Donnerstag, 27. März 2014

Kämpfe zwischen den Putschisten

Aus der Ukraine kommen gute Nachrichten: Dieser Tage sind - wie hier im Tauroggen-Blog schon vor Wochen prognostiziert - zwischen verschiedenen Fraktionen der Putschisten offene Kämpfe ausgebrochen. Auslöser war die Tötung von Alexander Musytschko alias "Saschko Bilyj" in der Nacht zum Dienstag. Der Mann war Koordinator des Rechten Sektors in der Westukraine und hatte sich während der letzten Wochen als "Warlord" von Rowno etabliert. Dort hatte er Schutzgelder erpreßt, Abgeordnete bedroht und Staatsanwälte geschlagen (dafür wurde er in diesem Blog mehrfach erwähnt).

Ausgeführt hat die Operation im Auftrag des Innenministers Awakow eine Spezialeinheit des Innenministeriums, die sich wie in Feindesland bewegt hat: Ohne vorherige Abstimmung mit örtlichen Beamten wurde zugeschlagen. Offenbar war Musytschko zu einer zu großen Belastung geworden. Die Putschisten wissen die westlichen Medien auf ihrer Seite, doch Musytschkos auf Video festgehaltene Exzesse drohten das auch hier in Deutschland vermittelte Bild von der "demokratischen Revolution", die nur vom pösen russischen Bären gestört wird, ad absurdum zu führen. Folglich mußte er beseitigt werden.


Musytschko ahnte, was ihm drohte. Schon Tage vor seinem Tod hatte er sich per Video an die Öffentlichkeit gewandt und gesagt, der Innenminister trachte ihm nach dem Leben. So war es dann auch.

Zugleich wurde gegen andere Mitglieder des Rechten Sektor vorgegangen; in Poltawa wurde ein halbes Dutzend von ihnen inhaftiert. Auch gehen Gerüchte um, der SBU plane die Ermordung von Dmitro Jarosch, dem Chef des Sektors. Aufgrund der langjährigen Beziehungen von Jarosch zum jetzigen SBU-Direktor Naliwajtschenko erscheint diese These jedoch zweifelhaft. Doch ein Risiko stellt er für die Junta allemal dar.

Um die Lage noch weiter zu verkomplizieren, wurde auch noch der Stab der neugeschaffenen Nationalgarde von Polizisten durchsucht. Das Personal der Nationalgarde rekrutiert sich vor allem aus der "Selbstverteidigung des Maidan". Sie sollte eigentlich eine Art Gegengewicht zum Rechten Sektor bilden, der sich der Garde gegenüber wenig aufgeschlossen zeigte. Doch war und ist die "Selbstverteidigung des Maidan" weitaus heterogener als der Rechte Sektor.

Hinzu kommen dann noch Äußerungen von Spitzenpolitikern der Junta: Awakow hat die Maidan-Kämpfer (zutreffend) als "Banditen" tituliert und ihre Entwaffnung gefordert, dabei jedoch vergessen, daß ihn ebendiese Banditen im Februar erst ins Amt gebracht haben. Julia Timoschenko hat die Maidan-Bewohner ebenfalls beschimpft und gefordert, in der Stadt Kiew müsse endlich Ordnung geschaffen werden. Die Zeltstadt im Zentrum müsse verschwinden.

Da die Finanzierung des Zeltlagers offenbar eingestellt oder stark zurückgefahren wurde, wurden jetzt auf dem "Euromaidan" Beete angelegt. Außerdem werden dort - das ist kein Scherz! - Schweine gehalten. Viele Bewohner des Maidan und insbesondere die Kämpfer der diversen Banden wollen sich den neuen Verhältnissen jedoch nicht fügen. Sie fordern eine "nationale Revolution" und keine Restauration der alten Verhältnisse.

Für Jazenjuk, Timoschenko & Co. sind diese Menschen, die in den deutschen Medien seit Monaten als "das ukrainische Volk" tituliert werden, mittlerweile zu einer Belastung geworden, die es schnellstmöglich loszuwerden gilt. Der Pöbel hat seine Schuldigkeit getan, der Pöbel möge nach Hause gehen und die alt-neuen Eliten (inklusive Oligarchen) nicht beim Regieren stören. Heute hat Timoschenko alle Präsidentschaftskandidaten aufgefordert, auf einen Wahlkampf zu verzichten. D.h. es soll - nach dem Willen der Junta und ihrer ausländischen Förderer - ab dem 25. Mai alles auf eine Timoschenko-Diktatur hinauslaufen.

Doch darauf läßt sich der Pöbel nicht ein. Der Rechte Sektor fordert den Rücktritt des Innenministers und die Auflösung der Polizei-Spezialkräfte. Heute hatte er aus dem ganzen Land Kräfte nach Kiew beordert und am Abend gab es einen ersten Sturm auf das Gebäude der Obersten Rada in Kiew (siehe das folgende Video). Am Freitag soll es weitergehen.


Die Revolution beginnt, ihre Kinder zu fressen. Wie dieser Machtkampf ausgehen wird, ist völlig unklar. Vor allem, weil niemand weiß, auf welche Machtmittel sich die sog. Regierung tatsächlich stützen kann. Einige hundert loyale Polizisten und Geheimdienstler, ergänzt durch ebenfalls einige hundert Söldner von privaten Militärfirmen (deren Einsatz mittlerweile bestätigt wurde) können wohl kaum die nach tausenden zählenden Banden des Rechten Sektors niederwerfen - es sei denn, es wird rücksichtslos von der Schußwaffe Gebrauch gemacht. Zudem besteht die Möglichkeit, daß sich Teile der "Selbstverteidigung des Maidan" und der Nationalgarde ebenfalls gegen die Junta stellen, was die Zahlenverhältnisse weiter verschiebt.

Bereits letzte Woche hatten in Kiew erneut Autoreifen gebrannt und es gibt gute Chancen, daß die Hauptstadt bald wieder im Chaos versinkt. In Saporoshje haben Kämpfer des Sektors vor einigen Tagen jedenfalls zwei Stahlwerke besetzt. Und der Automaidan demonstriert vor Jazenjuks Villa (die übrigens nur wenige hundert Meter vom ehemaligen Anwesen Janukowitschs entfernt ist). Außerdem ist der erst kürzlich ernannte Verteidigungsminister in Ungnade gefallen und wurde dieser Tage durch einen anderen ersetzt. Tolle Aussichten.

Fiasko der deutschen Ukraine-Politik

Vitalij Klitschko, auf den unsere Bundesregierung so große Hoffnungen gesetzt hatte, ist jetzt zur endgültigen Lachnummer geworden. Er hatte ein Mißtrauensvotum gegen den "Präsidenten" Tutschinow angestrengt und sich damit selbst ins Abseits geschossen. Nur zwei Abgeordnete stimmten für seinen Antrag - also nicht einmal alle Abgeordneten seiner eigenen Partei. Damit dürften Klitschkos Chancen, einmal Präsident zu werden, dahin sein. Er eignet sich vielleicht als Bierzeltredner, aber nicht als Staatsmann. Es gibt zwar Gerüchte, Klitschko plane zusammen mit dem Oligarchen Poroschko einen Gegenschlag. Doch selbst wenn dem so sein sollte, dürften seine Erfolgsaussichten nicht allzu groß sein.

Damit haben in Kiew endgültig die Amerikaner das Sagen; die EU und ihre Mitgliedsstaaten können nur noch hoffen, daß Washington ihnen vielleicht im einen oder anderen Punkt entgegenkommt.

Am letzten Wochenende war Außenminister Steinmeier nach Donezk gereist, um sich mit dem Oligarchen Taruta, den die Junta zum Gouverneur ernannt hat, zu beraten. Dabei hat sich Steinmeier als glatter Lügner erwiesen: Obwohl in der Stadt seit Wochen Großdemonstrationen gegen die Putschisten und für den Anschluß an Rußland stattfinden (der Tauroggen-Blog hat darüber berichtet), verstieg sich der Minister zu der Behauptung, die Menschen im Donbass wären für die Einheit der Ukraine und gegen ein Szenario wie auf der Krim.

Doch in Wirklichkeit ist das Gegenteil ist der Fall. Überall werden Referenden nach dem Vorbild der Krim gefordert. Im Donbass war man schon soweit, daß eine Abstimmung vom Regionalparlament organisiert werden sollte. Doch nach massivem Druck der Junta, zu deren Unterstützung Steinmeier angereist war, wurde die Volksabstimmung wieder abgesagt. 

Im folgenden Video aus Donezk kann man sehen, wie es dort wirklich zugeht, also außerhalb von Steinmeiers Traumwelt:


Auch in anderen Städten der Südostukraine gab es am letzten Wochenende erneut Kundgebungen gegen die Junta, so u.a. in Nikolajew, Charkow (vgl. hier, hier, hier und hier), Odessa (vgl. hier und hier), Lugansk, Dnepropetrowsk, Saporoshje und Melitopol.

Mit ihrer Absage an regionale Volksabstimmungen über die Zukunft der Ukraine hat die Bundesregierung nicht die von ihr gewünschte Einheit des ukrainischen Staates gerettet, denn dieser ist de facto bereits zerfallen. In Donezk sprechen sich laut Umfragen 83 % der Bürger für eine Wiedervereinigung mit Rußland aus und in Lugansk wurden für dasselbe Ziel schon über 100.000 Unterschriften gesammelt. An diesem Meinungsbild hat sich seit 1994 nichts geändert. Die Kiewer Junta könnte ihren Herrschaftsanspruch folglich nur noch mittels massiver Menschenrechtsverletzungen durchsetzen.
Berlin hat lediglich erreicht, daß der bereits seit dem Putsch vor fünf Wochen im Gange befindliche Teilungsprozeß jetzt nicht mehr demokratisch und einigermaßen friedlich und zivilisiert - also so, wie auf der Krim und in Sewastopol - ablaufen kann. Aber aufhalten kann selbst Steinmeier diesen Prozeß nicht. Sollte er das gedacht haben, so hätte er sich selbst maßlos überschätzt. Geanu so, wie die Bedeutung und die Fähigkeiten Klitschkos in Berlin offenbar völlig falsch eingeschätzt worden waren.


