Samstag, 18. Dezember 2010

Neue Sichten und Einsichten ...

... in die russische Geschichtswissenschaft und Geschichtsschreibung über den Zweiten Weltkrieg vermittelt der Historiker Horst Schützler in seinem Text "Der 'Große Vaterländische Krieg'" (Berlin 2010). Die Broschüre ist ein Literaturbericht, in dem der Autor das breite Spektrum der historiographischer Debatten in Rußland darstellt, soweit sie sich um den 2. WK drehen. Es ist Schützlers Verdienst, dem deutschen Publikum so einen Überblick zu verschaffen - was sonst in deutschen Medien (auch wissenschaftlichen!) oft untergeht, sucht man doch dort lieber einfältige Erklärungsmuster oder Extrembeispiele, die in keinster Weise repräsentativ sind.

Inhaltlich wird keines der "heißen Eisen", die auch emotionale Reaktionen auslösen, ausgespart, wie schon ein Blick in die Gliederung zeigt:
Rückblick in die Geschichtsschreibung
Die erste Etappe – die stalinsche Prägung
Die zweite Etappe – „Tauwetter"
Die dritte Etappe – Erstarrung
Die vierte Etappe – Paradigmenwechsel

Der „Große Vaterländische“ – im heutigen Russland
Begriffsbild und Herangehen

Vorabend und Anfangsphase des Krieges 1939–1941
Präventivkriegsdiskussion
Nichtangriffspakt, Okkupationen, sowjetisch-finnischer Winterkrieg
Überfall, Existenzkampf und Katastrophendebatte
Repressalien und diktatorische Macht

Weiterer Kriegsverlauf und das Kriegsende in Deutschland

„Alles für die Front“ – das Hinterland
Kirchenpolitik
Hilfe der Alliierten – Lend-lease
Kriegsalltag – Mensch und Gesellschaft im Krieg

Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter. Heimkehrerschicksal
Okkupation. Partisanenbewegung. Kollaboration
Quellen, Preis und Früchte des Sieges
Der „Große Vaterländische“ und Patriotismus heute
Dabei bleibt Schützler erfreulicherweise sehr sachlich, auch wenn der Herausgeber der Schrift dem einen oder anderen bedenklich erscheinen mag. Erwerben konnte ich das Heft übrigens am Rande einer Veranstaltung der Berliner Freunde der Völker Russlands e.V. - und die 3 € waren sehr gut investiert.


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Samstag, 11. Dezember 2010

Donnerstag, 9. Dezember 2010

Tolstoj ist aus der Mode gekommen

Der November 2010 war auf den Kulturkanälen Arte und 3sat angefüllt mit Beiträgen über den russischen Schriftsteller Lew Tolstoj. Anlaß war dessen Todestag, der sich in diesem Jahr zum einhundertsten Mal jährt. Manche dieser Filme waren gut und durchaus geeignet, dem deutschen Publikum die Geschichte Rußlands und seiner Literatur näherzubringen. Andere hingegen waren von zweifelhafter Qualität. Eine oft gestellte Frage war die nach der Aktualität Tolstojs. Manche Autoren waren offenkundig herb enttäuscht, als sie während ihrer Dreharbeiten keine Russen trafen, die mit Tolstojs Büchern unter dem Arm spazierengingen.

Natürlich gilt Lew Nikolajewitsch auch heute noch als verehrungswürdiger Klassiker, aber seine während der Sowjetzeit herausragende Rolle hat er eingebüßt. Die Gründe dafür sind – natürlich – vielfältig. Zum einen stand Tolstoj den Bolschewiki geistig nahe, auch wenn seine Verehrer diese Nähe hartnäckig leugnen. Er wollte eine diesseitige Menschheitbeglückungsreligion gründen und hat deshalb das Christentum verworfen. Er wollte zwar das Gute für die Menschheit, aber für konkrete Menschen in einer Notlage hatte er kaum etwas übrig. Mit dem Ruhm des Schriftstellers konnte er sich nicht begnügen, nein, er wollte auch als großer Philosoph gelten. Seine konkreten Vorschläge zur Verbesserung des Menschengeschlechts waren ziemlich radikal: Zwang zum einfachen, geradezu ärmlichen Leben; Verzicht auf Transzendenz; vegetarische, fast schon veganische Ernährung u.a.m.
Die bolschewistische Herrschaft trug ebenfalls stark religiöse Züge: Der Personenkult, insbesondere um den toten Lenin; der Erlösungscharakter der im Diesseits aufzubauenden kommunistischen Zukunft; die harte Bekämpfung anderer, konkurrierender Religionsgemeinschaften (Orthodoxie, Islam, Judentum); der Glaube an die autoritativen, fast schon heiligen Schriften der „Klassiker“ Marx, Engels, Lenin und zeitweise Stalin usw.

Nichts gegen jemanden, der freiwillig so leben möchte wie Tolstoj! Doch in seinem Umkreis regierte – wie wenige Jahre später unter Lenin – Zwang. Selbiger ging zu einem nicht geringen Teil von seinen Jüngern aus und sogar der Meister selbst mußte sich ihm hin und wieder beugen. Die Ähnlichkeiten zwischen Tolstoj und den späteren Kommunisten sind frappierend. Trotzdem wäre es überzogen, Tolstoj als Marxisten zu bezeichnen. Dennoch wird man den Schriftsteller wohl als ihren geistigen Wegbereiter diverser linksradikaler Gruppen bezeichnen dürfen. Deshalb überrascht es nicht, daß die Menschen im heutigen Rußland nicht übermäßig viel von ihm halten. Nach dem Ende der kommunistischen Herrschaft und dem Bekanntwerden der Opfer, die sie gefordert hat, sind ihnen abstrakte Beglückungsideologien suspekt.

Um so größerer Beliebtheit erfreut sich heute Fjodor Dostojewskij. Anders als Tolstoj hat er Armut und Unterdrückung am eigenen Leib erfahren. Doch wandte er sich der Religion zu und interessierte sich in seinen Werken vor allem für den einzelnen Menschen, nicht für die Menschheit. Somit überrascht es nicht, daß sich Dostojewskijs (offizielle) Popularität während der siebzig „roten Jahre“ in Grenzen gehalten hat. Auch deshalb erhoffen sich heute nicht wenige, durch die Lektüre seiner Werke Auskunft über wichtige Fragen des Lebens zu erhalten.
Mit anderen Worten: Tolstoj befindet sich derzeit in einem Konjunkturtief, sein alter Antipode Dostojewskij ist hingegen in Mode. Ein Grund dafür dürfte auch die Authentizität der beiden Autoren sein. Während der eine vom Ideal der Güterlosigkeit schwärmte, in Wohlstand lebte (also links redete, aber rechts lebte ;-)), zählte der zweite auch in seinem persönlichen Leben zu den „Erniedrigten und Beleidigten“, wurde aber darüber nicht zum Revolutionär, sondern zum konservativen Gottsucher, in dessen Arbeitszimmer eine Ikone samt Ewigem Licht hing.

Ein weiterer Grund für Tolstojs Niedergang dürfte die Weltfremdheit seiner Ideen sein. Obwohl er selbst als junger Mann Offizier gewesen war, propagierte er später die totale Gewaltlosigkeit. Als hehres Ideal mag letztere ja interessant sein, doch wird kein Staat und keine andere Form der irdischen Machtausübung je ohne die Anwendung eines Minimums an Zwangsmitteln auskommen. Jede Erwartung des Gegenteils wäre unrealistisch. Deshalb ist es absurd, wenn Tolstojs Ururenkel Wladimir Iljitsch im Fernsehen räsoniert, daß die rußländische Regierung seinen großen Vorfahren ins Abseits schiebe, um ungestört ihrer Gewaltlust frönen zu können.
Dies ist einer der großen Unterschiede zwischen den Bolschewiki und Tolstoj. Während erstere noch soweit geerdet waren, um anzuerkennen, daß es ohne Gewalt nicht gehen kann und wird, waren der Dichter und seine Jünger für diese Erkenntnis schon zu weit abgehoben. Ihr Reich war nicht von dieser Welt.

