportler und Vereine notiert, die zu solchen freundschaftlichen Begegnungen bereit waren.
Wie wurde diese Tätigkeit von der westdeutschen Justiz bewertet?

Illegale kommunistische Organisation

Nach dem 1956 erfolgten Verbot der KPD durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatten Behörden und Gerichte in der BRD einen ganzen Katalog von Organisationen entwickelt, die generell der – so wörtlich im o.g. Urteil – „kommunistischen Wühlarbeit“ bzw. „SED-Wühlarbeit“ bezichtigt wurden.
Die Argumentationskette verlief folgendermaßen: Die KPD wurde verboten und setzt ihre Tätigkeit in der Illegalität fort. Dabei wird sie von der SED in der DDR unterstützt. Damit seien SED und KPD, zumindest hinsichtlich ihrer „Westarbeit“, weitgehend identisch. Weil schließlich die Mehrzahl der gesellschaftlichen Organisationen in der DDR (einschließlich des DTSB) in irgendeiner Weise von der SED abhing, wurden auch sie in die angenommene illegale „SED-Gesamtorganisation“ eingeordnet und somit justiziell verfolgt.
Rechtsgrundlage hierfür waren die §§ 42 u. 46 BVerfGG in der damaligen Fassung. Sonach machte sich strafbar, wer eine in der BRD verbotene politische Partei fortführte.

Legaler und illegaler Sport

Zu dieser illegalen Fortsetzung der KPD zählten auch gesamtdeutsche Sportveranstaltungen. Der BGH führt dazu aus:
"[…]

Freilich ist das Vereinbaren von Wettkämpfen zwischen Sportlern der Bundesrepublik und der Sowjetzone für sich allein weder verboten noch strafbar. Wenn dadurch aber die staats- und verfassungsfeindlichen Bestrebungen der SED gegen die Bundesrepublik gefördert werden sollen, dann besteht kein rechtlich bedeutsamer Unterschied zu anderen Methoden der kommunistischen Wühlarbeit.

[…]" (BGHSt 16, 15 [18])
Das Gericht meinte weiter, daß es „in der sog. DDR“ keine Trennung von Sport und Politik gäbe. Ergo: Sport = DTSB = SED = KPD = Staats- und Verfassungsfeinde = Wühlarbeit in der BRD. Damit war praktisch jegliche Zusammenarbeit mit ostdeutschen Sportvereinen und -verbänden für Westdeutsche verboten, wenn sie sich nicht dem Verdacht der „Staatsgefährdung“ aussetzen wollten.
Der BGH unterstellte, daß es den ostdeutschen Sportlern nicht um den Sport gegangen wäre, sondern um eine Unterminierung und Destabilisierung der inneren Ordnung der Bundesrepublik. Ein Vorwurf, der nicht erst heute, sondern bereits damals absurd anmutete. Als ob ein paar westdeutsche Sportler infolge eines Freundschaftsspiels zu begeisterten Revolutionären geworden wären.

Ebenso seltsam ist es, daß einem ostdeutschen Sportfunktionär vorgeworfen wurde, seine Tätigkeit diene hauptsächlich dem Zweck der „Wühlarbeit“ in der BRD. Denn zum damaligen Zeitpunkt mußten noch gesamtdeutsche Olympiamannschaften aufgestellt werden. Deshalb war eine Zusammenarbeit von Bundesbürgern mit dem DTSB unvermeidbar. Hätte der BGH seine Rechtsprechung durchgehalten, dann wären auch diese Kontakte durchweg strafwürdig gewesen. Wahrscheinlich hat man jedoch für die staatlich anerkannten Sportorganisationen der BRD eine Ausnahme gemacht.
Bei einzelnen Sportlern waren die Gerichte jedoch nicht zimperlich, wenn sie „von sich aus, ohne Einschaltung von Spitzenorganisationen des Sports in der Bundesrepublik, auf Veranlassung sowjetzonaler Funktionäre zu Veranstaltungen in die Sowjetzone reisen“ (BGHSt 16, 15 [17]). Noch in den 60er Jahren wurde ein westdeutscher Leichtathlet in erster Instanz wegen Zuwiderhandlung gegen das KPD-Verbotsurteil und „Geheimbündelei“ (§ 128 StGB a.F.) zu sechs Monaten Haft verurteilt.

