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Samstag, 10. Juli 2010

Ein großer Tag für Anhalt

Am Freitagmorgen, noch während des Frühstücks, haben mich die Nachrichten auf Radio Kultura an das am Abend des 9. Juli 2010 anstehende Großereignis erinnert: In der anhaltischen Kleinstadt Zerbst wurde gestern das deutschlandweit erste Denkmal für Katharina II. enthüllt. Katharina, auch „die Große“ genannt, wurde im Jahre 1729 als Prinzessin Sophie Auguste Friederike von Anhalt-Zerbst-Dornburg in Stettin geboren. In Zerbst lebte sie nur wenige Jahre, bis sie anno 1744 nach Rußland kam, um den Thronfolger Peter III. (welcher ebenfalls deutscher Herkunft war) zu heiraten und später selbst Kaiserin in St. Petersburg zu werden. Sie war, das kann man wohl ohne Übertreibung sagen, das weltgeschichtlich bedeutendste Mitglied der Familie Anhalt und die berühmteste Tochter der Stadt Zerbst.

So nimmt es nicht Wunder, daß man sich dort besonders mit ihr identifiziert. Seit 1992 pflegt ein internationaler Förderverein ihr Erbe und hat auch eine kleine Dauerausstellung eingerichtet. Seit 1995 wurde die Idee eines Katharinendenkmals für Zerbst ventiliert, mit unterschiedlichen Konzepten, Künstlern, Standorten und Finanziers. Schließlich einigte man sich nach langem hin und her auf den Entwurf des Moskauer Bildhauers Michail Perejaslawez. Dieser hat seine Statue der Stadt Zerbst zum Geschenk gemacht.



Gestern konnte das Denkmal eingeweiht werden. (Es war auf den Tag genau 248 Jahre her, daß Katharina II. ihren geistesschwachen Gemahlen mittels eines Staatsstreichs gestürzt und selbst das Ruder übernommen hat.) Bereits um 19 Uhr hatten sich hunderte Gäste in der Zerbster Stadthalle nahe der Schloßruine eingefunden, um dem Festakt beizuwohnen. Darunter waren offenkundig auch viele Russen.
Bürgermeister Helmut Behrendt würdigte das Denkmal als Symbol für die deutsch-russischen Beziehungen. Es sei keine Verherrlichung des von ihr gepflegten Regierungsstils, sondern eine Würdigung der komplexen und keineswegs eindimensionalen Persönlichkeit Katharinas, die sowohl aufgeklärte Monarchin als auch autokratische Herrscherin war.



Als Vertreter der Botschaft der Rußländischen Föderation hat (leider) nur der Gesandte Alexander Petrow erscheinen können. Er entschuldigte das Fehlen des angekündigten Botschafters. Der alte Botschafter Wladimir Kotenjew hat seine Amtsgeschäfte bereits abgegeben, sein Nachfolger Wladimir Grinin befindet sich jedoch erst seit wenigen Tagen in Berlin und konnte sich nicht freimachen.
In seinem Grußwort erinnerte Petrow (der fließend Deutsch spricht) daran, daß Zerbst eine große Bedeutung für die Geschichte Europas hat. Die Zarin Katharina II. habe Rußland zur europäischen Großmacht gemacht und im Innern grundlegend reformiert, insbesondere im Bildungs- und Gesundheitswesen. Die Frucht der Arbeit dieser aufgeklärten Herrscherin sei allerdings erst im frühen 19. Jahrhundert aufgegangen, als russische Kunst und Literatur eine erste Blüte erlebten. (Man denke nur an Puschkin.) Während ihrer Regierungszeit sind viele Deutsche nach Rußland gekommen und haben zu dessen Entwicklung entscheidend beigetragen.
Damit schlug Petrow die Brücke zur Gegenwart: Auch heute biete sein Land für die deutsche Wirtschaft viele Chancen. Schließlich erinnerte er daran, daß Mitte Juli die deutsch-russischen Regierungskonsultationen in Jekaterinburg stattfinden werden – also in einer Stadt, die nach der Zarin benannt worden ist. Neben den offiziellen Veranstaltungen wird es dort auch solche von zivilgesellschaftlichen Organisationen wie dem Petersburger Dialog geben. Die deutsch-russischen Beziehungen haben heute viele Ebenen.