Tolstojs Leben war voller Zwiespältigkeiten (siehe dazu auch „Lev Nikolaevič Tolstoj, ein ‚menschheitlicher Mensch’“). Man kann diese aus der Perspektive des außenstehenden Beobachters interessant und spannend finden, doch zum Volkshelden taugt so jemand nicht, zumal die von ihm verkündeten Ideale seit dem 1917 gestarteten Versuch ihrer (allerdings gewaltsamen) Umsetzung mit viel Mißtrauen aufgenommen werden. So plädierte Tolstoj z.B. für eine möglichst kostenlose Schulbildung. Im heutigen Rußland sind Gebühren für höhere Schulen und Universitäten jedoch ganz üblich, ohne daß es deshalb zu Protestkundgebungen käme. Die Russen sehen ein: Wissen und Bildung – und damit implizit auch bessere Karriereaussichten – können nicht zum Nulltarif zu haben sein.

Ähnlich verhält es sich mit Tolstojs Ideal der Armut und Güterlosigkeit. Für einen reichen Großgrundbesitzer wie ihn mag das eine nette Vorstellung gewesen sein. Für viele Millionen Russen war die Zeit zwischen dem Ende der 1980er Jahre und dem Beginn der 2000er hingegen eine existentielle Erfahrung. Für sie war bittere Armut eine Realität und die Versorgungslage z.T. ausgesprochen schlecht – schlechter noch als unter Breshnjew. (Obwohl die gesamte Sowjetzeit kaum Gelegenheit für das Anhäufen von Reichtümern bot. Oder besser gesagt: auch wer überdurchschnittlich viel Geld verdiente, konnte sich dafür nur wenig kaufen.)
Angesichts dessen ist der bescheidene Wohlstand, den sich die meisten Menschen seit einigen Jahren schaffen konnten, erfreulich, auch wenn rigorose Tolstojaner dies als Ausdruck moralischer Verderbtheit empfinden mögen. Letztere sollten sich vielmehr nicht darüber wundern, daß ihre Ideologie heute nur noch wenige anspricht. Schließlich hat die sowjetische Epoche empirisch bewiesen, daß Massenarmut nicht zu einer Veredelung der Menschheit führt.

Diese wenigen Gedanken sollten zeigen, daß sich die Frage nach der Aktualität Tolstojs – und damit vor allem der Aktualität seiner philosophischen Entwürfe – im heutigen Rußland nur bedingt stellt. Zwischen 1917 und 1987 ist manches versucht worden, um seine Ideen ins Werk zu setzen, doch die Resultate waren bescheiden. Das sollte man nicht nur, wie oft üblich, den inkompetenten und gewalttätigen Bolschewiki anlasten, sondern auch Tolstoj, einem ihrer Ideengeber. Was von ihm bleiben wird, sind seine belletristischen Werke, nicht seine Weltentwürfe und -beglückungsphantasien.

Samstag, 4. Dezember 2010

Spetsnaz XI: Spezialkräfte der Seekriegsflotte

In den letzten drei Folgen der „Spetsnaz“-Serie wurde die russische Marineinfanterie behandelt. Damit eng verbunden, aber nicht identisch, sind die Speznas-Einheiten der Seekriegsflotte. Diese Spezialkräfte unterstehen direkt dem Flottenkommando; die Angehörigen führen in der Regel die Dienstgrade der Marine (Kapitän usw.) und nicht die der Marineinfanterie (Major etc.). Ihre primären Aufgaben sind, kurz gesagt, Aufklärung und Diversion zur Unterstützung von Operationen der Marine. Doch dazu gleich mehr.

Vorab muß noch darauf hingewiesen werden, daß auch die Marineinfanterie zumindest während der 1990er Jahre in einem ihrer Lande-Sturm-Bataillone eine „Spezialkompanie“ unterhalten hat, zu der u.a. ein Kampfschwimmerzug gehörte. Ob es derartige Spezialkräfte der MI heute noch gibt oder ob es sich lediglich um eine der zahlreichen Episoden im Kontext des allgemeinen Umbruchs der 90er gehandelt hat, ist dem Verfasser leider nicht bekannt.

Geschichte 1: 1938-1945

Während der 1930er Jahre hat auch die sowjetische Marine mit Tauchapparaten experimentiert. Im Oktober 1938 fand in der Nähe von Wladiwostok eine erste Lehrübung statt, bei der Taucher ein U-Boot über die Torpedorohre verließen, um anschließend Aufklärung an der Küste zu betreiben. Diese Veranstaltung kann als Geburtsstunde der sowjetischen Kampfschwimmer betrachtet werden. Sie erregte höheren Orts zwar viel Interesse, hatte aber keine weiteren Folgen. 1940 wurde in der Schwarzmeerflotte eine ähnliche Übung durchgeführt, ebenfalls ohne direkte Ergebnisse. Taucher waren in der Seekriegsflotte vor allem für Unterwasserarbeiten zuständig; in den Aufklärungsorganen der Marine war für sie kein Platz vorgesehen, sondern nur für strategische, Funk- und Agenturaufklärung.



Erst nach Beginn des deutschen Feldzuges wurden ab Juli 1941 in den Flotten Spezialeinheiten formiert, die z.B. Aufklärungsabteilung, Aufklärungskompanie oder Taucherkompanie hießen. Sie hatten folgende Aufgaben: Aufklärung gegnerischer Schiffe in ihren Häfen, Aufklärung gegnerischer Flugzeuge und Küstenverteidigungseinheiten, ggf. Bekämpfung dieser Ziele, Aufklärung zur Vorbereitung von Seelandungen und Teilnahme an der ersten Staffel solcher Unternehmen, Zusammenarbeit mit Partisanen, Unterstützung der Agenturaufklärung sowie Mitwirkung an der Auswertung nachrichtendienstlicher Informationen.

In der Nordmeerflotte wurden 2 Aufklärungsabteilungen aufgestellt. Eine davon, die 181., hat Viktor Leonow geführt. Seine Erlebnisse hat er in einer Autobiographie niedergelegt (s.u.). Im hohen Norden wurde die Aufklärung vor allem zu Land (per Ski) und/oder mittels kleiner Seelandungen betrieben; getaucht wurde dort nicht.

Die Baltische Flotte hat insgesamt 13 Spezialeinheiten gebildet. Eine davon, die Kompanie besonderer Bestimmung, wurde mit Tauchschülern und Marineinfanteristen aufgefüllt und war im Herbst 1941 einsatzbereit. Sie hatte eine breite Spanne von Aufträgen zu erfüllen: Vorbereitung von Seelandungen, Minenräumen im Finnischen Meerbusen und der vermutlich spektakulärste Einsatz – das Heben des gesunkenen deutschen U-Bootes U-250 im August 1944, was wichtige Resultate für den weiteren Seekrieg in der Ostsee brachte.



Die Schwarzmeerflotte stellte im April 1944 eine Sonder-Aufklärungsabteilung auf, die aus lediglich 10 Mann bestand und an einer einzigen Operation teilnahm. Ihr Auftrag war die Überwachung der Schiffsbewegungen im damals noch von der Wehrmacht besetzten Sewastopol. Am 05.04. wurden sie von einem Kriegsschiff vor der Küste abgesetzt; am 10. Mai vereinigte sie sich mit den vorrückenden Verbänden der Roten Armee. Sie haben ihren Auftrag erfüllt und konnten zudem wichtige Dokumente erbeuten.