Verwandte Beiträge:
Die zivilisatorische Wahl wurde getroffen
Wird der Bürgerkrieg zum großen Krieg?
Die Krim ist sicher, jetzt geht es um die Ostukraine
Ukraine: Banditentum statt Demokratie
Dieses Wochenende wird entscheidend
Die "friedlichen Demonstranten" von Kiew
Die Ukraine brennt und zerfällt
Das Neueste aus Kiew und anderen EU-Kolonien
Der Putsch geht in eine neue Phase
EU zeigt in Kiew ihr totalitäres Gesicht
Geschichte, Geopolitik und westukrainische Genozidphantasien
Die Ostukraine wehrt und behauptet sich
Klitschko heizt Krise an, Ostukraine steht auf
Tatsächliche Spaltung der Ukraine
Ukrainisches Volk und fremde Agenten
Die Ukraine als Kolonie
Bürgerkrieg in Kiew

Freitag, 21. März 2014

Die zivilisatorische Wahl wurde getroffen

"Was? Amerika, Europa ...
Ich gehe nach Hause !!! Und ihr seid alle im ..."

Erinnern Sie sich noch, wie die EU vor wenigen Monaten davon sprach, daß die Ukraine vor einer zivilisatorschen Wahl stehe? Dabei hielt sich der Brüsseler Moloch in seiner Selbstgerechtigkeit für die zivilisiertere Option. Doch zwei Millionen Einwohner der Ukraine haben sich am Sonntag anders entschieden: Für die Rückkehr nach Rußland, mit dem sie historisch, kulturell und religiös weitaus mehr verbindet als mit den Eurokraten. Deren leeren Versprechungen stehen die konkreten Zusagen Moskaus für die Krim gegenüber. Angesichts dessen kann es nicht verwundern, daß sich eine solche überwältigende Mehrheit so entschieden hat. Dies muß von den Eurokraten als herbe Niederlage empfunden werden, glauben sie doch, die EU sei unschlagbar und besitze eine weltweite Ausstrahlung.

Da die deutschen Medien so tun, als ginge in Kiew und den anderen Teilen des Landes, die sich den Putschisten schon unterworfen haben, alles seinen normalen Gang, werden an dieser Stelle wieder einige Nachrichten aus der "jungen ukrainischen Demokratie" gebracht.

Das Leben im Machtbereich der Putschisten

Am 13. März haben 38 Kämpfer der "Selbstverteidigung des Maidan", mit Pistolen und Kalaschnikows bewaffnet, eine Bank in Kiew überfallen und verwüstet. Da es dort zur Zeit keine reguläre Polizei gibt, wurden schließlich Personenschutzkräfte der Sondereinheit "Titan" dorthin beordert. Sie konnten die Täter festnehmen. Diese wurden jedoch später wieder aus der Haft entlassen, weil sie sich "Verdienste" um den Maidan erworben haben und zudem der neuen Nationalgarde beitreten wollen. Andernorts werden im Namen der Revolution Tankstellen ausgeraubt.

Doch es geht auch organisierter: Sowohl die Selbstverteidigung des Maidan als auch der Rechte Sektor bieten mittlerweile Bewachungsleistungen für Unternehmen an. Kosten: zwischen 10.000 und 25.000 US-Dollar. Andernorts nennt man so etwas Schutzgelderpressung. Dabei kommt es auch zu eigentümlichen Konkurrenzsituationen. Es gab schon Schußwechsel zwischen Kämpfern der verschiedenen Fraktionen oder, noch schlimmer, Vertreter der einen überfallen ein Geschäft, welches schon unter dem Schutz der anderen steht. Dann brechen Staatskrisen aus, die fast schon an den Grundfesten der Kiewer Junta rütteln. Was derzeit in Kiew stattfindet, kann man in diesem Video sehr schön sehen.


Das obige Video zeigt die Erstürmung der Schnapsfabrik Nemiroff im Gebiet Winniza durch revolutionäre Banditen. Schließlich will man sich als Freiheitskämpfer ja auch mal etwas gönnen. ;-)

Zu diplomatischen Verwicklungen führte der Diebstahl von 50 kasachischen LKWs durch Maidan-Kämpfer. Die Fahrzeuge sollen ebenfalls der Nationalgarde zugeführt werden. Hilfe von der eingeschüchterten ukrainischen Justiz ist nicht zu erwarten. Die noch amtierenden Richter unterschreiben alles, was ihnen die Junta abverlangt. Zur Zeit werden übrigens neue Richter für das Verfassungsgericht gesucht (die bisherigen Richter waren sofort nach der Revolution entlassen worden). Wichtiger als die juristische Qualifikation der Kandidaten ist deren Verankerung im "Maidan".


Jetzt wieder ein kurzer Blick in die Staatsorgane der neuen Ukraine. Obiges Video zeigt einen Auftritt des Rechten Sektors in Poltava. Dort werden Amsträger geschlagen, weil ihre Nase den Neonazis nicht paßt. Tolle Demokratie. 
In Winniza wurde die Chefärztin des örtlichen Kinderkrankenhauses nach dem Urteil eines sog. "Volksgerichts" entlassen, weil sie Mitglied der Partei der Regionen ist. Die ärztliche Kunst kann also noch so gut sein, entscheidend ist das Parteibuch - wie in einer Diktatur.

Doch die im Land umherstreifenden Banden sind auch nicht mit allen Entscheidungen jener Personen, die in den Medien als "ukrainische Regierung" tituliert werden, einverstanden. Am Montag haben sie den neuernannten Gouverneur des Gebietes Tschernowizkij zum Rücktritt gezwungen. Und in Kiew brannten dieser Tage schon wieder Barrikaden und Autoreifen. Damit sollte gegen die "Untätigkeit" der "Regierung" protestiert werden. Außerdem weigern sich die Bewohner des "Euromaidan", die Barrikaden und die Zeltstadt zu räumen (ein Video davon ist hier zu finden). Mithin ist die Fortsetzung der "nationalen Revolution" nur noch eine Frage der Zeit.

Welche panische Stimmung in Kiew herrscht, läßt sich auch an den verrückten Gesetzesinitiativen ermessen, welche dort zur Zeit diskutiert werden. Eine Fraktion der Putschisten, vertreten durch den Sicherheits- und Verteidigungsrat, will eine Visumspflicht für Staatsbürger der RF einführen. "Premierminister" Jazenjuk hat dem jedoch widersprochen, denn sonst müßten auch die drei Millionen Ukrainer, die in Rußland arbeiten und so ihre Familien zuhause ernähren, mit Verschärfungen ihrer Aufenthaltsbestimmungen rechnen. Darauf hat der Verteidigungsrat gekontert, daß außerdem auch Ausreisevisa für Ukrainer eingeführt werden sollten. (Eine solche Maßnahme wäre jedoch völkerrechtswidrig, denn nach Art. 12 II IPbpR steht es jedermann frei, jedes Land einschließlich seines eigenen zu verlassen.) Der Konflikt zwischen den beiden Gremien soll demnächst vom Pöbel auf dem Maidan entschieden werden.

Ähnlich bizarr ist der Plan, den Besuch der nun zur RF gehörenden Krim, etwa für Urlaubsreisen, mit bis zu neun Jahren Haft zu ahnden. Auf "Kollaboration" sollen sogar 15 Jahre Gefängnis stehen. Unter dem Begriff Kollaborateur versteht die Junta jene ehemals ukrainischen Bürger, die am 16. März auf der Krim von ihrem völkerrechtlich verbürgten Selbstbestimmungsrecht Gebrauch gemacht haben. Die Putschisten sind wirklich erbarmungslos. Daher verwundert es nicht, wenn einige Abgeordnete die Todesstrafe für "separatistische" Demonstranten einführen wollen (was ebenfalls völkerrechtswidrig wäre).

Die Pläne zeigen, worum es den Putschisten und ihren ausländischen Sponsoren wirklich geht. Die historisch, kulturell, wirtschaftlich und besonders auch familiär auf das engste miteinander verbundenen Bürger der Ukraine und Rußlands sollen künstlich voneinander getrennt werden. Die engen Bindungen sollen in Haß und Feindschaft zwischen den Völkern umgewandelt werden. Damit wäre die Ukraine der ideale Vorposten des amerikanischen Imperiums zur Zerschlagung Rußlands. In diesem Kalkül spielen Menschenrechte keine Rolle.
Nur so wird auch verständlich, warum die Junta die Grenzen zu Rußland und Transnistrien mittlerweile vollständig geschlossen hat. (Insofern ist bemerkenswert, daß kürzlich eine Schmugglerbande zerschlagen werden konnte, welche von der EU über die Ukraine Waffen in den Nordkaukasus verbracht hatte.) 

In Anbetracht dieser Ereignisse nimmt sich die Meldung, wonach es in Kiew keine Feiern mehr anläßlich des Kriegsendes am 9. Mai geben soll, gering aus. Bereits letzte Woche wurde in Cherson nicht mehr der Befreiung von den deutschen Besatzern vor 70 Jahren gedacht. So versuchen die westukrainischen Nationalisten, ihr Geschichtsbild im ganzen Land durchzusetzen. 


Repression gegen Journalisten

Obiges Video zeigt sehr schön, wie die "Demokraten" in Kiew zur Zeit mit der Pressefreiheit umgehen: Am Abend des 18. März haben Rada-Abgeordnete der Partei Swoboda den Chef des Ersten nationalen TV-Kanals in seinem Büro überfallen und mißhandelt, weil der Sender einen Bericht aus Moskau gebracht hatte.

Bereits am Wochenende hatten 300 Maidan-Kämpfer den Fernsehsender Inter besetzt und den Rücktritt der Leitung sowie eine Entschuldigung gegenüber "dem ukrainischen Volk" gefordert. Auch andere Journalisten werden von den Vertretern der Putschisten eingeschüchtert und zur Flucht ins Ausland genötigt, manche sogar verhaftet und an unbekannte Orte verbracht. Die Wochenzeitung "2000" mußte ihr Erscheinen einstellen. Die Gleichschaltung der ukrainischen Medien funktioniert ebenso auf der regionalen und lokalen Ebene. Hinzu kommen Hackerangriffe auf die Webseiten von russischsprachigen Medien sowie Staatsorganen der RF (betroffen war z.B. die Zentralbank).


Odessa am 16. März: Demonstration gegen die Putschisten.

Südostukraine: Offener Terror als offizielle Politik

Die Bevölkerung der Südostukraine hatte auch am vergangenen Wochenende wieder an verschiedenen Orten zehntausende Demonstranten aufgeboten, um gegen das Kiewer Regime zu demonstrieren, z.B. in Donezk (vgl. hier und hier), Lugansk, Charkow, Denpropetrowsk, Saporoshje, Nikolajew, Mariupol und Odessa. Mancherorts kam es auch zu kurzzeitigen Gebäudebesetzungen. 