Der sachsen-anhaltische Staatsminister und Chef der Staatskanzlei Rainer Robra begann seine Rede mit der Bemerkung, daß der 9. Juli ein historischer Tag für Zerbst sei. Die große Tochter der Stadt war eine historische Ausnahmeerscheinung und hat ihre Spuren in der Geschichte hinterlassen. Katharina sei eine der ersten Karrierefrauen gewesen; insofern gebe es Ähnlichkeiten mit Angela Merkel, die aus ihren Sympathien für die Zarin auch keinen Hehl mache. In der Geschichte Anhalts habe es viele bemerkenswerte Fürsten gegeben, doch Katharina überrage sie alle. Sie war eine hochgebildete Frau, zugleich Autokratin und Reformerin.
Robra sieht im neuen Denkmal ein Zeugnis der deutsch-russischen Beziehungen; es sei eine Brücke von Zerbst nach St. Petersburg. (Der Petersburger Vorort Puschkin, früher Zarskoje Selo, ist eine Partnerstadt von Zerbst.) Er erinnerte besonders an die große wechselseitige kulturelle Anziehungskraft. Nach einer wechselvollen Geschichte, deren Schatten nicht vergessen werden, sind unsere beiden Staaten nun in die Ära des friedlichen Miteinanders eingetreten, sind Freunde und Partner geworden.



Der Festakt klang mit fünf Musikstücken Peter Tschaikowskijs aus, die von der Anhaltischen Philharmonie in gewohnt hoher Qualität vorgetragen und vom Publikum mit starkem Applaus bedacht wurden.




Gegen 21 Uhr schritt man dann zum Höhepunkt des Abends: der Enthüllung des Denkmals und der anschließenden Weihe durch den russisch-orthodoxen Erzbischof Feofan (Berlin) sowie den evangelisch-landeskirchlichen Propst Siegfried Kasparick (Wittenberg). Dies habe ich im folgenden Video festgehalten (wobei ich um Pardon für die etwas magere Qualität bitte):





Darauf folgten noch eine kurze Ansprache des Bildhauers sowie Dankesworte des Fördervereins an die an der Errichtung des Denkmals beteiligten Personen, wobei die gegenseitigen Freundschaftsbekundungen immer wortreicher und herzlicher wurden. Als Zuschauer habe ich empfunden, daß dies nicht nur hohle Phrasen waren, die man dem Protokoll schuldig war. Und das tat gut, ist doch die Stimmung in der veröffentlichten Meinung bisweilen eine andere.



Zu dem festlichen Anlaß hatten sich, soweit ersichtlich, weit über tausend Bürger der Stadt und andere Gäste eingefunden. Es herrschte (gemäßigte) Volksfestatmosphäre, die durch den anschließenden Auftritt einer russischen Musikgruppe noch verstärkt wurde. Den Abschluß der gelungenen und angemessenen Feierlichkeiten bildete ein Feuerwerk am späten Abend.




Die starke Medienpräsenz hat mich erstaunt, immerhin ist Zerbst nur eine kleine Provinzstadt. Trotzdem waren allein während des Festaktes sieben Kamerateams im Saal. (Es wäre schön, wenn die deutschen Journalisten lernen würden, sich dem Anlaß angemessen zu kleiden.) In Rußland war das Denkmal ein nationales Ereignis. Ich kam zufällig neben dem Team des Fernsehsenders NTW zu sitzen und später zu stehen worden (danke für die Benutzung des Stativs! ;-)), weshalb ich beispielhaft deren Bericht hier wiedergeben möchte:






Abschließend zum Denkmal selbst: Die 4,70 m hohe Skulptur steht im Zerbster Schloßgarten, unmittelbar vor dem Haupteingang der ehemaligen Reithalle, die heute als Stadthalle dient. Ein deutscher Reporter hat sich über den historistischen Stil des Künstlers mokiert. Meinen Geschmack trifft es hingegen voll und ganz – genau so muß ein würdiges Herrscherdenkmal aussehen. Und nach all den Verirrungen der modernen Kunst tut die Betrachtung einer so gediegenen Arbeit richtig gut. :-) Wer mag, kann auch Vergleiche mit dem Katherinendenkmal im Herzen Petersburgs anstellen.