In der Pazifikflotte waren zwar nach 1938 die Tauchübungen weitergegangen, eine erste Spezialeinheit wurde jedoch erst im Januar 1945 aufgestellt. Nach einigen Reorganisationen wurden die Spezialkräfte der Pazifikflotte und der Amurflottille im Sommer 1945, kurz vor Beginn des Krieges gegen Japan, durch erfahrene Marineaufklärer der Nord-, Schwarzmeer- und Baltischen Flotte verstärkt. Der bereits erwähnte Leonow übernahm das Kommando über eine der beiden Aufklärungsabteilungen. Ihre Einsätze im August 1945 erfolgten vor allem an der koreanischen Küste; doch getaucht wurde auch hier nicht.

Obwohl sich die Spezialkräfte der Marine während des 2. WK bewährt und ihre Aufgaben – über und unter Wasser wie auch an Land – erfüllt hatten, brachte das ihnen das Kriegsende die Auflösung. (Ähnlich erging es übrigens den Spezialaufklärern des Heeres.) Zunächst wurden die Taucher aus den Einheiten herausgezogen und in den Notfall-Rettungsdienst der Flotten eingegliedert. Im Herbst 1945 erhielten die noch bestehenden Einheiten schließlich der Auflösungsbefehl. Als Begründung wurde angeführt, daß in Friedenszeiten die Vorbereitung von Aufklärungspersonal nicht notwendig sei.



Geschichte 2: 1953-1991

Erst 1952 änderte sich diese Haltung, als sich Marinechef Vizeadmiral Kusnezow mit der Hauptverwaltung für Aufklärung (Abk.: GRU) ins Benehmen setzte und die Neuaufstellung maritimer Spezialkräfte ins Auge faßte. Doch es dauerte noch bis zum Sommer 1953, bis daraus Konsequenzen erwuchsen. Im Juni 1953 wurde unter der Leitung von Kapitän 1. Ranges Jewgenij Jakowlew der 6. See-Aufklärungspunkt (Abk.: MRP) gegründet, welcher zur Keimzelle aller anderen Einheiten werden sollte. Der 6. MRP war nahe Sewastopol basiert und unterstand der Schwarzmeerflotte.

1954 folgte der 4. See-Aufklärungspunkt der Baltischen Flotte mit Standort im Raum Baltijsk (früher Pillau). Im März 1955 wurde der MRP der Pazifikflotte gebildet, der im Raum Wladiwostok stationiert war. Als letzter folgte im November 1957 der MRP der Nordmeerflotte. Es dauerte bis zum Dezember 1958, bis alle See-Aufklärungspunkte einsatzbereit waren; schon damals war das Geld für die teuren Spezialausrüstungen knapp. Die vier MRP hatten zu Beginn der 1960er Jahre zusammen eine Stärke von ca. 270 Mann.

In den 60er Jahren haben die Verantwortlichen viel Wert auf die Ausbildung von Reservisten für die Marineaufklärung gelegt, damit die im Kriegsfall wachsenden Aufgaben bewältigt werden können.
Bereits 1966 waren 8 Mann des 6. MRP ans Kaspische Meer entsandt worden. Auf dieser Grundlage wurde 1969 in der Kaspiflottille ein eigenständiger See-Aufklärungspunkt in einer Stärke von ca. 50 Mann gebildet. Standort war Baku.

Die Spezialkräfte der Schwarzmeerflotte waren hinsichtlich der Ausbildung besonders aktiv (was vom warmen Klima begünstigt wurde). Seit den 60er Jahren entwickelten sie verschiedene neue Verfahren für den Einsatz von Kampfschwimmern und Unterwasserfahrzeugen sowie für deren Absetzen aus der Luft. Dafür standen ein eigenes wissenschaftliches Laboratorium sowie eine Ausbildungseinheit in Kiew zur Verfügung. Außerdem wurden Delphine für den Militäreinsatz herangezogen.
Im Juni 1968 wurde der 6. See-Aufklärungspunkt denn auch in die 17. Speznas-Brigade umgewandelt. Diese war danach der größte Spezialverband der sowjetischen Marine.

Später haben Spezialkräfte der Baltischen Flotte u.a. an der Entminung des Suezkanals (1973-1975) und an der seeseitigen Absicherung von Auslandsreisen des sowjetischen Präsidenten Gorbatschow teilgenommen (z.B. in Malta und Reykjavík). Ferner begleiteten Kampfschwimmer aller Flotten deren Schiffe auf ihren Fahrten. Während der 1980er Jahre standen die maritimen Speznas-Einheiten im Zenith, danach ging es abwärts.



Nach dem Ende der UdSSR

Bereits 1990 war eine Reorganisation erfolgt. Die MRP hießen nun Spezial-Aufklärungspunkte (Abk.: RPSpN). Die 17. Brigade wurde in den 1464. RPSpN umgewandelt.
Nach der Auflösung der Sowjetunion im Dezember 1991 wurden die meisten Einheiten von der Rußländischen Föderation übernommen. Lediglich eine Einheit der Schwarzmeerflotte trat in ukrainische Dienste. Der 137. RPSpN, der ursprünglich zur Kaspischen Flottille gehört hatte und in Aserbaidshan stationiert war, wurde zunächst an den Ladogasee und schließlich ans Schwarze Meer verlegt.

Zugleich erwuchsen den Kampfschwimmern neue Aufgaben, insbesondere die Terrorbekämpfung im Nordkaukasus, namentlich in Tschetschenien. Mehrere von ihnen wurden mir Orden und Ehrenzeichen ausgezeichnet; Praporschtschnik Andrej Dnjeprowskij aus der Pazifikflotte erhielt posthum den Titel eines „Helden Rußlands“. Heute steht die Sicherheit der Handelsschiffahrt, vor allem die Bekämpfung der Piraterie, im Fokus der „Speznasowzy“.

Alle Flotten der rußländischen Marine verfügen über eigene Spezialkräfte. Aufgrund der langjährigen Unterfinanzierung der Streitkräfte ist die für den maritimen Einsatz notwendige Spezialtechnik nur noch bedingt einsatzbereit. Angaben zur Stärke dieser Speznas-Einheiten sind dem Verf. nicht bekannt. Zieht man die aus der Sowjetzeit bekannten Zahlen zu Rate und bezieht die allgemeine Reduzierung der russischen Streitkräfte mit ein, dann dürfte die Gesamtstärke heute bei unter 1.000 Mann liegen. Der größte Teil des Personals besteht aus Offizieren und Berufsunteroffizieren (Mitschmany); ansonsten ist kaum etwas über die innere Organisation der Spezial-Aufklärungspunkte bekannt.



Bewaffnung und Ausrüstung

In der UdSSR hat man viel Wert auf spezielle Handfeuerwaffen für den Unterwassereinsatz gelegt. Dementsprechend wurde viel Forschungsarbeit geleistet und zahlreiche Modelle entwickelt – und war damit weltweit führend. Beispiele sind die Pistole SPP-1 und das Sturmgewehr APS. Diese Sonderwaffen werden im Buch von Shaydurov umfassend beschrieben. (Allerdings stimmt ein Teil seiner militärgeschichtlichen Informationen nicht. So gibt er etwa an, die SU hätte erst 1967 Kampfschwimmereinheiten aufgestellt.)

Des weiteren wurden spezielle Fahrzeuge für die Fortbewegung über und vor allem unter Wasser entwickelt, z.B. die Typen „Sirena“, Triton“, SN-21, „Mangust“ u.a. Ansonsten stehen die Waffen und Ausrüstungsgegenstände zur Verfügung, wie sie für russische Spezialeinheiten üblich sind, ebenso Tauchausrüstungen.



Mit diesem Artikel wird die Behandlung der Elite- und Spezialeinheiten der Seekriegsflotte der RF abgeschlossen. In den nächsten Folgen dieser Reihe wird es voraussichtlich um innere Sicherheitsbehörden gehen.