Dabei wurden z.T. örtliche Abstimmungen durchgeführt oder zumindest gefordert, in denen es nicht um eine Abspaltung dieser Regionen von der Ukraine, sondern um eine Föderalisierung des Staatsaufbaus geht. Zur staatsrechtlichen Föderalisierung soll eine finanzielle treten, ergänzt durch eine kulturelle Autonmie der Regionen. Dieser Ansatz erscheint auch dem Verfasser als einzig möglicher Weg, den ukrainischen Staat noch irgendwie zu retten. Doch darauf will sich die Junta nicht einlassen. Statt dessen spricht sie von "Separatismus" und verfolgt die Wortführer der Opposition mit eiserner Hand.

Da sind zum einen die gezielten Verhaftungen in vielen Orten. So etwa der "Volksgouverneur" von Lugansk Charitonow und einige seiner Mitstreiter, Andrej Purgin in Donezk oder Anton Dawidtschenko, Chef der Volksalternative in Odessa, der bei seiner Festnahme angeschossen wurde. Was mit diesen Leuten passiert, läßt sich am Schicksal des Donezker Volksgouverneurs ermessen, den der Innenminister der Putschisten persönlich gefoltert hat.

Dazu kommen Repressionen gegen Teilnehmer von Kundgebungen gegen die Junta. Das sind einerseits Massenverhaftungen und körperliche Gewalt gegen Andersdenkende wie z.B. in Dnepropetrowsk, Donezk und Odessa.

In Charkow gab es einen besonders brutalen Zwischenfall. Ein Sturmkommando der Nationalisten war am Abend des 14. März rund um eine Demonstration gefahren und hatte wahllos in die Menschenmenge geschossen und dabei mehre Personen verletzt. Danach verschanzten sie sich im örtlichen Büro des Rechten Sektors, nahmen drei Geiseln und schossen weiter auf die Straße. Dabei haben die "Freiheitskämpfer" zwei Charkower Bürger ermordet und weitere verletzt (insgesamt gab es fünf Verletzte). Schließlich konnten sie von herbeigeeilten Vertretern der Putschisten zur Aufgabe überredet werden (siehe auch dieses Video).
Mittlerweile sind die Festgenommenen, bei denen man ein umfangreiches Waffenarsenal gefunden hat, wieder auf freiem Fuß. Ob sie jemals vor Gericht gestellt werden, ist zweifelhaft. Der Freilassung war eine Drohung des Rechten Sektors vorausgegangen, man werde seine Genossen zur Not selbst befreien.

Andererseits gibt es eher subtile Drohungen örtlicher Machthaber, daß Demonstranten bestraft würden. In Donezk wird Studenten sogar mit dem Verweis von der Hochschule gedroht, sollten sie gegen die Putschisten demonstrieren. Oder manche Geschäftsleute bekommen plötzlich "Schwierigkeiten". Wie war das doch gleich mit den "europäischen Werten", der "Demonstrationsfreiheit" und der "Meinungsfreiheit"? Wo sind unsere Medien, die aufgeregt darüber berichten, daß die heiligen Menschenrechte im wahrsten Sinne des Wortes mit Füßen getreten werden?



Und drittens der allgemeine Terror der westukrainischen Nationalisten gegen die russischsprachige Bevölkerung. Diesen kann man sich beispielhaft im obigen Video anschauen. Eine Bande des Rechten Sektors zieht durch Dnepropetrowsk und schlägt Bürger zusammen. Dergleichen passiert zur Zeit in der Ukraine hundertfach.

Sogar im Internet und den sozialen Netzwerken wird nach "Separatisten" gefahndet. Die ersten Festnahmen von Leuten, die online die falsche Meinung kundgetan haben, gab es schon. Auch Automobilisten, die an ihrem Fahrzeug das Georgsband angebracht haben, werden von den Schergen der Junta belangt.

Das sind keine Einzelfälle oder lokale Fehlentwicklungen. Dahinter steckt System; "Moskowiter ans Messer" lautet der Schlachtruf der "jungen ukrainischen Demokratie" (eine Liste mit über zwei Dutzend Beispielen, oft mit Videos belegt, ist hier zu finden). Bereits im vergangenen Jahr hatte Irina Farion, eine Rada-Abgeordnete von Swoboda, öffentlich zum Kampf gegen die Russen (die sog. "inneren Okkupanten") aufgerufen.

Seit dem 16. März führt die Kiewer Junta offiziell eine großflächige Spezialoperation durch, um die Demonstrationen der Bürger der Südostukraine, die unter der Überschrift "Russischer Frühling" stehen, zu zerschlagen. Dabei arbeiten die Teile des Sicherheitsapparates, die sich den Putschisten angeschlossen haben, ganz offiziell mit den diversen politischen Schlägerbanden zusammen. Behörden unterstützen die angereisten Kämpfer der Neonazis.

Zur Rechtfertigung ihrer Repressionen, die offenkundig den Auftakt des Genozids bilden, hat die Junta auch schon eine Erklärung gefunden: Die russischsprachigen Bürger der Südostukraine seien kein Volk, sondern eine isolierte "Diaspora". Dabei geht es, je nach Lesart, um 12 bis 20 Millionen Menschen. Überdies sind nach Meinung des sog. "Präsidenten" Turtschinow alle Bürger, die mit dem Regime der Putschisten nicht einverstanden sind, "Feinde des Volkes" (O-Ton).
Und "Premierminister" Jazenjuk drohte unverhohlen, daß die Junta alle "Separatisten" erbarmungslos verfolgen werde, auch mit Hilfe ihrer "westlichen Partner". Davor könne sie selbst Putin nicht schützen. Mit anderen Worten: USA und EU haben ihre Zustimmung zu den Massenrepressionen gegeben, die zur Zeit in der Ukraine stattfinden. Und unsere Medien werden mit Sicherheit nicht darüber berichten und damit die Verbrechen decken.

Doch es trifft auch andere innere Feinde der Putschisten. So etwa den Oligarchen Dmitrij Firtasch. Dieser hatte zwar ebenfalls den Maidan unterstützt, gilt jedoch als Gegner und geschäftlicher Konkurrent der "Gasprinzessin" Julia Timoschenko. Firtasch wurde vor einigen Tagen plötzlich in Wien festgenommen - auf Ersuchen des amerikanischen FBI. Angeblich soll gegen ihn schon seit Jahren ermittelt worden sein. Zufälle gibt's... Kein ukrainischer Polizist würde jemals einen solchen Mann festnehmen. Ergo bedient sich die Junta ihrer Freunde in Washington.


Simferopol am Abend des 16. März:
Gedrückte Stimmung nach dem Referendum. Die Leute wurden
offensichtlich mit Waffengewalt zum Feiern gezwungen.

Die Krim ist wieder zu Hause

Das Ergebnis der Volksabstimmung am letzten Sonntag war, wie zu erwarten, eindeutig. Bei einer Wahlbeteiligung von 83,1 % stimmten 96,7 % für den Beitritt der Republik Krim und der Stadt Sewastopol zur Rußländischen Föderation. Selbst von den Krimtataren, deren Führer z.T. von der Junta gekauft worden waren, nahm etwa die Hälfte am Referendum teil.

Diese Woche ging dann die Gesetzgebung sehr schnell. Am Dienstag unterzeichneten die beiden Föderationssubjekte mit der RF den Vertrag zwecks Beitritt, am Mittwoch prüfte das Verfassungsgericht den Text, der dann am Donnerstag von der Staatsduma und am Freitag vom Föderationsrat ratifiziert wurde. Zugleich wurde ein Verfassungsgesetz über die Aufnahme zweier neuer Föderationssubjekte verabschiedet. Damit gehören die Republik Krim und Sewastopol nunmehr rechtskräftig zur Rußländischen Föderation.
Jetzt beginnt die technische Kleinarbeit zur Anpassung der Rechtsordnungen, des Banken- und Versicherungswesens usw. usf. Wir Deutschen wissen ja seit 1990, was insoweit alles bedacht werden muß. Die Krim wirkt übrigens anziehend: Ein Ort aus dem Gebiet Cherson wollte schon zur Republik Krim wechseln.

Erfreulicherweise ist die letzte Woche, von einer Ausnahme abgesehen, ohne nennenswerte Zwischenfälle verlaufen. Zwar gab es vor der Abstimmung und auch noch am Wahltag einige Provokationen und die Sicherheitskräfte konnten einige Dutzend bewaffnete Maidan-Kämpfer festnehmen. Doch insgesamt ist es ruhig geblieben. Dabei berichteten die deutschen Medien doch von einer "Krimkrise", die kurz vor der Erweiterung zum Krimkrieg stand. Ein deutscher Wahlbeobachter, seines Zeichens Abgeordneter aus Mecklenburg-Vorpommern, hat das während einer Pressekonferenz sehr schön ausgedrückt: Ein Verwandter aus Berlin hatte ihn angerufen und gesagt, daß das deutsche Fernsehen zeige, wie auf der Krim alles drunter und drüber ginge. Darauf konnte er nur erwidern, daß dem nicht so ist.

Den Putschisten gelang lediglich ein Anschlag in Simferopol. Er wurde nach dem Muster der Maidan-Scharfschützen vom Februar ausgeführt: Ein Trupp Terroristen hatte sich Zugang zu einem neuerrichteten Wohnblock verschafft und von dort aus sowohl auf ein Objekt des ehemals ukrainischen Militärs als auch auf eine Streife der örtlichen Bürgerwehr geschossen. Die Verluste waren auch gleich verteilt: ein Soldat tot und einer verletzt, ein Kosake aus der Selbstschutzformation tot und ein weiterer verletzt.

Bemerkenswert: Bei dem Truppenteil handelt es sich um den Kartographischen Dienst, also nicht um eine Linieneinheit. Und die Dienststelle hatte sich zum Zeitpunkt des Attentats bereits der Krim-Regierung unterstellt; die Soldaten galten mithin aus Sicht der Kiewer Junta als Verräter. Nichtsdestotrotz haben die Kiewer Medien das Thema sofort aufgegriffen und von einer "Attacke der russischen Invasoren" auf die heldenhafte ukrainische Armee gesprochen. Doch wenig später konnten die Attentäter ausfindig gemacht werden, darunter ein Siebzehnjähriger aus Lwow - typisch für den Rechten Sektor. Die Sicherheitskräfte gehen davon aus, daß im Augenblick noch weitere Trupps mit ähnlichen Aufgaben auf der Krim unterwegs sind.