Somit galt die vom BGH eingangs konzedierte Straffreiheit für gesamtdeutsche Sportkontakte nur sehr eingeschränkt für solche Sportler und Funktionäre der BRD, die mit Zustimmung der Bundesregierung tätig wurden. Ansonsten mußte mit Strafverfolgung gerechnet werden.

„Verfassungsfeindlicher Nachrichtendienst“

Der eingangs erwähnte DTSB-Funktionär wurde außerdem nach § 92 StGB a.F. verurteilt. Was sich zunächst gefährlich nach Geheimnis- oder Landesverrat anhören mag, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als ein nahezu uferloser Straftatbestand, der faktisch wie ein Einreiseverbot für politisch engagierte DDR-Bürger wirkte. Denn jegliches Sammeln von Informationen „über Verwaltungen, Dienststellen, Betriebe, […] Vereinigungen oder Personen“ in der BRD sollte mit Gefängnis bestraft werden, wenn es im Auftrag einer Dienststelle, Partei oder Vereinigung außerhalb der BRD erfolgte und mit der Absicht verbunden war, die verfassungsmäßige Ordnung zumindest zu untergraben oder eine solche Bestrebung zu fördern.

Dabei kam es, wie der BGH mehrfach betonte, nicht darauf an, ob es sich bei den gesammelten Informationen um amtliche Geheimnisse o.ä. gehandelt hat. Auch allgemein bekannte oder freiwillig angegebene Daten wurden von § 92 erfaßt. Im oben diskutierten Fall bestand der „verfassungsfeindliche Nachrichtendienst“ lediglich darin, daß der Sportfunktionär sich die Namen und Adressen westdeutscher Sportler aufgeschrieben hatte, die an gesamtdeutschen Sportveranstaltungen teilnehmen wollten. Also keine Spionage, keine Geheimdiensttätigkeit oder sonstiges – nur Sportkontakte auf unterer Ebene, die in der paranoid anmutenden Stimmung des Kalten Krieges für verderblich erachtet wurden.

Noch 1966 verurteilte das OLG Düsseldorf drei Angeklagte, weil sie verfassungsfeindliche Beziehungen zum DTSB unterhalten und durch die Herausgabe einer Sportzeitschrift das KPD-Verbotsurteil verletzt hätten. Auch hier stellte das Gericht explizit fest, daß der Inhalt der Zeitschrift an sich nicht strafbar war. Strafwürdig wäre allein ihre positive Berichterstattung über den DTSB und die Teilnahme der Angeklagten an Sportveranstaltungen in der DDR.

Das Ende der Hexenjagd

Die Verfolgung tatsächlicher und vermeintlicher Kommunisten und ihrer „Helferhelfer“ kam Mitte der 1960er Jahre immer stärker unter Druck. Erstaunlicherweise spielte auch hier der Sport eine entscheidende Rolle. Nachdem 1966 die Olympischen Spiele 1972 an München vergeben worden waren, erhob sich die Frage, wie man mit den zu diesem Zweck in die BRD einreisenden DDR-Sportler verfahren sollte. Sie gehörten, ebenso wie Trainer und Funktionäre, mittelbar oder unmittelbar dem DTSB an. Mithin hätten sie sich bei ihrer Teilnahme an der Olympiade dem Risiko der Strafverfolgung aussetzen müssen.

Nach längerer Kritik am Ausufern der politischen Strafjustiz, der auch zahlreiche Nichtkommunisten zum Opfer fielen, konnte sich nun der westdeutsche Gesetzgeber endlich dazu durchringen, die problematischen Bestimmungen über „Staatsgefährdung“ aus dem StGB zu streichen. Am 25. Juni 1968 trat das Achte Strafrechtsänderungsgesetz in Kraft, obwohl Teile der CDU/CSU bis zum Schluß dagegen waren.