Bibliographie

I. Chartschenko: Speznas flota – wtschera, segodnja … sawtra?, in: Bratischka 10/2010, S. 56 ff.

A. Gajewskij: Paraschjutisty sowjetskogo flota, in: G. Pernawskij (Hrsg.): Diwersanty wtoroj mirowoj, Moskau 2008, S. 122 ff.

V. Leonow: Auf Vorposten am Nordmeer, Berlin 1981.

I. Shaydurov: Russische Schusswaffen, Stuttgart 2010.




Verwandte Beiträge:
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Spetsnaz VIII: Geschichte der Marineinfanterie (1)
Spetsnaz IX: Geschichte der Marineinfanterie (2)
Spetsnaz X: Die Marineinfanterie heute
"Wostok – 2010"
24.10.2009: Video des Tages
Krieg der Aufklärer
Filmkritik: "Speznas"

Fotos: RIA Nowosti u.a.

Mittwoch, 1. Dezember 2010

Spetsnaz X: Die Marineinfanterie heute

Nach den beiden historischen Abhandlungen der letzten Tage (vgl. hier und hier) wird heute der aktuelle Zustand der Marineinfanterie der Rußländischen Föderation analysiert werden. Zunächst werden die grundsätzlichen Aufgaben und die Organisation dargestellt, um danach strategische und operative Optionen darzustellen. Das alles wird nach den einzelnen Flotten aufgeschlüsselt und erfolgt selbstverständlich unter Berücksichtigung der seit 2008 laufenden Militärreform.

Aufgaben

Die Küstentruppen der Seekriegsflotte, zu denen die Marineinfanterie – neben den Küsten-Raketen- und -Artillerie-Truppen und weiteren Einheiten zur Küstenverteidigung – zählt, haben folgende allgemeinen Aufgaben: Schutz der Marinebasen, Häfen, wichtiger Küstenabschnitte, Inseln, Meerengen sowie die Abwehr gegnerischer Schiffe und Seelandungen.
Den MI-Truppenteilen werden vom Verteidigungsministerium der RF darüber hinaus folgende Aufgaben gestellt: Vorbereitung und Durchführung von Seelandungen, entweder allein oder zusammen mit Verbänden der Landstreitkräfte, sowie die Verteidigung der Flottenbasen. Die MI verwendet dazu grundsätzlich die Ausrüstung der Mot. Schützentruppen, die jedoch an die besonderen Erfordernisse amphibischer Operationen angepaßt wird. Hinzu kommt die Mitwirkung an Anti-Terror-Operationen, am Schutz anderer gefährdeter Objekte sowie die Unterstützung ziviler Behörden.



Organisation 1: Pazifik

Die Marineinfanterie der Pazifikflotte wurde kürzlich reorganisiert und dabei drastisch reduziert. Dennoch unterhält diese Flotte nach wie vor die stärksten MI-Kräfte in Rußland. Diese stellen sich nun wie folgt dar, wobei zu bedenken ist, daß die Umorganisation noch nicht abgeschlossen wurde:
  • 155. MI-Brigade (hervorgegangen aus der 55. MI-Division, Standort: Wladiwostok) mit etwa 4 MI-Bataillonen, 1 Lande-Sturm-Bataillon, 1 Panzerbataillon, 1 Artillerieabteilung, 1 Fernmeldebataillon sowie weiteren Unterstützungseinheiten;
  • 40. Selbständiges MI-Regiment (hervorgegangen aus der 40. MI-Brigade; Standort: Kamtschatka) mit ca. 3 MI-Bataillonen, 1 Lande-Sturm-Bataillon, 1 Artillerieabteilung;
  • 186. selbst. Marine-Pionierbataillon.
(Diese Einheiten werden ergänzt durch die 520. Küsten-Raketen-Artillerie-Brigade mit 6 Küstenraketen- bzw. Artillerie-Abteilungen, die schwerpunktmäßig auf Sachalin und den Südkurilen disloziert sind. Auf Sachalin ist des weiteren eine Mot. Schützenbrigade und auf den Kurilen eine Maschinengewehr-Artillerie-Abteilung [in z.T. verbunkerten Stellungen] stationiert. Beides sind Heereseinheiten, die jedoch operativ der Marine unterstellt werden können.)



Organisation 2: Nordmeer

Der Nordmeerflotte als größter Gliederung der rußländischen Marine untersteht nach wie vor die 61. Marineinfanteriebrigade mit Standort in Sputnik (Murmansker Gebiet). Dazu gehören u.a. folgende Einheiten: das 874. MI-Bataillon, das 876. Lande-Sturm-Bataillon, das 886. Aufklärungsbataillon, das 125. Panzerbataillon, die 1611. SFL-Artillerie-Abteilung, die 1591. SFL-Artillerie-Abteilung und die 1617. Fla-Raketen-Abteilung. Hinzu kommen 2 kadrierte (also nicht- bzw. teilaktive) MI-Bataillone mit den Nummern 317 und 318 sowie die üblichen Unterstützungseinheiten.



Organisation 3: Ostsee

Die Baltische Flotte gebietet über die 336. Marineinfanteriebrigade. Deren Hauptquartier und die meisten Einheiten liegen im Raum Baltijsk (früher Pillau) im Kaliningrader Gebiet, wo sich auch die Hauptbasis der Baltischen Flotte befindet. Folgende Einheiten zählen zur Brigade: 877. Marineinfanteriebataillon, 878. MI-Bataillon, 879. Lande-Sturm-Bataillon, 102. Panzerbataillon, 724. Aufklärungsbataillon, 1592. SFL-Artillerie-Abteilung, 1612. Artillerie-Abteilung, 1618. Fla-Raketen-Abteilung, 53. selbst. Pionierzug (Standort: Kronstadt) sowie weitere Unterstützungseinheiten.

(Hinzu kommt noch die 25. Küsten-Raketenbrigade der Marine. Aufgrund der besonderen militärgeographischen Lage des Kaliningrader Gebiets unterstanden bisher die meisten der dort dislozierten Verbände der Landstreitkräfte operativ ebenfalls dem Kommando der Baltischen Flotte. Ihre Hauptaufgabe ist die landseitige Sicherung der Marinebasen. Den Kern dieser Heereskräfte, deren genaue Neustruktur dem Verf. noch nicht bekannt ist, bilden 2 Mot. Schützenbrigaden.)



Organisation 4: Schwarzes Meer

Die MI-Kräfte der Schwarzmeerflotte wurden kürzlich umbenannt, aber nicht vermehrt. Die 810. Marineinfanteriebrigade (vorher: 810. MI-Regiment) ist auf der Krim im Raum Sewastopol (Ukraine), dem wichtigsten und zugleich legendenumwobenen Hafen der Schwarzmeerflotte, basiert. Sie besteht aus folgenden Einheiten: 382. MI-Bataillon (Standort: Temrjuk/RF), 557. MI-Bataillon, 542. Lande-Sturm-Bataillon, einer SFL-Artillerie-Abteilung, einer Fla-Raketen-Abteilung, einer Lande-Aufklärungs-Kompanie, einer Lande-Pionier-Kompanie, einer Panzerabwehrbatterie und zahlreichen weiteren Unterstützungseinheiten.



Organisation 5: Kaspisches Meer

1996 war in der Kaspischen Flottille die außergewöhnlich starke 77. Marineinfanteriebrigade formiert worden, deren Haupteinsatzgebiet der unruhige Nordkaukasus war. Im Zuge der Militärreform haben sich nunmehr zwei wichtige Neuerungen ergeben. Erstens verlor die Kaspiflottille ihre Selbständigkeit und wurde dem Kommando der Schwarzmeerflotte unterstellt. Zweitens erging für die 77. MI-Brigade der Auflösungsbefehl. Aus ihrem Bestand wurden 2 MI-Bataillone mit den Standorten Kaspijsk und Astrachan gebildet. Diese beiden Bataillone gehören jetzt zur 810. MI-Brigade der Schwarzmeerflotte (s.o.).