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Sonntag, 9. Mai 2010

Sonderausstellung in Dessau-Roßlau


Der Förderverein für ein Militärhistorisches Museum Anhalt (der sich im vergangenen Jahr heftigen Anfeindungen ausgesetzt sah) führt anläßlich des 65. Jahrestages der Beendigung des Zweiten Weltkrieges eine Sonderausstellung durch. Sie ist nicht groß - was angesichts des kleinen Vereins auch nicht zu erwarten gewesen wäre -, doch wird das Kriegsende hier in der Region Anhalt gut dargestellt - mit allem, was dazugehört (Dokumente, Uniformen, Waffen etc.). Armee Wenck, der Vorstoß der US-Truppen von Westen und jener der sowjetischen von Osten usw. Wer hier in der Nähe wohnt, sollte sich die Ausstellung, die noch bis zum 16. Mai zu sehen ist, einmal anschauen und auch die ansonsten vorbildliche Arbeit des Vereins würdigen. Für den 13.05. ist eine große Fahrzeug- und Technikschau geplant. Gestern hatte der Verein bereits Kranzniederlegungen auf den hiesigen deutschen und sowjetischen Soldatenfriedhöfen organisiert.



Öffnungszeiten:
08.05 und 09.05.2010 - von 10:00 Uhr bis 18:00 Uhr
10.05. bis 12.05.2010 - von 14:00 Uhr bis 18:00 Uhr
13.05.2010 - von 10:00 Uhr bis 18:00 Uhr
14.05.2010 - von 14:00 Uhr bis 18:00 Uhr
15.05.2010 - von 10:00 Uhr bis 00:00 Uhr (lange Nacht der Museen)
16.05.2010 - von 10:00 Uhr bis 18:00 Uhr (Internationaler Museumstag).



Anschrift: Militärhistorisches Museum Anhalt, Am Finkenherd 1, 06862 Dessau-Roßlau, Ortsteil Roßlau.



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Mittwoch, 1. Juli 2009

Hetzjagd auf WK-II-Reenactors

Eine Provinzposse sondergleichen spielt sich gerade in Sachsen-Anhalt ab. Sie führt erstens vor Augen, wie verkrampft der Umgang mit der deutschen Militärgeschichte hierzulande immer noch ist. Ferner zeigt sich auch hier die "freie" Presse von ihrer häßlichsten Seite: Erst wird ein "Skandal" herbeigeredet und -geschrieben, über den man dann später "berichten" kann. Die ganze Angelegenheit offenbart, daß sich deutsche Journalisten in den Mainstreammedien ihre Arbeit kaum noch anders vorstellen können als in der Form von Kampagnenführung (gegen Raucher, gegen "Klimasünder", gegen den Papst, gegen die Legalwaffenbesitzer, gegen ein paar harmlose Uniformsammler usw.), wobei es am Ende ein Opfer geben muß: Entweder jemand tritt zurück, oder wird ausgeschlossen, oder wird von einem Gericht verurteilt oder, falls all das nicht hilft, muß eben ein Gesetz geändert werden. Sachorientierter, kritischer und distanzierter Qualitätsjournalismus bleibt dabei auf der Strecke.

Zum Hintergrund: Auf dem Sachsen-Anhalt-Tag 2009 in Thale hat der Förderverein für das Militärhistorische Museum Anhalt aus Dessau-Roßlau (über den ich hier schon einmal berichtet hatte) anläßlich des Kriegsendes 1945 ein paar seiner Mitglieder in zeitgenössischer Uniformierung auftreten lassen, wobei neben den amerikanischen und sowjetischen Streitkräften auch die deutsche Wehrmacht dargestellt worden ist. Ausschließlich an letzterem hat sich dann die Kritik entzündet, wobei sich ein gewisser Alexander Schierholz von der Mitteldeutschen Zeitung als Einpeitscher hervorgetan hat. Nachfolgend eine Dokumentation.