Bibliographie

von Brünneck, Alexander: Politische Justiz gegen Kommunisten in der Bundesrepublik Deutschland 1949-1968, Frankfurt/Main 1978

Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Strafsachen, Bd. 16, Köln/Berlin 1962
(zit. als BGHSt 16)

Pauli, Gerhard: Über die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in Staatsschutzsachen gegen Kommunisten im System der politischen Justiz bis 1968,
in: Justizministerium NRW (Hrsg.): Politische Strafjustiz 1951-1968 – Betriebsunfall oder Symptom?, Recklinghausen/Geldern 1998, S. 97 ff.

Posser, Diether: Anwalt im Kalten Krieg, München 1991



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Foto: Bundesarchiv.

Samstag, 12. November 2011

12.11.2011: Video des Tages

Im folgenden Video besucht die Reporterin eines russischen Fernsehsenders ein Zentrum für die Förderung des Schützennachwuchses im Moskauer Umland. Die Dame läßt es sich nicht nehmen, auch selbst zu schießen und ist ob ihrer 8 Ringe ganz begeistert.





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Sonntag, 30. Oktober 2011

Soldatentum und Schützenwesen in Polen


Wer als Deutscher nach Polen reist und nicht nur teilnahmsloser Tourist bleibt, dem fällt bald auf, daß dort – ganz anders als hierzulande – alles militärische in hohem Ansehen steht. Das ist weitaus mehr als bloßer Patriotismus oder eine der Clausewitzschen Lehre entsprechende Wertschätzung. Man gewinnt den Eindruck, daß der Dienst in Uniform an sich verehrt wird – unabhängig von den politischen Implikationen dieses Dienstes. Das sah schon der Berliner Beobachter Crato im Jahr 1926 so:
„[…]

Der polnische Volksmund bezeichnet als Sehnsucht jedes jungen Polen „ein Pferd und einen Säbel“. Das darf uns nicht verführen, diese militärische Leidenschaft als Spielerei zu nehmen. Der Wehrgedanke hat im polnischen Volk eine weite und tiefe Resonanz, der es nicht an geschichtlichen Gründen fehlt.

[…]“ (F. Crato, a.a.O., S. 23)


Gewiß, es finden sich immer pseudopolitische Formeln wie „Für eure und unsere Freiheit“, mit der polnische Soldaten (heute würde man vielleicht sagen: Söldner) in den zahlreichen europäischen Revolutionen und Kriegen des 19. Jahrhunderts gekämpft haben. Doch darf nicht übersehen werden, daß die politischen Folgen dieser Engagements für das dreimal geteilte und letztlich von der Landkarte verschwundene Polen gleich Null waren. Dasselbe gilt für die diversen polnischen Formationen, die im zweiten Weltkrieg in den Armeen der Westmächte kämpften. Nicht sie haben ihr Heimatland befreit, sondern die in der Sowjetunion aufgestellten polnischen Verbände zusammen mit der Roten Armee. Doch diese Vergeblichkeit ihres Tuns tut der Verehrung für die zumeist in britischer Uniform kämpfenden Polen keinen Abbruch.



Der Schriftsteller Jerzy Putrament hat dieses Phänomen in einem seiner Romane literarisch verarbeitet. Ende August 1939 reflektiert Henryk Dab-Friedeberg - ein im Dienst ergrauter polnischer Brigadegeneral mit jüdischen Wurzeln - über die Anfänge seiner politischen und militärischen Laufbahn vor dem ersten Weltkrieg:
„[…]

Ja, und das Soldatentum. Friedeberg war es, als hätte er endlich seinen Daseinszweck gefunden. Natürlich, nicht die Religiosität, nicht die Revolution, das Soldatentum, das war Polen. In den seltenen Augenblicken der Besinnung sagte er sich: Wenn es irgend etwas gibt, worin sich der polnische Nationalcharakter verkörpert, dann ist es das Wort: Soldat. Der Pole braucht nur einen guten Kommandeur, dann ist er zu jeder Stunde bereit, in jeder Gefahr, auch in der ersten besten. Dann sind sogar die scharfen Kanten seiner angeborenen Händelsucht zu etwas nütze, bei kleinen, aber riskanten Aufklärungs- und Diversionseinsätzen zum Beispiel.