Während der vergangenen Tage sprach auch die deutsche Presse immer wieder von "Angriffen moskautreuer Milizen" auf Militäreinheiten. Da mußte den armen Deutschen doch ein Schauer über den Rücken laufen. Doch so sehr sie einen neuen Krimkrieg herbeischreiben wollten, so wenig wurde ihr Wunsch Realität. Vielmehr handelte es sich um die Übernahme ehemals ukrainischer Dienststellen durch die Krim-Regierung. Schüsse sind nirgends gefallen. Wie so etwas ablief, zeigt z.B. dieses Video. Mittlerweile gibt es auf der Krim und in Sewastopol keine Militäreinheiten mehr, die Kiew unterstehen. Die Schiffe der ehemals ukrainischen Seestreitkräfte haben die Flagge mit dem Andreaskreuz gehißt. In Kertsch ist die Marineinfanteriebrigade fast geschlossen zur Schwarzmeerflotte gewechselt.

Die ukrainischen Soldaten stehen nun vor der Wahl: Sollen sie in den Machtbereich der Junta gehen? Doch dort droht ihnen die Verhaftung und Bestrafung als Verräter. Oder sollen sie jetzt in den Dienst der Streitkräfte der Rußländischen Föderation treten. Moskau hat ihnen bereits zugesagt, daß sie ihre Dienstgrade etc. behalten können. Erstaunlich war nicht, daß sich die meisten jener Soldaten, die ohnehin von der Krim kamen, für die letztere Option entschieden haben. Erstaunlich ist vielmehr, daß etwa 80 % der ehemals ukrainischen Soldaten in Zukunft das rußländische Hoheitszeichen am Ärmel tragen wollen. Das sagt doch wohl einiges über den inneren Zustand der Ukraine aus.

Sorgen bereitet den Bewohnern der Krim besonders, daß die Putschisten jene Landeskinder, die in anderen Einheiten der ukrainischen Sicherheitskräfte dienen, nicht in ihre Heimat zurückkehren lassen wollen. Insgesamt geht es um etwa 2.000 Personen. Am 20.03. konnten wenigstens 68 Angehörige der ukrainsichen Küstenwache aus Odessa nach Sewastopol fahren.

Agressive russische Okkupanten plündern einen Laden auf der Krim.

Truppenaufmarsch

Die Ukraine ist praktisch pleite. Trotzdem wird die Kiewer Junta alles Geld, was sie jetzt aus dem Ausland erhält, in den Aufbau der Nationalgarde stecken. Von "Reformen" ist keine Rede mehr. Mit dieser neuen SS, deren Personal sich vornehmlich aus den nationalistischen Banden rekrutiert, sollen die Bürger der Südostukraine unterdrückt werden. Auch der Führer des Rechten Sektors, Jarosch, hat die Entsendung von "Strafabteilungen" in die Südostukraine angedroht. Andere Banden wie die "Gemeinsame Sache" haben gleichfalls den Aufbau von "Partisanenabteilungen" angekündigt.

Im Machtbereich der Putschisten herrscht seit Wochen nicht nur Kriegsgefahr, sondern der Krieg hat bereits begonnen. Doch die Kampfhandlungen bleiben aus. Diese extreme psychische Anspannung läßt sich nur durch permanente Propaganda und entsprechende Rhetorik der Politiker aufrechterhalten. 

Letzte Woche wurde von Turtschinow erneut die Mobilmachung der Armee angeordnet. Geplant ist die Aushebung von 20.000 Reservisten für die Armee und weiteren 20.000 Mann für die Nationalgarde. Doch viele wollen nicht gegen Rußland kämpfen und fügen sich nur äußerst widerwillig. Berichte aus den Truppenteilen zeigen, daß es drunter und drüber geht. Das einzige, was einigermaßen zu funktionieren scheint, ist das Entkonservieren der Technik und deren Abtransport aus den Lagern. Es gibt zwar Fotos und Videos von Zügen mit gepanzerten Fahrzeugen usw., doch Personal ist nur wenig zu sehen. Jedenfalls nicht bei weitem so viel, wie STAN-mäßig dazugehören würde.

Einheiten werden schwerpunktmäßig in die Südostukraine verlegt. Teilweise sicher, um die Grenze zur RF zu decken (an einigen Grenzübergängen stehen schon Kampfpanzer). Doch mit dem mageren ukrainischen Aufgebot - auch vor der Krim stehen ja noch Truppen! - dürfte da nicht viel zu machen sein. Wenn die ukrainischen Landstreitkräfte nach der Mobilmachung insgesamt zwanzig- bis dreißigtausend kampffähige und -willige Soldaten ins Feld führen können, dürfte das schon sehr viel sein. Einen Krieg gegen eine überlegene Armee wie die der RF können sie damit weder führen noch gewinnen. Vielmehr dürfte es bei diesem Aufmarsch darum gehen, die Bürger der Südostukraine weiter einzuschüchtern und zu terrorisieren. Die Hauptarbeit leisten insofern die Nationalgarde und die übrigen Banden, während Armee und Polizei Hilfestellung geben (wie seinerzeit im Dritten Reich - Stichwort: Röhmputsch).

Besorgniserregend ist, daß im Zuge der Mobilmachung die Banditen vom Rechten Sektor und ähnlichen unkontrollierbaren Organisationen nicht nur Zugang zu Handfeuerwaffen, sondern auch zu schwererem Gerät erhalten. Dies stellt nicht nur für Rußland eine Gefahr dar, sondern dürfte auch die ohnehin schon desolate Sicherheitslage innerhalb der Ukraine weiter verschlechtern. 

Aus den NATO-Staaten sind weitere Einheiten in die Ukraine verlegt worden. Neben Spezialkräften, die seit Wochen aktiv sein dürften, sollen jetzt Teile der 66. Military Intelligence Brigade in Kirowograd sein. Mit Sicherheit sind in den letzten zwei Wochen mehrfach US-Drohnen über der Krim geflogen.

Auf Ersuchen der Republik Belarus hat die RF sechs Jagdflugzeuge sowie einen Aufklärer vom Typ A-50 nach Bobruisk in Weißrussland verlegt. In diesem Raum findet demnächst auch eine Luftverteidigungsübung statt.

Besonders lustig - und typisch für das irrationale und panische Verhalten der Putschisten, die wissen, daß sie lediglich Usurpatoren, aber keine legale Regierung sind - ist der Fall der ukrainischen Aufklärungsflüge über der RF. Im Rahmen des "Open Skies"-Vertrages hatten bereits die USA eine Aufklärungsmaschine nach Rußland geschickt. Das Regime in Kiew hat es ihnen gleichgetan und sogar zweimal von Moskau die Genehmigung für solche Flüge erhalten. Da in der Ukraine jedoch kein Geld vorhanden ist, sollte Rußland diese Flüge auch noch bezahlen.

"Die Krim wird entweder ukrainisch oder menschenleer sein."
Kundgebung in Lwow vor einigen Jahren.

Die nächsten Tage

Für dieses Wochenende sind in vielen Städten der Südostukraine erneut Großdemonstrationen angekündigt worden. Es ist zu erwarten, daß die Kiewer Junta diesmal mit ihren Drohungen ernstmachen wird. D.h. es dürfte zur gewaltsamen Auflösung von Kundgebungen, weiteren Massenverhaftungen usw. kommen. Weil sie wissen, daß die westlichen Medien darüber entweder gar nicht oder nur stark geschönt berichten werden, müssen die Maidan-Kämpfer auch fernerhin keinerlei Rücksichten bei der Unterdrückung ihrer politischen Gegner nehmen.

Ferner steht zu befürchten, daß es zu Provokationen kommen wird, indem ukrainische Soldaten von Personen "mit russischem Akzent" angegriffen werden. Solche Pläne, zusammen mit der US-Botschaft in Kiew ausgearbeitet, sind bekannt. Damit würde ein Vorwand für Kampfhandlungen geschaffen und das Putschistenregime könnte in Washington und Brüssel um weitere Militärhilfe nachsuchen.

Auf der Krim und in anderen nahegelegenen Gebieten Rußlands dürfte es vereinzelt zu weiteren Anschlägen kommen. In Moskau konnte bereits eine infiltrierte Terrorgruppe des Rechten Sektors ausgehoben werden.

Die ukrainischen Sicherheitskräfte werden zunehmende Probleme mit der Loyalität des Personals bekommen; es wird weitere Desertionen geben. Auch in der Bevölkerung wird sich die Kriegsextase nicht ewig aufrecht erhalten lassen. Die Junta muß also irgendwann irgendwie Krieg führen, sonst geht sie unter.
Zumal sich innerhalb der Ukraine die Widersprüche und Konflikte verschärfen. Diverse Maidan-Gruppierungen fordern eine Fortsetzung der Revolution, die Unzufriedenheit mit der sog. "Regierung" steigt. Außerdem gibt es noch die lokalen Warlords, die sich in Provinzstädten oder Stadtbezirken eingerichtet haben und zur Zeit ganz gut von Schutzgelderpressung, Raub und ähnlichen "Geschäften" leben. Die brauchen nicht unbedingt einen Krieg.

Heute hat Jazenjuk in Brüssel das umkämpfte Assoziierungsabkommen mit der EU unterzeichnet. Allerdings nur den politischen Teil. Den ökonomischen kann er noch nicht unterschreiben - und zwar aus denselben Gründen wie im November Präsident Janukowitsch. Lustig, nicht wahr? Insofern hat der von der EU mitinszenierte Putsch also ebenfalls nichts greifbares gebracht.

Zwischenzeitlich hat man in Moskau den Taschenrechner gezückt und ermittelt, daß Kiew dort 16 Milliarden US-Dollar Schulden hat. Die wollen natürlich bezahlt werden. Außerdem ist gerüchteweise zu hören, daß der Brennstoff in einigen ukrainischen Atomkraftwerken nur noch wenige Tage reichen soll. Doch die RF weigert sich, neues Material zu liefern, solange Kiew von bewaffneten Banditen beherrscht wird und diese auch eine Gefahr für die Atomanlagen darstellen.

Rußland muß eigentlich nur abwarten, bis der "Maidan" neu aufflammt, denn dann wird die Ukraine endgültig zerfallen. Doch steht das Problem, wie weit bis dahin die Repressionen der russischsprachigen Bevölkerung vorangeschritten sind. Eigentlich müßte die Nationalgarde nur bei einer Demo in die Menge schießen und die RF hätte einen guten und völkerrechtlich stichhaltigen Grund, dem Treiben der Banditen in der Südostukraine ein Ende zu bereiten. Ob es an diesem Wochenende schon dazu kommen wird?