Die Auflösung der 77. MI-Brigade ist jedoch natürlich, nachdem sich die Sicherheitslage in Tschetschenien und den Nachbarregionen in den letzten Jahren deutlich verbessert hat. Für die eigentlichen Aufgaben der Kaspiflottille genügen zwei MI-Bataillone vollauf. Was künftig aus den ebenfalls zur aufgelösten Brigade zählenden Artillerie- und technischen Einheiten werden soll, ist allerdings noch offen.



Organisation 6: Sonstiges

In Moskau existiert außerdem das Selbständige Wachbataillon des Hauptstabes der Seekriegsflotte. Daneben gibt es noch ein paar selbständige Kompanien und Ausbildungseinheiten. Die Gesamtstärke der Marineinfanterie der RF dürfte bei etwa 15.000 Mann liegen.

Die Struktur und Ausstattung der MI-Verbände ist den Bedingungen ihres jeweils primären Einsatzgebietes angepaßt. Seit den 1990er Jahren wird außerdem mit neuen Organisationsformen unterhalb der Brigade- bzw. Regimentsebene experimentiert, die besser an die Erfordernisse kleiner Operationen angepaßt sind, z.B. gemischte Bataillons- und Kompaniekampfgruppen.



Landungsschiffe

Ohne Landungsschiffe keine Marineinfanterie. Die Zahl der im Bestand der Seekriegsflotte befindlichen Landungsschiffe hat nach 1991 stark abgenommen. Derzeit sind bei den Flotten und Flottillen folgende Landungsschiffe im Einsatz:
  • Nordflotte: 4 Große Landungsschiffe des Projekts 775.
  • Baltische Flotte: 4 Große Landungsschiffe des Projekts 775 und 2 Kleine Luftkissen-Landungsschiffe (Projekt 12322 „Subr“).
  • Schwarzmeerflotte: 3 Große Landungsschiffe des Projekts 1171 und 4 Große Landungsschiffe des Projekts 775.
Im vergangenen Jahr hat die Meldung, daß die russische Marine über die Beschaffung von bis zu vier Schiffen nach Art der französischen „Mistral“ nachdenke, weltweit große Beachtung gefunden. Dabei wird das Projekt in Rußland selbst stark kritisiert. Und selbst die Verfechter des Mistral-Kaufs (wie z.B. Kramnik) geben zu, daß ein solches Schiff für die russische Marineinfanterie nicht nötig weil viel zu groß sei. Sie sehen in der Mistral eher eine Kombination aus Führungsschiff und Hubschrauberträger, insbesondere für Operationen in fernen Seegebieten wie etwa vor Somalia. Doch primär führen sie industriepolitische Argumente wie etwa die Entwicklung der russischen Schiffbauindustrie durch internationale Kooperation ins Feld – also Gründe, die kaum etwas mit amphibischen Operationen, „force projection“, kohärenter Seestrategie usw. zu tun haben.

Demgegenüber wenden die Kritiker ein, daß zwei bis vier „Mistrals“ viel zu teuer wären und damit andere, für die rußländische Marine erheblich wichtigere Schiffsneubauten gefährden würden. (Vgl. dazu auch die Artikel von Gorenburg.) Die Mistral erscheint mithin als ein teures Prestigeobjekt ohne rechten Nutzen. Statt dessen wird vorgeschlagen, lieber die drei bereits vor Jahren außer Dienst gestellten Universallandungsschiffe der „Iwan Rogow“-Klasse (Projekt 1174) zu reaktivieren, ggf. nach einer Modernisierung. (Derzeit ist nur noch eines dieser Schiffe im Einsatz.) Sie verfügten über alle für die relativ kleine Marineinfanterie der RF notwendigen Eigenschaften. Parallel solle die Entwicklung der bereits fertig projektierten Universallandungsschiffe des Projekts 11780 und anderer neuer Modelle vorangetrieben werden, damit sie mittelfristig die alternden Schiffe im Flottenbestand ablösen können.

Zum Zeitpunkt, als dieser Artikel geschrieben wurde, war die Ausschreibung für bis zu 4 neue Landungsschiffe noch nicht beendet. Insgesamt sind (bzw. waren) vier Anbieter im Rennen, wobei der französischen „Mistral“ die größten Chancen eingeräumt werden – auch wegen der guten politischen Beziehungen zwischen Moskau und Paris. Vergleicht man die vier vorliegenden Projekte miteinander, so wäre wohl der niederländische „Rotterdam“-Typ für die Bedürfnisse der russischen MI am besten geeignet. Angesichts der skizzierten Probleme mit der Mistral-Beschaffung wäre es verfrüht, bereits jetzt von einer „Rückkehr der russischen Marineinfanterie auf die Weltmeere“ zu sprechen. Die politische und militärische Führung Rußlands beabsichtigt, Schiffe zu kaufen, für die noch nach einem sinnvollen Verwendungszweck gesucht wird.



Bewaffnung und Ausrüstung

Die Zeiten, in denen die MI-Einheiten fast durchgängig mit schwimmfähiger Panzertechnik ausgestattet waren, sind vorbei. Der alte, aber bewährte Schwimmpanzer PT-76 wurde schon vor Jahren ausgesondert; an seine Stelle sind in den Panzerbataillonen T-72 getreten. Die Marineinfanteriebataillone verfügen über SPW der Typen BTR-80 und MT-LB, die ebenfalls nicht mehr ganz jung sind. Zwar wurde vor einem Jahr die mittelfristige Umrüstung der MI auf modernere Systeme wie BMP-3, BTR-82 und BRDM-3, den Kampfpanzer T-90 und die 120-mm-SFL Wena (2S31) angekündigt, doch bleibt abzuwarten, ob den Worten auch Taten folgen.

Beobachter legen besonderen Wert auf schwimmfähige leichte Panzer, denn die schweren Kampfpanzer können nur in einem Hafen oder vorbereiteten Strandabschnitt angelandet werden. In der Diskussion sind neben dem ursprünglich für die Luftlandetruppen entwickelten Modell Sprut-SD auch eine stark modernisierte Version des PT-76. Allerdings ist äußerst fraglich, ob für ein solches Sonderprogramm Mittel bereitgestellt werden, zumal die Marineinfanterie hinsichtlich der Beschaffungsprioritäten in den vergangenen Jahren nicht vorne stand.



Uniformierung

Die Marineinfanteristen kleiden sich traditionell in eine schwarze Uniform mit der Telnjaschka, einem dunkelblau gestreiftem lang- oder kurzärmeligen Hemd. (Telnjaschki mit hellblauen Streifen werden von den Luftlandetruppen verwendet.) Die schwarze Uniform ist heute jedoch nur noch Dienst- und Paradeuniform; im Felde werden natürlich Tarnanzüge getragen. Hinzu kommt das schwarze Barett, welches der Truppe auch ihren Spitznamen „tschjornyje berety“ gegeben hat.
Das typische Armabzeichen der MI ist der goldene unklare Anker auf schwarzem Grund, heute in der Regel auf dem rechten Oberarm getragen. Auf dem linken Oberarm befindet sich das Abzeichen der jeweiligen Flotte mit der Andreaskreuz-Flagge. Zusätzlich werden bisweilen spezielle Einheitsabzeichen getragen, i.d.R. ebenfalls am rechten Arm.
Das Motto der rußländischen Marineinfanterie lautet: „Tam gdje my, tam - pobjeda“ (dt.: Dort, wo wir sind, da ist der Sieg).