Schon in den ersten Tagen gelang es ihm, auf eine der Schulen zu kommen, die da und dort eingerichtet wurden. Andächtig streichelte er den vom Schmutz braungebeizten Kolben des österreichischen Karabiners, den irgendwelche militärischen Instanzen ihnen für die Schießausbildung besorgt hatten. In den Nächten hockte er über allen möglichen Dienstvorschriften und war auch bald ein mustergültiger Aspirant auf das Leutnantssternchen. Er bekam es 1914, gewissermaßen als Weihnachtssternchen, nach dem ersten Streifzug in die Gegend von Kielce, nach frischfröhlichen Scharmützeln, ermüdenden Märschen, Verfolgungen und Rückzügen.

[…]“ (J. Putrament: September, Berlin 1959, S. 171 f.)


In diesem kurzen Zitat stecken viele Hinweise auf militärische und paramilitärische Formationen der jüngeren polnischen Geschichte. Anfang des 20. Jahrhunderts hatten sich vor allem im österreichischen Teilungsgebiet verschiedene patriotische Verbände gebildet. Insbesondere sind hier der Schützenverband „Strzelec” (dt.: Schütze, gegr. 1910), die Polnischen Schützenabteilungen (gegr. 1911) und die Turnerschaft „Sokół” (dt.: Falke, gegr. 1867) zu nennen. In diesen Vereinigungen wurde nicht nur der vaterländische Geist gepflegt und es wurde auch nicht nur Turn- und Schießsport betrieben, sondern auch Wehrsport bis hin zu handfestem militärischen Training. In den Verbänden herrschte z.T ein strenges Regiment und eine hierarchische Ordnung. Das Ziel war, den Keim für eine neue polnische Armee zu legen; die politische Leitung sah man in der – geheimen – Vereinigung für den aktiven Kampf.

Dabei erfreuten sie sich der Unterstützung der k.u.k. Behörden. Denn einer der maßgeblichen Initiatoren – Józef Piłsudski – sah in Österreich-Ungarn (und später auch im Deutschen Reich) die Mächte, deren Unterstützung sich die polnische Nationalbewegung sichern mußte. Dahinter stand die Idee, zuerst gegen das Zarenreich zu kämpfen und das östliche Teilungsgebiet zu befreien und danach gegen die Mittelmächte zu ziehen, um ihnen ihre Teile des polnischen Kuchens zu entreißen. Damit war Pilsudski politischer geworden, nachdem seine bisherigen Konzepte einer sozialistischen Revolution vor allem in ordinären Bank- und Eisenbahnüberfällen gemündet hatten.
Die Österreicher waren einem solchen Zweckbündnis nicht abgeneigt, ermöglichte es ihnen doch im Kriegsfall die Mobilisierung polnischer Hilfstruppen gegen Rußland. Mithin lieferten sie Waffen und Munition an die Verbände und erlaubten deren Sport- und Ausbildungsaktivitäten. Letztere reichten bis zur förmlichen Offiziers- und Unteroffiziersausbildung.



Die jahrelange Arbeit sollte im Sommer 1914 Früchte tragen. Anfang August unterstellten sich Pilsudski, der bislang nur die Organisation „Strzelec” geleitet hatte, auch die übrigen Wehrverbände. Aus diesem Bestand wurde die 1. Kaderkompanie formiert, die zum Kern der Polnischen Legionen werden sollte. Am 6. August 1914 marschierte diese Kompanie aus Krakow (dt.: Krakau) ab – ein noch heute fast mythischer Akt, war es doch nach Jahrzehnten das erste öffentliche Auftreten einer regulären polnischen Militäreinheit. Die Truppenteile der Legion bewährten sich sodann auf seiten der Mittelmächte an der Ostfront. Bis 1915 konnten sie zusammen mit deutschen und österreichischen Truppen einen Großteil von Russisch-Polen erobern; Warschau fiel im August 1915 in die Hände der Mittelmächte.