Verwandte Beiträge:
Wird der Bürgerkrieg zum großen Krieg?
Die Krim ist sicher, jetzt geht es um die Ostukraine
Ukraine: Banditentum statt Demokratie
Dieses Wochenende wird entscheidend
Die "friedlichen Demonstranten" von Kiew
Die Ukraine brennt und zerfällt
Das Neueste aus Kiew und anderen EU-Kolonien
Der Putsch geht in eine neue Phase
EU zeigt in Kiew ihr totalitäres Gesicht
Geschichte, Geopolitik und westukrainische Genozidphantasien
Die Ostukraine wehrt und behauptet sich
Klitschko heizt Krise an, Ostukraine steht auf
Tatsächliche Spaltung der Ukraine
Ukrainisches Volk und fremde Agenten
Die Ukraine als Kolonie
Bürgerkrieg in Kiew

Dienstag, 11. März 2014

Wird der Bürgerkrieg zum großen Krieg?


Lange nichts mehr von Vitalij Klitschko gehört. Monatelang hatte ihn die deutsche Presse als vermeintlich großen und bedeutenden Politiker dargestellt, doch seit die Putschisten in Kiew eine neue Regierung gebildet haben, ist es um den Preisboxer merkwürdig ruhig geworden. Für ihn ist bei der Aufteilung der Ressorts weder ein Posten noch ein Pöstchen abgefallen. Nicht einmal Minister ohne Geschäftsbereich konnte der "bedeutende Führer" werden. Damit haben sich in Kiew die USA voll durchgesetzt, welche sich ja - wie seit dem abgehörten Nuland-Telefonat bekannt ist - gegen die Aufnahme Klitschkos in die Regierung ausgesprochen haben. Mithin wurde auch die deutsche Regierung, die voll auf den maßgeblich von der CDU geförderten Klitschko gesetzt hatte, von Washington ausgebootet.

Der schlagkräftige Politiker bemüht sich zur Zeit, eine neue Rolle zu finden. Während seine früheren Kampfgenossen den Staatsmann mimen, darf er sich als Volkstribun versuchen, indem er etwa zur Mobilmachung aufruft. Zugleich bandelt Klitschko, der einst als Kämpfer gegen das korrupte ukrainische Establishment galt, mit den Oligarchen an. Vorgestern hat er den reichsten Mann des Landes, Rinat Achmetow, offiziell besucht. Danach wollte er Reden in Donezk und Charkow halten, wurde von den putschistenfeindlichen Einwohnern jedoch mit faulem Obst beworfen und damit verjagt (siehe obiges Video, Charkow ist übrigens von Straßensperren der Putschisten abgeriegelt). So hatte sich der arme Vitali seine politische Zukunft wohl kaum vorgestellt. Und seine "Führungsoffiziere" in der Konrad-Adenauer-Stiftung vermutlich auch nicht.

Zwischenzeitlich sind übrigens Fotos aufgetaucht, welche die beiden Klitschko-Brüder in den 1990er Jahren zusammen mit bekannten Größen der ukrainischen Unterwelt zeigen. Dadurch wird das Saubermann-Image von Vitalij kaum besser und seine Erfolgsaussichten bei Wahlen dürften eher sinken.


Aktuelle Lage in der Südostukraine

Die Junta von Kiew hat sich in der Südostukraine nach wie vor nicht durchsetzen können. Ihre Machtansprüche werden von den Einwohnern nach wie vor bestritten. Am vergangenen Wochenende ist es in den größeren Städten unter der Überschrift "Russischer Frühling" erneut zu Großdemonstrationen gegen das neue Regime gekommen. Dabei riefen die Bürger immer wieder "Rossija! Rossija!" und baten Präsident Putin um Unterstützung. Überall sollen Volksabstimmungen nach dem Vorbild der Krim durchgeführt werden, doch die Modalitäten sind angesichts des Terrors der Junta (siehe dazu weiter unten) noch offen.

Schwerpunkte waren diesmal Lugansk und Donezk. In Lugansk (siehe auch das zweite Video) haben die Demonstranten das Gebäude der Regionalregierung gestürmt und den von Kiew eingesetzten Gouverneur zur Abdankung gezwungen. Danach wurde - nach Donezker Vorbild - ein "Volksgouverneur" gewählt (Alexander Charitonow). In Donezk wurde am Gebäude des Sicherheitsdienstes die rußländische Flagge gehißt. Insbesondere haben mehrere tausend Demonstranten die Freilassung des letzte Woche von der Junta inhaftierten "Volksgouverneurs" Pawel Gubarjew gefordert. Vor seiner Verhaftung hatten die Oligarchen Gubarjew erst bedroht und ihm dann 40 Millionen Dollar geboten, wenn er sich aus der Politik zurückzöge. Doch er hat sich, im Gegensatz zu anderen Lokalpolitikern, nicht kaufen lassen. 

Weitere Kundgebungen gegen die Putschisten und ihre Maßnahmen gab es u.a. in Charkow, Odessa, Dnepropetrowsk, Saporoshje, Mariupol und Antrazit (der Ort heißt wirklich so). D.h. man kann keineswegs davon sprechen, daß sich die Putschisten im "revolutionären Prozeß" bereits durchgesetzt hätten, wie es ein deutscher Völkerrechtler fälschlicherweise im Fernsehen getan hat. Im Gegenteil, dieser Prozeß ist noch im vollen Gange (siehe auch die Krim). (Die zehntausenden Bürger, die dort demonstriert haben, sind übrigens die, die im deutschen Fernsehen als "eingeschleuste russische Kämpfer" diffamiert werden.)

Bemerkenswerterweise gewinnt der Widerstand in der Südostukraine eine stärker gegen die Oligarchen gerichtete Tendenz. Sie werden als "Feinde des Volkes" tituliert. Vor ein paar Wochen gab es auf der Krim sogar einen ganz und gar unerhörten Vorgang: Einer der politisch einflußreichsten Oligarchen, Petro Poroschenko, war nach Simferopol geflogen, um die dortigen Politiker "einzunorden", also zur Unterstützung der Putschisten zu zwingen. Doch in der Hauptstadt der Krim wurde er von einer wütenden Menge empfangen und konnte nur mit Mühe und Not in einem (nicht standesgemäßen) Taxi entkommen (siehe dieses Video).

Dieser, für Poroschenko demütigende Vorfall zeigt: Hätte der Kiewer Maidan nicht unter der Vorherrschaft der westukrainischen Nationalisten gestanden, dann hätten viele Bürger aus der gesamten Ukraine gemeinsam gegen die korrupte politische Klasse und die Macht der Oligarchen protestieren können. Doch so ist der politisch-soziale Protest zu einem ethnisch-kulturellen Bürgerkrieg geworden.

"Demokratische Repression" - Terror gegen Gegner der Junta

Die blutigsten Zwischenfälle der letzten Tage hat es in Charkow gegeben. Dort sind bei  Schießereien zwei Menschen getötet und mehrere verletzt worden. An mindestens einem der Angriffe waren Mitglieder des Rechten Sektors beteiligt (siehe dieses Video). Auch in Dnepropetrowsk wurde auf Demonstranten geschossen.

Ansonsten gab es weitere Verhaftungen bekannter Politiker aus der Südostukraine, so z.B. Anton Dawidtschenko und Rostislaw Barda. Prominentester Fall ist der ehemalige Charkower Gouverneur Michail Dobkin. Er war am 22. Februar zunächst einer der Anführer des Widerstandes gegen die Putschisten, ist kurz danach jedoch überraschend zurückgetreten und wollte als Kandidat an der Präsidentenwahl am 25. Mai teilnehmen. Gestern weilte er in Kiew, um seine Wahlunterlagen einzureichen, wurde dann zur Generalstaatsanwaltschaft bestellt und dort vom SBU festgenommen. Jetzt sitzt er wegen "Separatismus" im Gefängnis.

Dies zeigt, daß am 25. Mai keine freien Wahlen stattfinden können (und sollen). Den Putschisten geht es um die Ausschaltung aller etwas bekannteren Politiker aus der Südostukraine. D.h. es soll nie wieder einen Präsidenten aus diesem Landesteil geben. Die Menschen dort werden als Bürger zweiter oder dritter Klasse betrachtet, die keine eigene Meinung haben dürfen, sondern gefälligst für die Kandidaten der Westukraine zu stimmen haben. Das ist der alleinige Zweck der Repressionsmaßnahmen.


Ein neuer Fall, der allerdings als typisch gelten darf, betrifft den Lugansker Regionalabgeordneten Arsen Klintschajew. Gestern wurde er vom Rada-Abgeordneten Ljaschko, einem Anhänger der Putschisten, mithilfe einer Schlägerbande entführt. Das kann man sehr schön in zwei Videos, welche die Täter selbst ins Internet gestellt haben, sehen (hier und hier). Ljaschko bedrohte Klintschajew und gab ihm (und anderen) den "Rat", auf politische Betätigung zu verzichten und nach Rußland zu gehen - ethnische Säuberung nennt man das eigentlich.
Doch Klintschajew gab nicht auf. Nach seiner Freilassung aus der Geiselhaft trat er heute vor die Presse und berichtete von seinen Erlebnissen. Daraufhin folgte im Laufe des Tages seine "offizielle" Verhaftung, die der sog. "Innenminister" stolz aus Kiew vermeldete. Die Begründung lautet auch bei ihm "Separatismus".

Die genannten Fälle belegen, daß die Repression politischer Gegner öffentlich und keineswegs heimlich erfolgt. Doch die Kiewer Putschisten und ihre Anhänger wissen genau, daß die Medien in Westeuropa und Nordamerika darüber nicht berichten werden. Deshalb können sie derart unverfroren agieren.

Ein weiteres Beispiel für öffentliche Drohungen mit Mord und Gewalt ist dieses Video. Darin geifert der ukrainische Millionär Balaschow, man müsse sämtliche Einwohner des Südostens und der Krim erschießen. In der deutschen Juristensprache nennt man das Aufruf zum Völkermord. Doch unsere Presse stört sich daran nicht. 
Daß man solche Morddrohungen nicht nur in den Wind gesprochen sind, zeigen die mittlerweile in manchen Orten der West- und Zentralukraine errichteten Galgen, die nur noch darauf warten, mit "Delinquenten" - also Andersdenkenden, die sich der neuen Derussifizierungspolitik verweigern - behängt zu werden.

Wladimir Rogow, ein Bürger von Saporoshje, wurde letzte Woche entführt und mehrere Tage lang von Unbekannten gefangengehalten. Auch ihm hat man bei seiner Freilassung "nahegelegt", nach Rußland zu gehen. Über seine Erlebnisse berichtet er in diesem Video.