Die erste Meldung vom 17. Juni liest sich noch nüchtern und sachlich. Doch am 18. Juni geht es los:
"Am Tag nach der ersten Aufregung ist vor allem eine Frage offen: Wie konnte es passieren, dass beim Sachsen-Anhalt-Tag in Thale Mitglieder eines Militärtraditionsvereins aus Dessau-Roßlau in Uniformen der Wehrmacht und der Waffen-SS auftreten - und scheinbar niemand etwas davon mitbekommt?

"Spätestens vor Ort hätte auffallen müssen, dass da Leute in Nazi-Uniformen rumlaufen", kritisiert Wulf Gallert, Fraktionschef der Linken im Landtag. Wie es dazu kommen konnte, das müsse die Staatskanzlei als Veranstalter jetzt klären, fordert Gallert.

[...]"
Neben der Linkspartei springen jetzt auch andere Landespolitiker auf den Zug auf. Und das Potsdamer MGFA freut sich darüber, der ungeliebten Konkurrenz von Hobbyhistorikern und Reenactors eins auswischen zu können:
"[...]

Zu den Uniformen selbst sagte Regierungssprecherin Monika Zimmermann, sie sehe darin kein Problem. "Das ist ein historisches Bild gewesen." Innenminister Holger Hövelmann (SPD) nannte eine solche Traditionspflege dagegen geschmacklos: "Mit derartiger Scheinobjektivität ist die Aufklärung über die Schrecken von Krieg und Völkermord sicher nicht möglich." Die SPD-Fraktionsvorsitzende Katrin Budde kritisierte, es werde "ein falscher Anschein von Normalität erweckt".

Kritik an dem Vereins-Auftritt in Thale übte auch das Militärgeschichtliche Forschungsamt Potsdam. Bei der Waffen-SS habe es sich um eine "verbrecherische Organisation" gehandelt, sagte Professor Rolf-Dieter Müller. Deren Uniformen während eines Landesfestes zur Schau zur stellen, sei "bedenklich und überflüssig". Der Argumentation des Vereines, es handele sich dabei um die Darstellung des Kriegsendes in der Region, sah Müller kritisch. "Dann hätten die Angehörigen von Wehrmacht und SS nicht in Siegerposen herumlaufen dürfen." Wenn die Organisatoren bei den Akteuren unsicher gewesen wären, hätten sie diesen Teil nicht in den Festumzug integrieren sollen."
Am gleichen Tag wird von Schierholz dann auch offen der Vorwurf der (in Deutschland strafbewehrten!) Verharmlosung des Nationalsozialismus erhoben:
"[...]

Weltoffenes und tolerantes Sachsen-Anhalt? Aber ja! Sachsen-Anhalt ist so tolerant, dass dort sogar Militärfans in Uniformen von Wehrmacht und Waffen-SS über das Landesfest marschieren dürfen. So am vorigen Wochenende in Thale. Ach so, die SS-Runen waren abgeklebt. Na, dann ist ja alles in Ordnung!

Sachsen-Anhalt ist auch das Land, das gemessen an der Einwohnerzahl bundesweit den traurigen Spitzenplatz bei rechtsextremer Gewalt einnimmt. Überfälle, die nicht selten von Tätern begangen werden, deren Gesinnung auf der nationalsozialistischen Ideologie basiert. Täter, die Wehrmacht und SS verherrlichen.

Gibt es da einen Zusammenhang? Leider ja. Nur scheint der vielen Leuten bisher nicht aufgefallen zu sein. Sie fanden, das ist erschreckend, die Vorgänge von Thale zunächst offenbar ganz normal - die Veranstalter, die den Verein aus Dessau-Roßlau zugelassen haben. Der dortige Oberbürgermeister, der sich fragen lassen muss, ob er nicht weiß, was sein eigener Verein tut. Und viele Festbesucher.

Das heißt nun nicht, dass die Dessauer Armeefreunde Neonazis wären. Dafür gibt es keine Belege, man muss ihnen noch nicht einmal Lust an der Provokation unterstellen. Schlichte Gedankenlosigkeit ist schlimm genug. Auftritte wie der in Thale sind dumm und verharmlosend, erst recht in einem Land, das solche massiven Probleme mit Rechtsextremismus hat.

[...]