Im Jahr 1916 zählten die Polnischen Legionen rund 25.000 Mann. Sie wurden, wie schon ihre paramilitärischen Vorgänger, zur politischen Kaderschmiede für die spätere Zweite Republik. Pilsudski, Edward Rydz-Śmigły, Władysław Sikorski, Kazimierz Sosnkowski, Józef Beck und Władysław Raczkiewicz – all ihre Namen spielen in der polnischen Politik der Jahre 1918 ff. eine bedeutende Rolle. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, daß das militärfachliche Wissen vieler Offiziere eher gering war. Dafür zählte die patriotische Gesinnung. Das traf auch für den Chef Pilsudski zu, der sich selbst zeitlebens eher als Politiker denn als Militär sah.
Dennoch war es den Legionen, ihren „zivilen“ Vorläufern und den ab 1916 gebildeten Einheiten der „Polnischen Wehrmacht“ gelungen, den polnischen Staat neu zu errichten und ihn wieder auf die Landkarte Europas zu setzen.



Auch in den Geburtswehen dieses neuen politischen Gebildes nach dem 1. WK spielten paramilitärische Verbände neben den regulären Streit- und Sicherheitskräften eine wichtige Rolle. Sie waren es, die die Aufstände in Posen/Großpolen und Oberschlesien trugen.
Nachdem sich das neue Staatswesen dann eingerichtet hatte, fiel ihnen – wie in anderen europäischen Staaten auch – vor allem die Aufgabe einer vormilitärischen Ausbildung der Jugend sowie eine öffentliche Tätigkeit im Sinne der Wehrhaftmachung der Bevölkerung zu.

An Organisationen aus der Zwischenkriegszeit sind beispielhaft zu nennen: die Liga für Gas- und Luftschutz (LOPP), die Organisation PKW und der Schützenverband „Strzelec”. Letzterer vertrat Polen in den 1920er Jahren sogar im internationalen Schießsportverband UIT, bis 1933 mit dem PZSS ein dezidierter nationaler Sportverband gegründet wurde. Des weiteren wurden Schüler, Pfadfinder und Studenten vormilitärisch geschult; außerdem existierten mehrere Kadettenkorps.



Als im September 1939 der zweite Weltkrieg ausbrach, bewährte sich diese Arbeit. Allerdings weniger im Sinne eines Überlebens der Strukturen an sich (die meisten wurden von den Besatzern zerschlagen), sondern im Sinne der Vorbereitung der Bevölkerung. Darum war es möglich, politische und militärische Untergrundarbeit zu leisten, die Heimatarmee, die Volksgarde und andere Partisanenformationen zu bilden und schließlich 1944 den Warschauer Aufstand zu starten. (Dieser Aufstand zeigt aber auch, allen späteren Mythologisierungen zum Trotz, wie begrenzt der politische und militärische Horizont seiner Anführer war. Patriotismus, Schießfertigkeit, Mut und Heldentum allein genügen eben nicht, um in größerem Maßstab erfolgreich zu sein.)

Das dahinterstehende Ideal des breiten Volkswiderstandes ist bereits in Artikel XI der polnischen Verfassung vom 3. Mai 1791 angedeutet worden:
„[…]

Die Nation ist es sich selbst schuldig, sich gegen Überfälle zu vertheidigen, und ihre Unverletzlichkeit zu bewahren; folglich sind alle Bürger Vertheidiger der Unverletzlichkeit und Freiheit der Nation. Die Armee ist nichts anders, als eine aus der Gesammtmacht der Nation gezogene, bewaffnete und geordnete Macht. Die Nation ist ihrer Armee dafür, daß sie sich einzig und allein ihrer Vertheidigung weihet, Belohnung und Achtung schuldig.