Der Terror wird langsam auch auf das Ausland ausgeweitet. Die als Kämpferin gegen die russische Sprache bekannte Swoboda-Abgeordnete Farion hatte schon im Dezember 2013 auf dem Euromaidan angekündigt, daß die westukrainischen Nationalisten gegen Rußland kämpfen werden. Mittlerweile haben schon mehrere Gouverneure rußländischer Regionen Drohungen des Rechten Sektors erhalten. Es ist in jedem Fall - egal, wie sich die Lage in den nächsten Tagen und Wochen entwickeln wird - damit zu rechnen, daß diese Banditen versuchen, ihre zahlreichen Drohungen in die Tat umzusetzen.

Einschränkungen der Presse-, Informations- und Reisefreiheit

Zur Zeit sind in den meisten Gebieten der Ukraine auf Geheiß der Putschisten alle russischsprachigen TV-Kanäle von den Kabelnetzbetreibern gesperrt. Ebenso werden russischsprachige Internetseiten blockiert. (Diese Zensurmaßnahmen treffen allerdings auf leisen Widerspruch in Westeuropa.) Zudem gibt es Hackerangriffe. 
Journalisten werden werden vom neuen Kiewer Regime massiv behindert. Entweder verhaftet man sie während ihrer Arbeit, verwehrt ihnen die Einreise oder weist sie aus. In anderen Fällen ist es zu körperlichen Mißhandlungen und Todesdrohungen (inklusive Kopfgeld) gekommen.

Mit Problemen müssen auch normale Bürger der Rußländischen Föderation rechnen. Einige Zugverbindungen in den Süden (z.B. die Strecke Moskau - Rostow am Don) verlaufen über ukrainisches Territorium. Dort werden Passagiere vom ukrainischen Grenzschutz willkürlich verhaftet. Die Behörde berichtet stolz davon, daß sie in den letzten Tagen über 3.500 Menschen an der Einreise gehindert hat.

Aktuelle Situation auf der Krim

Komischerweise kaprizieren sich die deutschen Medien auf die Krim und ignorieren die Entwicklungen in der übrigen Ukraine fast völlig. Doch verglichen mit dem übrigen Südosten ist es auf der Halbinsel ziemlich ruhig, das Leben geht überwiegend seinen normalen Gang. Die Halbinsel ist durch Straßensperren und Kontrollpunkte an den Bahnhöfen gesichert. Damit konnten bisher bewaffnete Parteigänger der Putschisten weitgehend ferngehalten werden. Dafür häufen sich an den Kontrollpunkten beschlagnahmte Schußwaffen und Sprengmittel. Unterdessen wurden die ersten neuformierten Kompanien der örtlichen Selbstverteidigung auf die Flagge der Krim vereidigt. (Hier hat das Bürgerwehrkonzept gut funktioniert, in der Ostukraine dagegen kaum.)


Trotz der Vorsichtsmaßnahmen ist es einigen Kämpfern des Maidan aus Kiew gelungen, einzusickern. Das obige Video stammt aus Sewastopol. Dort hatten am Sonntag zwei "Partisanen" (Julia Timoschenko) auf einem Kinderspielplatz um sich geschossen, nachdem sie von einer (von ausländischen TV-Teams gut besuchten) kleinen Kundgebung anläßlich des 200. Geburtstages des Schriftstellers Taras Schewtschenko gekommen waren.

Dieser Tage wurden einige wichtige Entscheidungen hinsichtlich der Krimtataren, die etwa 12 % der Bürger der Autonomen Republik der Krim ausmachen, getroffen. Ihre Sprache wird zur zweiten gleichberechtigten Amtssprache und ihre Vertreter werden - anders als bisher - in allen Behörden präsent sein. So stellen die Tataren zukünftig mindestens einen Stellvertreter des Ministerpräsidenten und zwei Minister. In allen übrigen Ministerien sowie in den Sicherheitsbehörden wird mindestens ein stellvertretender Minister bzw. Leiter Krimtatare sein. (Bereits heute ist mit dem stellvertretenden Premierminister Rustam Temirgalijew ein Tatare an prominenter Stelle in der Regionalregierung vertreten.)

Heute hat das Parlament außerdem die Unabhängigkeitserklärung verabschiedet. Damit soll die Krim aus dem Staatsverband der Ukraine ausgeschieden sein. Bereits vor einigen Tagen hatte der Oberste Rat beschlossen, um Aufnahme in die Rußländische Föderation zu ersuchen. Die Reihenfolge der Beschlüsse ist zwar ein wenig verwirrend, doch dürfte dies mit der ungewohnten politischen Lage erklärbar sein. Die rechtliche Bedeutung beider Beschlüsse ist im Augenblick gering. Die Staatsduma der RF hat bereits signalisiert, daß sie die Ergebnisse der Volksabstimmung am kommenden Sonntag abwarten wird. Erst danach beginnt in Moskau die notwendige gesetzgeberische Arbeit für die Aufnahme einer neuen Republik in den rußländischen Staatsverband.

Die beiden Beschlüsse dürften eher die Funktion eines juristischen Notnagels erfüllen, falls aufgrund massiver Störungen seitens der Putschisten am 16.03. kein geordnetes Referendum durchgeführt werden kann. Die Wahlkommissionen arbeiten Tag und Nacht, um Wählerverzeichnisse in Papierform zu erstellen, denn die Zentrale Wahlbehörde in Kiew hat der Krim den Zugang zu den dort gespeicherten Daten gesperrt. Zudem waren schon Provokateure unterwegs, die, in eine Polizeiuniform gekleidet, Bewohnern eines Viertels die Pässe weggenommen haben - in der Hoffnung, diese Menschen würden nicht an der Abstimmung teilnehmen. Zum Glück konnten sie von der echten Polizei aufgegriffen werden. Vorsorglich hat die Wahlleitung schon mitgeteilt, daß die Bürger mit jedem Lichtbildausweis an der Volksabstimmung teilnehmen können.

Am Ausgang des Referendums kann kein vernünftiger Zweifel bestehen. Den heute veröffentlichen Ergebnissen einer Meinungsumfrage zufolge wollen 77 % der Befragten mit "Ja" und lediglich 8 % mit "Nein" stimmen. Dieses Bild deckt sich mit den Straßenumfragen der örtlichen Fernsehsender, wo die Leute einfach freudig sagen: "Zwanzig Jahre waren wir getrennt, doch jetzt kommen wir endlich nach Hause." Begeisterung für das neue Regime in Kiew und für die EU mitsamt ihren "Segnungen" sieht anders aus.

(Angesichts dessen nimmt es sich auch seltsam aus, wenn der Eurokrat Martin Schulz den "großzügigen Kompromißvorschlag" macht, die RF dürfte ihren seit über 200 Jahren genutzten Marinestützpunkt in Sewastopol behalten. In welcher Traumwelt lebt dieser Mann? Die Schwarmeerflotte wird auf jeden Fall in Sewastopol bleiben. Und nach dem 16.03. liegt der Stützpunkt auch nicht mehr auf ukrainischem Staatsgebiet. ;-) Aber mit dem Votum von Bürgern haben Schulz und seinesgleichen generell ihre Probleme - siehe das letzte Referendum in der Eidgenossenschaft.)

Blutrünstige russische Okkupanten verbreiten
Angst und Schrecken auf der Krim.

Nochmals kurz zum Völkerrecht

Zur Zeit häufen sich hierzulande die Stimmen, die behaupten, die Separationsbestrebungen der Krim (und anderer südostukrainischer Gebiete) wären völkerrechtswidrig. Oder man ignoriert den Willen der Menschen in diesen Regionen völlig und sagt einfach, Wladimir Putin würde gegen Völkerrecht verstoßen. (Sind die Betroffenen vor Ort für unsere Journaille Menschen zweiter oder gar dritter Klasse, die nicht selbst entscheiden dürfen?)

Diese Kritik ist in mehrfacher Hinsicht unseriös. An dieser Stelle soll nur kurz auf das Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofs aus dem Jahr 2008 verwiesen, in dem sich das Gericht mit der einseitigen Unabhängigkeitserklärung des Kosovo auseinanderzusetzen hatte. Dabei haben mehrere Staaten, u.a. Deutschland, Österreich, Großbritannien und die USA schriftliche Erklärungen zugunsten des Kosovo abgegeben, die man sich im Licht der jüngsten ukrainischen Ereignisse wieder einmal durchlesen sollte. Man ersetze das Wort "Kosovo" durch den Terminus "Krim" und es paßt exakt auf den aktuellen Sachverhalt. Doch heute wollen unsere Politiker und Journalisten davon plötzlich nichts mehr wissen und schreien "völkerrechtswidrig". Das hätten sie sich vor zehn Jahren überlegen müssen. So einfach kann man sich das Recht nicht zurechtbiegen.

Damals, konkret im Jahr 2007, hatte sich auch die Regierung der Ukraine - vertreten durch den jetzigen Premierminister Jazenjuk (!), der damals Außenminister war - positiv zur Unabhängigkeit des Kosovo geäußert. Dieselben Argumente muß Jazenjuk heute gegen sich und seine Junta wirken lassen. Da hilft es auch nicht, wenn er heftig mit den Flügeln schlägt und Washington und Brüssel um Hilfe anfleht.

Besonders lustig ist auch der Vorsitzende der OSZE, der Schweizer Außenminister, der das Referendum "unrechtmäßig" nennt, weil es nicht auf dem ukrainischen Verfassungsrecht basiere. Wie schon hier und hier ausgeführt, gibt es zur Zeit in der Ukraine kein kodifiziertes Verfassungsrecht, welches mit der revolutionären Staatspraxis in Übereinstimmung steht. Die neuen Herrscher von Kiew brechen selbst tausendfach die bisherigen Verfassungen und sonstigen Gesetze. Mit anderen Worten: Das Land ist ein rechtsfreier Raum.
In einer solchen Lage auf der Einhaltung des Verfassungsrechts (welches, bitte?) zu bestehen, zeugt von einem übergroßen Maß an Ignoranz. (BTW: Welcher ausländische Politiker ruft eigentlich das Putschistenregime zur Einhaltung der Verfassung auf?)

Natürlich, und das darf nicht vergessen werden, haben auch die Einwohner der West- und Zentralukraine ein völkerrechtlich anerkanntes Recht auf ihren eigenen Staat, einen Staat, in dem sie ihre eigene Ideologie leben und damit glücklich werden können. Ohne Moskowiter, ohne Juden und ohne weiteres "Gesindel", was die heile "ukrainische" Welt stört. Aber sie haben kein Recht darauf, ihre Vorstellungen der anderen Hälfte der Bevölkerung des bisherigen ukrainischen Staates mit Gewalt aufzuzwingen. Letzteres passiert jedoch gerade.