Einsatzoptionen 1: Allgemeines

Die Rußländische Föderation ist insofern in einer geopolitisch besonderen Lage, als sie der Staat mit den längsten Seegrenzen und der längsten Küstenlinie der Welt ist. Des weiteren liegt sie an drei Ozeanen (Atlantik, Nordpolarmeer, Pazifik) und zwei Randmeeren (Ostsee, Schwarzes Meer). Hinzu kommt das Kaspische Binnenmeer mit seinem nach wie vor ungeklärten völkerrechtlichen Status. Dies stellt die russische Marine vor schwierige Aufgaben, auch weil eine gegenseitige Verstärkung der regionalen Flotten u.U. nur schwer möglich sein wird.

Für ihre amphibischen Kräfte stellt sich seit Jahren eine ganz grundsätzliche Sinnfrage, die mit dem Fehlen einer kohärenten Seestrategie der RF zusammenhängt. Klar ist, daß die weitreichenden Konzeptionen aus der Zeit des Kalten Krieges obsolet sind. Das heutige Rußland hat im Gegensatz zur Sowjetunion keine „Pflicht zur internationalistischen Hilfe“, so daß nicht ständig größere Marineinfanterie-Einheiten auf den Weltmeeren präsent sein müssen. Ebenso sind alle Planungen für den Fall eines großen europäischen Krieges hinfällig, welche die Sicherung der Ausgänge von Ostsee und Schwarzem Meer vorgesehen hatten. Welchen Sinn hätte es z.B. – selbst bei einem Konflikt mit der NATO –, angesichts der geo- und sicherheitspolitischen Gesamtlage der RF, ein oder zwei MI-Bataillone an der dänischen Küste zu landen? Welche Aufgaben sollten die Kampfschiffe der Baltischen Flotte in einer derartigen Konstellation in der Nordsee erfüllen?

Die Seekriegsflotte steht insgesamt vor dem Problem, daß ihre Aufgaben bisher oft nur unpräzise oder widersprüchlich formuliert worden sind. Die Verteidigung der Küsten und des Küstenvorfeldes ist selbstverständlich, doch wie sieht es mit „Blauwasser“-Operationen aus? Soll die Marine insoweit zu mehr fähig sein als zu einem nur gelegentlichen Flaggezeigen in Übersee? Wenn ja: Welche politischen Zwecke sollen damit verfolgt werden? Eine positive Beantwortung dieser Fragen ist, auch aus Budgetgründen, wenig wahrscheinlich. (Deshalb ist die Mistral-Beschaffung so zweifelhaft.)

So konzentriert sich die russische Flotte – wie viele Seestreitkräfte – seit über zwei Jahren auf die Bekämpfung von Piraten vor der Küste Ostafrikas. Mit dabei sind natürlich auch Kräfte der Marineinfanterie, die auf den Kriegsschiffen mitfahren, um Boardings etc. durchzuführen. Sie haben mehrfach – auch durch Waffeneinsatz – Piratenangriffe abwehren und gekaperte Schiffe befreien können, zuletzt in einer aufsehenerregenden Aktion im Mai 2010 (vgl. hier und hier). Solange das Piratenproblem besteht, wird auch die Marineinfanterie der RF dort gut zu tun haben. Ihr Engagement könnte sogar noch steigen, sofern sich die Piratenbekämpfung stärker in die somalische Küstenregion verlagern sollte.

Nachfolgend wird es vor allem um regionale Einsatzoptionen jenseits von Fernfahrten an die Küsten Afrikas und Arabiens gehen.



Einsatzoptionen 2: Pazifik

Die Pazifikflotte hat die stärksten amphibischen Kapazitäten innerhalb der russischen Marine. Dies hat zwei Gründe: Erstens ist die sicherheitspolitische Lage in der Region wegen der japanischen Ansprüche auf die Südkurileninseln angespannt (vgl. auch hier, hier und hier). Diese Inseln ließen sich im Fall der Fälle nur mittels einer amphibischen Operation zurückerobern, was im Sommer auch im Rahmen des Manövers „Wostok-2010“ geübt wurde.
Zweitens ist die Pazifikflotte die nächstgelegene zu den Brennpunkten Afrikas und Asiens (Stichwort: Piraten).

Daraus ergeben sich die beiden Einsatzoptionen der MI-Einheiten der Pazifikflotte: Größere amphibische bzw. triphibische Unternehmen zur Landesverteidigung, kleine Aktionen in weiter entfernten Seegebieten.



Einsatzoptionen 3: Nordmeer

Die Nordmeerflotte ist neben der Pazifikflotte der zweite „Blauwasserteil“ der rußländischen Marine. Mithin kommen den am Polarkreis dislozierten Marineinfanteristen ähnliche Aufgaben zu.
Des weiteren sind sie die Hauptstütze der Landesverteidigung in dieser Region Rußlands, denn im gesamten Norden des Landes sind fast gar keine Einheiten der Landstreitkräfte stationiert. Diese regionale Bedeutung im Sinne eines erweiterten Küstenschutzes (einschließlich taktischer Seelandungen) nimmt noch zu, sollte das arktische Eis tatsächlich noch weiter schmelzen. Damit wäre der Nördliche Seeweg leichter befahrbar, zudem würde die Ausbeutung der dort lagernden Rohstoffe vereinfacht. (Mit anderen Worten: Die Bedeutung der Arktis wird insgesamt größer; siehe dazu auch die „Grundlagen der staatlichen Politik der Russischen Föderation in der Arktis“.)



Einsatzoptionen 4: Ostsee

Die Marineinfanterie der Baltischen Flotte hat de facto keine amphibische Rolle – zumindest nicht in einem bewaffneten Konflikt, welcher im Ostseeraum ausgetragen wird. In einem solchen Szenario bestünde ihre Aufgabe in der Sicherung und Verteidigung der Marinebasis Baltijsk. Diese ist der einzige ganzjährig eisfreie Hafen an der russischen Ostseeküste und deshalb für die Flotte besonders wichtig. (Militärstrategisch gesehen befindet sich Rußland in diesem Gebiet heute in einer ähnlichen Situation wie Deutschland zwischen 1919 und 1939.)

Ein hypothetisches Szenario für einen Krieg um das Kaliningrader Gebiet hatte ich hier bereits entwickelt. Dem ist aus Sicht der Marine noch hinzuzufügen, daß die polnischen Seestreitkräfte in den letzten Jahren ihre Minenlegefähigkeit erheblich verbessert haben, denn die 5 Mittleren Landungsschiffe des Projekts 767 („Lublin“) wurden für die Zweitaufgabe Minenlegen ausgerüstet. Dies legt den Schluß nahe, daß man in Warschau für den Krisenfall die Verminung der Seewege vor dem ehemaligen Ostpreußen plant. Damit wäre die Exklave Kaliningrad nicht nur zu Lande und in der Luft, sondern auch auf dem Wasser vom russischen Kernland isoliert. In einer solchen Konstellation wäre es absurd, Teile der für die Verteidigung dieses Gebiets vorgesehenen Verbände für Seelandungen heranzuziehen. Vor allem, wenn man die erdrückende Überlegenheit allein der polnischen Landstreitkräfte bedenkt.

Ferner kann eine amphibische Operation im Ostseeraum immer nur unterstützenden Charakter für Heeresverbände haben, die auf einem anderen Weg vorrücken (strategische Diversion). Im Prinzip wurde dies während des Manövers „Sapad-2009“ geübt, als ein Übungsabschnitt das Anlanden an einem feindbesetzen Strandabschnitt beinhaltete. (Das Manöverszenario erweckte z.T. den Eindruck, als ginge es um das Freikämpfen des vom Gegner eingeschlossenen und partiell besetzten Kaliningrader Gebiets.) Doch ließe sich dergleichen natürlich nicht mit Einheiten realisieren, die erst einmal aus einer vollständigen Umfassung ausbrechen müßten und damit faktisch ihre Basis preisgäben. Und es ist äußerst unwahrscheinlich, daß die NATO im Kriegsfall so großzügig wäre, Rußland die Heranführung von Landungskräften aus anderen Flotten durch die südliche Ostsee zu gestatten.