[…]“


Nach der Befreiung der ersten Teile Polens von der deutschen Besatzung wurde bereits im August 1944 in Siedlce die Gesellschaft der Freunde der Soldaten (Abk.: TPŻ) gegründet. Ihr oblagen zunächst soziale Aufgaben zur Betreuung der kämpfenden Soldaten, dann trat die vormilitärische Ausbildung der Jugend hinzu. 1950 wurde die TPZ in Liga der Freunde der Soldaten (LPŻ) umbenannt. Zusätzlich zum Wehrsport hatte sie auch Aufgaben im Rahmen des Zivilschutzes zu erfüllen. Im Jahr 1962 wurde aus der LPZ schließlich die Liga für Landesverteidigung (poln.: Liga Obrony Kraju, LOK) gebildet, die man hinsichtlich ihrer Organisation und Tätigkeit am besten mit der Gesellschaft für Sport und Technik (GST) der DDR vergleichen kann.



Die LOK existiert, allen politischen Umbrüchen zum Trotz, bis heute, obgleich ab Mitte der 1990er Jahre ein starker Mitgliederschwund zu verzeichnen war. Insbesondere fungiert sie nach wie vor als Dachverband für verschiedene „Wehr”-Sportarten: Segeln/Seesport, Sportschießen, Amateurfunk, Modellbau/-sport, Tauchen, Motorsport. Ferner ist sie für die Reservistenarbeit zuständig und fungiert als flächendeckend vertretene Fahrschule. Derzeit hat die Liga etwa 131.000 Mitglieder (davon etwa die Hälfte Jugendliche) in 4.600 Klubs und Zirkeln. Diese Organisationseinheiten können überall existieren: an Schulen, Betrieben, Behörden oder auch als ganz normale Vereine, wie sie auch aus Deutschland bekannt sind. Der wichtigste Unterschied zwischen beiden Organsiationsformen besteht darin, daß die Zirkel keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzen, also stärker von der Mutterorgansiation abhängen als die Klubs.

Die mit Abstand am häufigsten in der LOK betriebene Sportart ist mit Sicherheit der Schießsport. Dabei ergibt sich eine eigentümliche Doppelung mit dem Polnischen Schießsportverband (PZSS), der das Land in der ISSF vertritt. Die meisten der 100 Schützenklubs der LOK sind zugleich Mitglied im PZSS und können somit ganz normal bei Meisterschaften etc. starten. Die weitaus zahlreicheren Zirkel, in denen ebenfalls sportlich geschossen wird (meist nur mit Druckluftwaffen), sind davon jedoch ausgeschlossen. Deshalb veranstaltet die LOK alljährlich eine eigene nationale Meisterschaft für ihre Mitglieder, bei der jedoch auch Gäste zugelassen sind.
Viele bekannte polnische Sportschützen sind durch die Schule der LOK bzw. der LPZ gegangen, auch wenn sie später als Profis Armee- oder Polizeisportklubs angehört haben.



Nach der politischen Wende, die in Polen schon im Frühjahr 1989 eingeleitet worden war, wurden auch Nachfolgeorganisationen des Schützenverbandes „Strzelec” gegründet. Heute gibt es derer drei (1, 2, 3). Bei ihnen geht es deutlich straffer zu als in der LOK, sie sind in der Tat paramilitärisch zu nennen. Die eiegntlich zivilen Sportarten, die bei der LOK im Zentrum stehen, kommen bei ihnen nur am Rande vor. Und sie vermitteln ihren Mitgliedern eine stramm nationale Ideologie mit klerikalen und antikommunistischen Einsprengseln. Das führt zu einer gewissen Nähe zu politischen Kräften wie der Kaczynski-Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS). Demgegenüber will die LOK zwar ebenfalls den Patriotismus ihrer Mitglieder stärken, ist insoweit jedoch zurückhaltender und eher um parteipolitische Neutralität bemüht.



An Wehrorganisationen ist ferner die im Jahr 2000 (wieder-) gegründete Akademische Liga (poln.: Legia Akademicka) zu nennen, die sich an mindestens zwei Universitäten um die militärische Schulung ihrer studierenden Mitglieder kümmert. Außerdem darf man die im ganzen Land vertretenen Pfadfinder nicht vergessen, die oft ebenfalls Wehrsport betreiben, bisweilen gemeinsam mit der LOK.