Militär der Putschisten

Über welche militärischen Kräfte und Mittel können die Kiewer Putschisten gebieten? Die auf der Krim dislozierten Militäreinheiten haben sich entweder der Regionalregierung unterstellt oder aber für neutral erklärt. Die im Rest der Ukraine befindlichen Truppenteile stehen den Putschisten theoretisch zur Verfügung - sofern ihre Arsenale nicht, wie an einigen Orten im Westteil - von Aufständischen geplündert worden sind. (Dabei sind übrigens auch einige Ein-Mann-Fla-Raketen abhanden gekommen.)

Hinzu kommt, daß viele Einheiten nicht vollständig aufgefüllt waren. Die großspurig verkündete allgemeine Mobilmachung war ein Schlag ins Wasser, denn es sollen sich landesweit nur 6.000 Reservisten uns Freiwillige gemeldet haben. Hinzu kommen, wie das Kiewer Verteidigungsministerium selbst einräumt, massive Probleme mit Desertion, denn viele Soldaten wollen nicht gegen Rußland kämpfen. Diese Tendenz dürfte noch zunehmen, seit der (auf der Krim befindliche) Generalstabschef Iljin einen Aufruf an die Soldaten und Offiziere gerichtet hat. Iljin ermahnt insbesondere die Offiziere zu verantwortungsbewußtem Handeln und erinnert daran, daß die Putschisten nicht gewählt worden sind. Heute hat sich zudem - der schon mehrfach totgesagte - Präsident Janukowitsch in einer Pressekonferenz an die Soldaten gewandt. Er sei der legitime Oberbefehlshaber und sie sollten keine Befehle der Putschisten ausführen.

Probleme gibt es überdies unter den Generälen. Zur Erinnerung: Letzte Woche waren drei Stellvertreter des Verteidigungsministers entlassen worden. Um diesen Tendenzen entgegenzuwirken, haben die Putschisten Kommissare vom Maidan in der Armee eingesetzt. Selbige sollen zur Not sogar die Kommandeure ablösen. Zögerlichen Soldaten und Reservisten wird ferner mit standrechtlicher Erschießung gedroht. Daß auch die materielle Lage schwierig ist, verdeutlicht die Bitte des Ministeriums an die Oligarchen, Geld für die Armee zu spenden.

Es steht also nicht zum Besten. Den Putschisten sind zwar große Mengen von Militärmaterial in die Hände gefallen, es fehlt jedoch am notwendigen Personal. Das deckt sich mit den Bobachtungen des Verfassers während des "Truppenaufmarsches" vor der Krim. Es wurden zwar zahlreiche Fahrzeuge und Waffensysteme in Richtung Krim geführt, doch es waren kaum Soldaten zu sehen. Angeblich sollen in diesem Raum jetzt 25.000 Mann disloziert sein - drei Brigaden plus Unterstützungseinheiten, also praktisch die gesamte ukrainische Armee. Doch ich halte diese Zahl für zu hoch gegriffen, denn auf den mir bekannten Videos sind weder Zeltstädte noch rauchende Feldküchen zu sehen. Beides wären untrügliche Anzeichen für die Anwesenheit einer derart großen Truppenzahl in einem relativ kleinen Raum.

Das einzige, was defintiv vorhanden ist, sind Artilleriesysteme, sowohl Mehrfachraketenwerfer als auch Haubitzen großen Kalibers. Diese Waffen lassen sich auch mit relativ wenig Personal zum Einsatz bringen. Die übrige Technik ist, sofern sie nicht schon auf der Anreise Totalausfall hatte, von keinem allzu hohen Kampfwert mehr (z.B. BTR-60 und BMP-1).

Die Nationalgarde

Das neue Regime steht den bestehenden Sicherheitsstrukturen eher skeptisch gegenüber. Nachdem die Integration der Kämpfer des Rechten Sektors in die regulären Streitkräfte anscheinend gescheitert ist und sich wohl auch das Innenministerium schwertut, wird nun eine neue Organisation geschaffen: die "Nationalgarde". Eine Körperschaft gleichen Namens wurde schon vor Wochen von den Aufständischen in der Westukraine gegründet. Jetzt soll sie in den Staatsdienst übernommen und zum Auffangbecken für die radikalisierten Kämpfer des Rechten Sektors und anderer bewaffneter Banden des "Euromaidan", die nach den Ereignissen der letzten Monate nicht mehr ins Zivilleben zurückfinden, werden.

Die Personalstärke soll bei 20.000 Mann liegen. Geplante Aufgaben: Schutz der öffentlichen Ordnung sowie Grenzschutz. Damit sind Kompetenzstreitigkeiten mit den bereits exisitierenden Sicherheitsbehörden (Polizei und Grenzschutzdienst) vorprogrammiert. Folglich schafft sich die neue, angeblich "demokratische" Ukraine eine politische Truppenpolizei, wie sie etwa aus dem Dritten Reich (Schutzstaffel) oder der Islamischen Republik Iran (Republikanische Garden) bekannt ist. Der Mehrwert der Nationalgarde gegenüber den bisherigen Sicherheitsstrukturen besteht einzig in ihrer besonderen ideologischen Zuverlässigkeit gegenüber dem Ziel einer "nationalen Revolution" zwecks Vertreibung bzw. Unterdrückung aller "inneren Okkupanten" (gemeint sind die Einwohner der Südostukraine). Schöne Aussichten ...


Wird es Krieg geben?

Die Lage ist eigenartig: Der rußländische Präsident Wladimir Putin und diverse Regierungsmitglieder weilen seit Freitag bei den Paralympischen Winterspielen in Sotschi. Doch zeitgleich ist die "westliche" Presse auf Krieg gebürstet, ergeht sich in Hysterie und Desinformation und erwartet stündlich den Ausbruch von Feindseligkeiten. Schuld ist natürlich nur einer - Putin. Der hat sich geweigert, ein Putschistenregime anzuerkennen, das von ein paar tausend gewalttätigen Demonstranten in die Regierungsgebäude (nicht an die Macht!) gebracht worden war. Zudem schützt er die Menschen in der Südostukraine davor, von den westukrainischen Nationalisten massakriert zu werden.

Ja, dieser Putin ist wirklich der gefährlichste Mann der Welt, ein Brandstifter sondergleichen. Nur er kann das schöne Kiew angezündet haben. Vielleicht war er auch schon im alten Rom tätig und man beschuldigt den armen Nero völlig zu Unrecht? Die Stimmung in unseren Medien unzerscheidet sich in nichts mehr von der "Berichterstattung" nach dem 22. Juni 1941. Jede Handlung des "freien Westens", die unterhalb der Schwelle des Atomwaffeneinsatzes bleibt, wird von der Journaille als "Einknicken" empfunden werden. Vernichtungsphantasien und Untermenschendenken brechen sich wieder Bahn.

Betrachten wir die einzelnen Akteure:

Für das Putschistenregime in Kiew böte ein größerer bewaffneter Konflikt viele Vorteile. Man kann damit von den großen Problemen im Inneren der neuen Ukraine ablenken (Wirtschaftsprobleme, sinkende Einkommen, steigende Lebenshaltungskosten, steigende Kriminalität). Zudem wird das Volk um die neuen Herrscher geeint, die "Säuberungen" würden noch weniger Aufmerksamkeit finden. Des weiteren kann so insbesondere die EU erpreßt werden, binnen kurzer Zeit noch weitaus größere Finanzmittel als bisher zugesagt zur Verfügung zu stellen - schließlich kämpft man um seine "Freiheit". Die NATO kann durch einen heroischen, aber erfolglosen Kampf dazu gezwungen werden, direkt mit Truppen einzugreifen, damit die von Washington gestützte Junta nicht zusammenbricht (Mitleidsreflex).

Hinzu kommen unmittelbare machtpolitische Vorteile. Wenn ein Krieg toben sollte, könnten natürlich am 25. Mai keine Präsidentenwahlen stattfinden. Das böte den beiden jetzigen, demokratisch nicht legitimierten Herrschern - dem "amtierenden Präsidenten" Turtschinow und dem "Premierminister" Jazenjuk - die Möglichkeit, lange Zeit in Amt und Würden zu bleiben, ohne sich ihrem Volk in einer Wahl stellen zu müssen. (Bis zum 09.03. war übrigens noch kein einziger Kandidat für die Präsidentenwahl registriert worden.) Beide gehören zudem religösen Kleinstgruppen an, die in der Ukraine praktisch bedeutungslos sind (Baptisten und Scientology).

Außerdem könnte man bei einem Krieg das störende Zeltlager auf dem Maidan auflösen. Dessen Besetzer hatten schon angekündigt, mindestens bis zur Präsidentenwahl auf dem Platz bleiben zu wollen. Doch wenn Krieg tobt würden sich natürlich alle sofort an die Front melden. Das gilt auch für die Schlägernaturen, die sich in den verschiedenen Banden zusammengefunden haben. Mit vielen von denen ist im wahrsten Sinne des Wortes kein Staat zu machen, weshalb die Anzugträger der Junta nur hoffen können, daß so viele Banditen wie möglich auf dem "Feld der Ehre" bleiben. Desto weniger stören sie später.

Verluste an Menschenleben sind in diesem Kalkül in einem gewissen Maße einkalkuliert und sogar eher nützlich. Für materielle Schäden wird schon eine "Geberkonferenz" der "Weltgemeinschaft" aufkommen. Und außerdem hätte die Ukraine endlich fremde Truppen im Land, die ihnen bei den "Säuberungen" der "inneren Okkupation" helfen.

Fazit: Aus Sicht der Putschisten wäre ein größerer bewaffneter Konflikt wünschenswert. Zu diesem Befund paßt die hysterische und völlig wirklichkeitsfremde Stimmung im Land. Seit Tagen behaupten die ukrainischen TV-Sender, Rußland hätte Kiew den Krieg erklärt, es führen schon rußländische Panzerkolonnen durch Saporoshje, ganze Landstriche wären verwüstet und es wären auch schon US-Truppen zur Unterstützung der bedrohten Ukrainer im Land. Doch was machen diese Sender, wenn der große Krieg plötzlich und unerwartet ausbleiben sollte?

Die Einwohner der Krim und der Südostukraine wollen ganz sicher keinen Krieg. Sie möchten einfach nur in Frieden leben, ihre Kultur bewahren und nicht von aus der West- und Zentralukraine angereisten Banden terrorisiert werden.