D.h. die Marineinfanterie der Baltischen Flotte dient vor allem dem Küstenschutz. Amphibische Operationen kann sie sinnvollerweise nur in anderen Seegebieten durchführen. Ein Beispiel dafür war die Übung „Wostok-2010“ an der Pazifikküste der RF, woran auch Marineinfanterie-Einheiten und Landungsschiffe aus der Ostsee teilgenommen haben. Oder die hinlänglich bekannten Pirateneinsätze.

Abschließend ein ebenfalls hypothetisches Konzept des Verfassers, um die amphibischen Fähigkeiten der Baltischen Flotte auch hinsichtlich der Landesverteidigung zu verbessern (nein, das Moskauer Verteidigungsministerium bezahlt mich nicht dafür ;-)).
Die 336. MI-Brigade wird geteilt: 2 MI-Bataillone verbleiben zur Hafen- und Küstenverteidigung in Baltijsk, der Rest wird in den Raum St. Petersburg verlegt und bildet dort ein neues MI-Regiment. Dasselbe gilt für die Landungsschiffe. Diese Einheiten hätten sodann nicht nur eine amphibische Rolle in entfernten Seegebieten, sondern auch vor ihrer Haustür. Sie wären das „blitzende Vergeltungsschwert“ (Clausewitz) des Gegenangriffs auf ein besetztes Kaliningrad. Damit wäre der Wandel von Passivität zur Aktivität vollzogen.



Einsatzoptionen 5: Schwarzes Meer

Die Schwarmeerflotte ist in einer nur geringfügig komfortableren Lage als die Baltische. Ihre Hauptbasis ist das in der Ukraine liegende Sewastopol, wo sich auch die Hauptkräfte der 810. MI-Brigade befinden. Die Stationierung von Truppen im Ausland ist immer mit politischen Unwägbarkeiten verbunden.
Theoretisch bieten sich für die dortige Marineinfanterie viele Einsatzoptionen, denn sie ist vielen Krisenherden der Welt, etwa dem Horn von Afrika, am nächsten. Seelandungen werden jedoch in der Praxis auch hier zumeist taktischer Natur sein. Aufgrund der besonderen Schwäche der Schwarzmeerflotte (das Gros der Kampfschiffe stammt aus den 1970er Jahren und muß demnächst ausgesondert werden) wären sämtliche Überlegungen für weitreichende amphibische Operationen (z.B. an der türkischen Küste) schlicht absurd.

Das soll durch die beiden Unternehmen, die während des Südossetienkrieges im August 2008 durchgeführt wurden, illustriert werden.
Am Abend des 8. August 2008 war ein Verband der rußländischen Schwarzmeerflotte aus Sewastopol ausgelaufen, in dessen Bestand sich 3 Große Landungsschiffe (Projekt 775) mitsamt eingeschiffter Marineinfanterie befanden. Auftrag: Blockade der georgischen Küste und ggf. Bekämpfung von Schiffen der georgischen Marine. Am 10. August kam es vor der Küste Abchasiens zum einzigen Seegefecht dieses Konfliktes, in dessen Verlauf ein georgisches Patrouillenboot verlorenging. Die übrigen Kriegsschiffe zogen sich in ihren Heimathafen Poti zurück. Am 12. August landete in Poti eine Einheit der Marineinfanterie, um den Hafen zu besetzen und die georgischen Kampfschiffe zu zerstören. Nachdem diese gesprengt worden waren, verließen die Seesoldaten Poti am 13.08. wieder.

Bereits ab dem 10. August hatten andere Landungsschiffe der Schwarzmeerflotte Einheiten der 7. Gebirgs-Luftsturm-Division (Standort: Noworossijsk) und der Marineinfanterie im abchasischen Hafen Otschamtschire angelandet, die danach in die Richtungen Süden und Südosten, nach Georgien hinein, vorstießen. Diese Seelandung war zwar umfangreicher, hatte aber ebenfalls nur begrenzte Bedeutung; ihre Funktion bestand in dem Eröffnen einer zweiten Front außerhalb Südossetiens und damit der Absicherung des dortigen Vorstoßes der Landstreitkräfte.
Dieses Konzept scheint sich bewährt zu haben, denn im Rahmen des Manövers „Kawkas-2009“ wurde in Noworossijsk erneut das Einschiffen von Fallschirmjägern auf Landungsschiffen geübt. Allerdings werden die Landungsschiffe damit zu reinen Transportschiffen „degradiert“.



Einsatzoptionen 6: Kaspisches Meer

Die Situation im Kaspischen Meer ist für Rußland positiver. Trotzdem mutet die organisatorische Zuordnung der beiden Marineinfanteriebataillone zur 810. MI-Brigade der Schwarzmeerflotte seltsam an. Vor allem auch, weil die Kaspiflottille regelmäßig mit den Seestreitkräften der übrigen Anreiner dieses Binnenmeeres zu tun hat, die z.T. zum Zuständigkeitsbereich des benachbarten OSK Mitte gehören.
Mehr als taktische Seelandungen von Einheiten in Kompaniestärke dürften hier nicht vorgesehen sein.



Resümee

Der allgemeine Niedergang der rußländischen Streitkräfte nach 1991 hat auch vor der Elitetruppe der Marineinfanterie nicht haltgemacht. Zwar dürfen Moral und Ausrüstung immer noch als relativ gut gelten, doch ist nunmehr – wie in vielen Teilen der Armee – rasche Investitionen geboten, um sie nicht dem völligen Verfall preiszugeben. Anderenfalls wäre zu befürchten, daß die „Verlandung“ der MI – also der Verlust ihrer spezifisch maritimen Fähigkeiten – weitergeht. Am Ende eines solchen Prozesses könnte eines Tages die erneute Auflösung der Truppe stehen – es wäre nicht die erste ihrer Geschichte. Es bleiben jedoch Zweifel, ob dies in der politischen und militärischen Führung Rußlands erkannt wird. Denn die von Verteidigungsminister Serdjukow vorangetriebene Militärreform trägt zunehmend seltsame Blüten, die sich jeder vernünftigen Begründung entziehen.



In der nächsten (und vorerst letzten) Folge der Spetsnaz-Reihe hier auf Backyard Safari werden die Kampfschwimmer und andere Spezialkräfte der rußländischen Seekriegsflotte behandelt.



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Webportale: Morpeh.com, Mpeh.ru, Belostokskaya.ru.




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Fotos: RIA Nowosti u.a.

Montag, 29. November 2010

Spetsnaz IX: Geschichte der Marineinfanterie (2)


Erneute Auflösung nach 1945 …

Nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges sah es zunächst so aus, als ob sich die Marineinfanterie als Waffengattung der sowjetischen Seekriegsflotte etabliert hätte – neben den Landstreitkräften und den Luftlandetruppen. Ausdruck dessen war die Einrichtung einer eigenen MI-Offiziersschule in Wyborg.

Doch 1956 hatte die Führung der UdSSR unter Generalsekretär Chruschtschow und Verteidigungsminister Shukow den originellen Gedanken, daß die SU ein friedliebender Staat sei, weshalb man keine größeren Seelandungen mehr vorbereiten müsse. Außerdem seien solche Operationen im Atomwaffenzeitalter sinnlos*. Kleinere Landungen könnten ggf. von küstennah dislozierten Mot. Schützen- und Panzereinheiten des Heeres durchgeführt werden. Daraus folgte, daß die Marineinfanterie überflüssig war; ihre Einheiten wurden entweder aufgelöst oder in die Landstreitkräfte überführt. Zudem wurden die schwimmenden Einheiten der Flotte stark reduziert (selbst wenn sie relativ neu waren) und das Schiffbauprogramm, welches den Neubau von Landungsschiffen vorgesehen hatte, geändert, um vermehrt Atom-U-Boote zu schaffen.