Überhaupt werden alle Schüler im Rahmen des regulären Wehrkundeunterrichtes (poln.: Przysposobienie obronne) mit militärischem Grundwissen vertraut gemacht. Zudem werden seit Jahren an immer mehr Schulen Militärklassen eingerichtet (poln.: klasa wojskowa). Zunehmend wird deren Profil auch auf die anderen „uniformierten Dienste“ wie Polizei und Feuerwehr erweitert (auf Polnisch nennen sich diese dann klasy mundurowe - uniformierte Klassen). (Der Trend zu Kadettenschulen ist übrigens in ganz Osteuropa zu verzeichnen, besonders auch in Rußland.)



Allen Organisationen gemeinsam ist erstens das Prinzip der Freiwilligkeit (niemand muß in ihnen Mitglied werden) und zweitens das Bemühen um eine Stärkung der Landesverteidigung. Im Gegenzug unterstützt das Verteidigungsministerium ihre Aktivitäten auf vielfältige Weise, allerdings nicht mehr so intensiv wie vor 1989.

Besonders hervorzuheben ist die Bildung der Nationalen Reservekräfte (poln.: Narodowe Siły Rezerwowe, vgl. hier und hier). Nachdem 2010 in Polen die Wehrpflicht ausgelaufen ist, ergibt sich nun das Problem, für eine minimale Vorbildung neuer Reservisten für die eigentliche Landesverteidigung zu sorgen. Als Ergänzung zur Berufsarmee wurden die NSR gegründet. Zur Auffüllung dieser Kräfte (die im übrigen als besoldete Teilzeitsoldaten gelten) wurde nicht nur eine breitangelegte Werbekampagne gestartet, in der an den Patriotismus und den soldatischen Sinn der Polen appelliert wird. Die Armee geht insbesondere auf Organisationen wie die LOK und Strzelec, aber auch auf Paintball- und Airsoftgruppen u.ä. zu, um deren Mitglieder zu einem Dienst in der Reserve zu motivieren.



Damit wird an eine Entwicklung angeknüpft, die vor einhundert Jahren begann. Die zahlreichen paramilitärischen Organsiationen in Polen sind wieder zu einer wertvollen Stütze der Landesverteidigung geworden. Ihre Geschichte, die soeben dargestellt wurde, verdeutlicht zudem, daß die „Symbiose aus Sport und Kriegsvorbereitung“ (Henning Borggräfe) nicht nur im „militaristischen“ Deutschland der 1920er und 30er Jahre, sondern in vielen Staaten Europas in der Vergangenheit als erstrebenswert galt und auch heute noch gilt. Der oft unpolitische und von vielen Irrationalismen getragene deutsche Pazifismus mit seiner Ablehnung aller Erscheinungen, die auch nur entfernt mit dem Militär zu tun haben, ist weder der Königsweg (selbst wenn viele Deutsche dies glauben mögen), noch ist er in Europa konsensfähig.



Bibliographie

Alexander, Manfred: Kleine Geschichte Polens, Ditzingen 2003

Böhm, Tadeusz: Od skautingu do Harcerskiego Pogotowia Wojennogo w Wielkopolsce (1912-1945), Poznan 2009

Crato, Fritz: Polen, in: Militärische Schulung der Jugend im Ausland, Süddeutsche Monatshefte Nr. 7 (April 1926), S. 23 ff.

Historia LOK

Historia Powiatowej Organizacji LOK w Opolu Lubelskim

Schulz, Eckart: Besuch bei Anna und Josef, in: Visier 7/1977, S. 3 ff.

Sienkiewicz, Witold: Bojowo i lirycznie - Legiony Pilsudskiego, Warszawa 2010




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Fotos: www.lok.przemysl.pl, www.kskolobrzeg.za.pl, www.zsku.rzeszow.pl, www.nac.gov.pl u.a.