Die Rußländische Föderation will ebenfalls keinen Krieg, denn sie wäre von seinen Folgen überproportional stark betroffen (Zunahme des Flüchtlingsstroms, mögliche Kampfhandlungen auf eigenem Staatsgebiet etc.) und könnte, anders als die Kiewer Junta, wohl kaum auf große Finanzhilfen von außen hoffen. Allerdings ist der RF mittlerweile klar geworden, daß die Ukraine als Staat zerbrochen ist. Jetzt geht es darum, den Zerfallsprozeß so friedlich wie möglich abzuwickeln. Sozusagen ein geordnetes Insolvenzverfahren, in dem die Einwohner der Südostukraine vor dem Zugriff der westukrainischen Banden geschützt werden müssen.

Die USA und, in ihrem Gefolge, NATO und EU wollen, ihren Verlautbarungen zufolge, dem Putschistenregime das komplette Staatsgebiet der bisherigen Ukraine überantworten.

Von den dort lebenden Menschen ist jedoch nie die Rede. Mit der Formulierung "das ukrainische Volk" sind die Bewohner der West- und Zentralukraine gemeint. Vitali Klitschko forderte kürzlich unverhohlen die Vertreibung der Bewohner des Donbass. Nach ihrem Weggang würde dort Ruhe einkehren. Mit anderen Worten: Entweder unterwerfen die renitenten Bürger sich den Putschisten oder sie werden zwangsweise außer Landes geschafft. (Faktisch läuft der Exodus ja schon.) So redet der CDU-Zögling! Ergo wird es wohl dem entsprechen, was ihm seine ausländischen Berater eingeflüstert haben.

Doch das übergeordnete strategische Ziel lautet: Schwächung Rußlands und Ausschaltung des Landes als eigenständige politische und kulturelle (!) Größe. Darum gerieren sich im Augenblick Polen und Balten als besondere Scharfmacher, sie wähnen sich im Endkampf. Falls sie in selbigen siegen sollten, können sie sich aus der erhofften Konkursmasse der RF nach Lust und Laune bedienen und so ihre eigenen Vormachtgelüste befriedigen. In früheren Artikeln habe ich insofern die Bereitschaft Warschaus unterschätzt, die westukrainischen Nationalisten als Rammbock gegen Rußland einzusetzen. Polen spielt mit einem heißen Feuer, welches ihm selbst gefährlich werden kann, aber noch glaubt es, die Entwicklung steuern zu können.

Zu diesem Zweck sind bereits Sanktionen gegen die aufsässigen Südostukrainer und gegen die RF verhängt worden oder in Vorbereitung. Außerdem haben die USA und England zusätzliche Jagdbomber und Aufklärer nach Polen und ins Baltikum verlegt. AWACS-Maschinen führen Aufklärungsflüge entlang der ukrainischen Westgrenze durch und füttern die Putschisten wahrscheinlich mit aktuellen Lageinformationen. Über der Krim sind schon Drohnen, vermutlich amerikanischer Provenienz, gesichtet worden. Hinzu kommen die Kriegsschiffe der NATO im Schwarzen Meer.

Doch diese Maßnahmen werden allein nicht ausreichen, um die Bewohner der Südostukraine und Rußland zur Unterwerfung zu nötigen. Nichts anderes ist das Ziel, es geht darum, den Russen endgültig klar zu machen, daß sie minderwertige Geschöpfe sind und daher den Anweisungen Washingtons und seiner Satrapen bedingungslos Folge zu leisten haben. Und wenn der District of Columbia anordnet, daß ein Putschistenregime anzuerkennen ist, dann hat Moskau das gefälligst zu tun.

Für die USA geht es im Augenblick um nichts weniger als um den Erhalt der bereits brüchig gewordenen unipolaren Weltordnung. Der Staat, der selbst beständig von der Pleite bedroht ist, braucht den Rest der Menschheit als Schemel für seine Füße. Würde Rußland jetzt keinen Kotau machen, dann würden alsbald auch andere Länder "frech" werden und so das amerikanische Imperium ins Wanken bringen. Insofern wird im Augenblick Weltgeschichte geschrieben.

Sowohl für Washington als auch für Moskau steht folglich weitaus mehr auf dem Spiel als nur ein paar Detailfragen hinsichtlich der Ukraine. Deshalb ist ein bewaffneter Konflikt eher wahrscheinlich, der sich möglicherweise bis zum Spiel mit den roten Knöpfen steigern kann. In diesem Sinne haben bereits der Außenminister, der Generalstabschef und der US-Botschafter in Kiew der RF mit militärischen Maßnahmen und einer kompletten Handelsblockade gedroht.

Außerdem wollen ein paar US-Senatoren die RF von Fußballweltmeisterschaften ausschließen - seit wann ist Washington denn auch dafür zuständig? (Einige Stimmen aus der EU waren etwas besonnener.)

Die USA bewegen sich zur Zeit in einer ähnlichen Rhetorik wie 1999 in Rambouillet. Damals hatte Jugoslawien die Wahl, entweder einen entwürdigenden Vertrag zu unterschreiben oder bombardiert wu werden. Doch Rußland hat im Gegensatz zu Jugoslawien selbst Atomwaffen. Daher muß diese Erpressungsstrategie scheitern. Das gleiche gilt für Sanktionen, die zu einem Großteil auf die Wirtschaft jener, die sie verhängen, zurückschlagen würden (sprich: mehr Arbeitslose in der EU). D.h. die Sanktionsdrohungen schrecken Rußland nur bedingt.

Irgendwie wird es zu einem Agreement kommen, fragt sich nur wann und zu welchen Konditionen. Denn die Stimmung scheint auch hier in Deutschland im Augenblick sehr kompromißlos zu sein.


Prognose für die nächsten Tage

Der Kollege von Chartophylakeion hat vorhin einen lesenswerten Artikel publiziert, in dem er darlegt, weshalb es wahrscheinlich nicht zu einem Krieg kommen wird, weil sich die Junta mit dem Verlust der Krim abgefunden habe. (Dafür spricht auch, daß der ukrainische Grenzschutz - nicht etwa die Polizei - seit Tagen an den Zugängen zur Krim förmliche Paßkontrollen durchführt.) Seine Argumente leuchten ein, doch sollen an dieser Stelle noch einige Gründe angeführt werden, die dafür sprechen, daß es sehr wohl zu Kampfhandlungen, wenn auch wohl keinen besonders umfangreichen, kommen könnte:

1. Das Regime von Kiew ist seit anderthalb Wochen in seiner Kriegsrhetorik gefangen. Wer lange so heiß läuft, muß irgendwann Dampf ablassen. Einen Verlust des beanspruchten Staatsgebietes einfach so hinzunehmen würde nicht zur aggressiven nationalistischen Rhetorik, die seit Wochen in Kiew gepflegt wird, passen.

2. Am wahrscheinlichsten ist der Beschuß der Krim durch Artillerie (wenig personalintensiv), womöglich sogar am Tag des Referendums. Eher unwahrscheinlich dürfte ein voller Sturmangriff auf die Halbinsel, die nur über zwei Zugänge mit dem Festland verbunden ist, sein. Dafür gibt es nicht genug kampfkräftige Verbände aller Waffengattungen.

3. Auf Beschwichtigungen aus der gegnerischen Hauptstadt sollte man sich nicht verlassen. Im August 2008 hatte der seinerzeitige georgische Präsident Michail Saakaschwili die Bewohner Südossetiens in einer Fernsehansprache beruhigt, doch wenige Stunden später schlugen die georgischen Raketen in Zchinwali ein. Saakaschwili ist derzeit in Kiew als politischer Berater tätig und hat sogar ein eigenes Büro in der Präsidalverwaltung. Daher ist zu befürchten, daß er maßgeblichen Einfluß auf die Ausarbeitung der politischen Strategie besitzt.

4. In jedem Fall ist mit Terroranschlägen zu rechnen. Nicht nur auf der Krim und im Südosten, sondern auch in Rußland selbst. Entsprechende Drohungen der Nationalisten liegen vor. Außerdem werden die USA versuchen, über ihre islamistischen "Freunde" im Kaukasus und auf der Krim Gewaltakte zu veranlassen. Dies darf nahezu als sicher gelten, egal welche Richtung die weitere Entwicklung nehmen wird.

5. Aus Sicht der Krim und der RF genügt es, die Zugänge zur Halbinsel zu halten. Offensivhandlungen im Raum Cherson sind nicht notwendig. Dafür reichen die jetzt auf der Krim vorhandenen Kräfte und Mittel aus.

6. Eine insgesamt blutsparende und militärstrategisch für die RF überaus vorteilhafte Variante wäre ein großangelegter Einmarsch in die russischen Gebiete der Ukraine, die seit Wochen Petitionen an Putin richten. Relativ langsam, aber bestimmt auf Charkow, Lugansk und Donezk und dann weiter vorrücken und so die bei Cherson massierte ukrainische Armee von der Unsinnigkeit sämtlicher Kampfhandlungen überzeugen. Diesen Truppen genügend Zeit geben, um sich einigermaßen geordnet in ihr neues Staatsgebiet, die West- und Zentralukraine, zurückzuziehen. (Eine ähnliche Strategie haben die USA 1995 in Bosnien-Herzegowina angewandt.)
In diesem Fall würde es vermutlich zu massiven Sanktionen seitens einiger Staaten kommen. Selbst wenn die "westlichen" Politiker einsehen sollten, daß diese Lösung für alle Betroffenen die beste ist, so muß doch zu Hause die aufgepeitschte Pressemeute besänftigt werden.

7. Im Augenblick scheint es keine Bereitschaft der NATO zu geben, in einen konventionellen Krieg wegen der Ukraine einzutreten. Das könnte sich allerdings ändern, wenn die Sache zu lange in der Schwebe bleibt.


Verwandte Beiträge:
Die Krim ist sicher, jetzt geht es um die Ostukraine
Ukraine: Banditentum statt Demokratie
Dieses Wochenende wird entscheidend
Die "friedlichen Demonstranten" von Kiew
Die Ukraine brennt und zerfällt
Das Neueste aus Kiew und anderen EU-Kolonien
Der Putsch geht in eine neue Phase
EU zeigt in Kiew ihr totalitäres Gesicht
Geschichte, Geopolitik und westukrainische Genozidphantasien
Die Ostukraine wehrt und behauptet sich
Klitschko heizt Krise an, Ostukraine steht auf
Tatsächliche Spaltung der Ukraine
Ukrainisches Volk und fremde Agenten
Die Ukraine als Kolonie
Bürgerkrieg in Kiew