Rätselhaft bleibt derweil, welches Geschichtsbild da eigentlich vermittelt werden soll. Dabei sollte klar sein: Der Nationalsozialismus eignet sich nicht für Folklore. Es spricht nichts dagegen, Militärgeschichte darzustellen, dabei darf auch das Dritte Reich nicht ausgespart werden. Aber bitte im Museum, wo Vorgänge eingeordnet und historische Zusammenhänge hergestellt werden können. Ein Volksfest ist dafür der falsche Ort."
Es kommt, wie es kommen muß. Zwar hat der Auftritt des Vereins - wie jetzt bestätigt wurde (und was man auch vorher hätte wissen können) - keinen Straftatbestand erfüllt, aber Polizei und Staatsanwaltschaft beugen sich dem Druck von Medien und Politik und leiten erstmal Ermittlungen ein. Unterdessen gerät der Dessau-Roßlauer Oberbürgermeister Klemens Koschig immer stärker unter Druck. Man fordert, er solle aus dem Verein austreten. Koschig, der nicht nur Politiker ist, sondern sich auch als Regionalhistoriker einen Namen gemacht hat, weiß nicht recht, wie er reagieren soll. So distanziert er sich vorerst vom Verein und hofft auf personelle Konsequenzen.

Unterdessen hat die einseitige Berichterstattung die ersten Folgen in Form von Leserbriefen an die MZ gezeitigt. Dort heißt es etwa:
"[...]

Bei allem Respekt vor der Militärhistorie und vor dem Hobby anderer Leute - Soldaten des schlimmsten Regimes, das Deutschland je hervorbrachte, gehören nicht in dieser Form, unter voller Bewaffnung und in Siegerpose in einen Festumzug. Bei einigem Feingefühl hätte man die Wehrmachts- und SS-Soldaten entwaffnet durch die auf dem Bild dahinter befindlichen Amerikaner abführen lassen. So hätte der Verein seinen Fundus präsentieren können, ohne sich einem unrühmlichen Ruch auszusetzen.

[...]"
Und das ist noch einer der sachlicheren Kommentare.

Meine eigene Einschätzung der Causa: Der Förderverein ist klein und sehr engagiert bei der Darstellung der regionalen Militärgeschichte, wobei die NVA einen Schwerpunkt bildet. Soweit ich einzelne seiner Mitglieder kenne, kann man keineswegs von einer wie auch immer gearteten "Verharmlosung" der NS-Zeit sprechen. Im Gegenteil, in schriftlichen und mündlichen Äußerungen zeigt sich, daß viele dort m.E. ziemlich "linksdrehend" sind und an einem noch von der DDR-Historiographie geprägten Geschichtsbild und entsprechenden Begriffen festhalten. Es ist somit schlicht unverschämt, den Verein und seine Mitglieder in die Nähe von Neonazis zu rücken.

Vielsagend ist, daß nur die Darstellung deutscher Soldaten aus dem Zweiten Weltkrieg kritisiert wurde, nicht jedoch die amerikanischer und sowjetischer Truppen! Die bloße Präsentation deutscher Uniformen ist für viele Zeitgenossen offenbar unerträglich und verdammungswürdig, wenn nicht Guido Knopp & Co. ihren Senf dazugeben. Fast so, als könne man aus der komplexen deutschen Geschichte entfliehen, wenn man sie nur konsequent genug ignoriert.

Fraglich ist, welche längerfristigen Konsequenzen dieser "Skandal" haben wird. Es war in den letzten Jahren glücklicherweise möglich, daß sich die - auch hobbymäßige - Beschäftigung mit Militärgeschichte vom negativen Ruch der Verherrlichung einer bestimmten Ideologie befreien konnte. Auch in Deutschland konnten zunehmend Reenactments und Militärfahrzeugtreffen durchgeführt werden. Droht hier jetzt ein "roll back"? Wird diese Normalität wieder zurückweichen? Müssen deutsche Uniformgruppen künftig wieder ins Ausland - etwa nach Frankreich, England, Belgien, Polen, Rußland oder in die USA - ausweichen, wo man überhaupt kein Problem mit ihren Uniformen hat? Wohlgemerkt: Diese Staaten waren von 1939 bis 1945 unsere Gegner!


PS: Hierdurch wurde allerdings meine Entscheidung, keine deutsche Militaria zu sammeln, bestätigt. Viel zu stressig.


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