… und Wiedergeburt

Sieben Jahre später hatten sich die Anschauungen gewandelt. Admiral Sergej Gorschkow, der Oberbefehlshaber der Seekriegsflotte, konnte die Staatsführung davon überzeugen, daß sich die sowjetische Marine nicht nur auf die passive Küstenverteidigung beschränken dürfe, sondern auch auf den Weltmeeren präsent sein müsse. Mithin glaubte Gorschkow auch an die Notwendigkeit der Marineinfanterie, der insbesondere in den „kleinen Kriegen“ der Dritt-Welt-Staaten eine besondere Rolle zukommen sollte. Mit anderen Worten: Die Seesoldaten dienten auch der UdSSR als klassisches Einflußinstrument. Ferner hatte sich in Übungen herausgestellt, daß die Einheiten der Landstreitkräfte mit den spezifischen Problemen einer Seelandung oft überfordert waren.

1963 wurde die Marineinfanterie wieder gegründet. Zuerst wurde ein MI-Regiment in der Baltischen Rotbannerflotte formiert, danach folgten Regimenter der Pazifik- (1963) und der Nordmeerflotte (1966) sowie ein Bataillon der Schwarzmeerflotte, das später zu einem Regiment erweitert wurde (1967). Die Kaspische Flottille verfügte über ein MI-Bataillon.
Dabei wurde oft auf bereits bestehende Einheiten des Heeres zurückgegeriffen. Beispielhaft soll diese Entwicklung am 61. MI-Regiment nachvollzogen werden. 1943 wurde das 61. Schützenregiment aus Teilen einer Marineschützenbrigade gebildet und kämpfte u.a. in Karelien und Nordnorwegen. Nach dem 2. WK verblieb es im Bestand der Landstreitkräfte des Leningrader Militärbezirks. 1966 wurde dieses Regiment in die Nordmeerflotte überführt und in 61. Marineinfanterieregiment umbenannt. 1979 erfolgte schließlich die Erweiterung des Regiments zur 61. Marineinfanteriebrigade (s. auch unten).

Damit war die Struktur gegeben, die im Grunde bis heute beibehalten wurde. Im Jahre 1967 wurde in der Pazifikflotte der einzige Großverband der sowjetischen MI nach dem 2. WK gebildet: die 55. Marineinfanteriedivision. Sie bestand aus 3 MI-Regimentern, 1 selbst. Panzerbataillon, 1 Artillerieregiment, 1 Flugabwehrregiment, 1 Aufklärungsbataillon und weiteren Unterstützungseinheiten.



Landungsschiffe

Eine Marineinfanterie ohne geeignete Mittel zu ihrer Verbringung an den Einsatzort ist weitgehend wertlos und nichts anderes als ein normaler Infanterieverband, der zufällig dem Kommando der Flotte untersteht. Deshalb wurde seit Mitte der 1960er Jahre in der UdSSR der Bau von Landungsschiffen vorangetrieben. Befanden sich vorher nur kleine Landungsschiffe (Projekt 106) im Bestand, so verließen 14 Große Landungsschiffe des Projekts 1171 („Alligator“) zwischen 1966 und 1975 die Werften. Dann folgten Mittlere Landungsschiffe (Projekte 770, 771 und 773 „Polnochny“) sowie die Großen Landungsschiffe des Projekts 775 („Ropucha“), die bis zu 14 Kampfpanzer und 200 Soldaten transportieren konnten. Viele dieser Schiffe wurden übrigens auf polnischen Werften gebaut.

Bereits Ende der 1960er Jahre wurden die ersten Landungsboote auf Luftkissenbasis in Diemst gestellt (Projekt 1205 „Skat“). Zwischen 1975 und 1981 wurden sie durch 20 Luftkissenboote vom Projekt 1206 („Kalmar“), 8 Landungsfahrzeuge des Typs „Murena“ (Projekt 12061) und 2 Boote vom Projekt 1209 („Omar“) ergänzt bzw. ersetzt. Hinzu kamen – als größte Einheiten – 18 Kleine Landungsschiffe des Projekts 12321 („Aist“). Hinsichtlich der Verwendung der Luftkissentechnologie war die sowjetische Marine weltweit führend – sowohl qualitativ als auch (zeitweilig) quantitativ.



Ab 1978 erfolgte dann ein Quantensprung. Waren sowjetische Landungsschiffe bis dahin für die direkte Anlandung von Mannschaften und Fahrzeugen am Strand konzipiert, stellte die Seekriegsflotte mit den drei Großen Landungsschiffen des Projekts 1174 („Iwan Rogow“) neue Universallandungsschiffe in Dienst, die 1 MI-Bataillon aufnehmen konnten. Sie verfügten über zwei wichtige Neuerungen. Erstens konnten die Marieninfanteristen nicht nur direkt über den Bug an den Strand gebracht werden, sondern auch über die beiden im Heck untergebrachten kleinen Landungsboote. Damit verfügte die SU erstmals über Docklandungsschiffe. Zweitens konnten – für sowjetische Landungsschiffe ebenfalls ein Novum – bis zu 4 Hubschrauber (meist Ka-29) an Bord mitgeführt. Diese Maschinen konnten bis zu 16 Soldaten transportieren.

Das Konzept der „Iwan-Rogow“-Klasse entsprach den seinerzeitigen Anforderungen der sowjetischen Führung an die Marineinfanterie: begrenzte Kontingente sollten sich lange Zeit in See befinden und auf drei unterschiedlichen Wegen angelandet werden können. Damit wurde die Durchführung der Auslandseinsätze (s.u.) erleichtert. Es wäre jedoch maßlos übertrieben, diese Landungsschiffe als Ausdruck einer weltweiten amphibischen Bedrohung seitens der UdSSR zu werten – so, wie es manche westlichen Autoren seit 30 Jahren tun. Angesichts der Anzahl und Größe von Landungsschiffen etwa der US Navy nehmen sich die beiden Schiffe eher bescheiden aus.



Einsatzkonzepte für konventionelle Konflikte

Der sowjetischen Marineinfanterie waren drei Aufgaben zugewiesen worden: Küstenverteidigung, insbesondere Schutz der Marinebasen; selbständige Durchführung taktischer Seelandungen und Mitwirkung an amphibischen Operationen der Landstreitkräfte (MI als erste Staffel zur Eroberung eines Brückenkopfes).

Von besonderer Bedeutung war die dritte Aufgabe im Ostseeraum, war doch die Beherrschung dieses Binnenmeeres aus Sicht der sowjetischen Flottenführung im Falle eines europäischen Krieges unbedingt nötig, um ein gegnerisches Einwirken auf die eigenen Küsten zu unterbinden. Ferner sollten die Vereinigten Ostseeflotten des Warschauer Vertrages in die Nordsee durchbrechen, um dort die Operationen der NATO-Streitkräfte zu stören. Für beides wäre die Beherrschung der Ostseeausgänge von essentieller Bedeutung gewesen, weshalb bei Manövern mehrfach Truppenlandungen in großem Stil geübt wurden.



„Geh' zur Marine und lern' die Welt kennen“

Der Kalte Krieg und seine Stellvertreterkonflikte in der Dritten Welt führten zu einer erheblichen Ausweitung der Einsatzgebiete der sowjetischen Flotte und damit auch der Marineinfanterie. Seesoldaten nahmen regelmäßig an den Fernfahrten von Kriegsschiffen teil und hatten auch eigenständige Aufgaben zu lösen; u.a. in Ägypten, Syrien, Äthiopien, Malta, Griechenland, Angola, Vietnam, Indien, Irak, Iran, Jemen, Madagaskar, Somalia, Pakistan, Benin, Guinea, Guinea-Bissau und San Tome.

Seit 1967 waren fast ständig Kräfte der Marineinfanterie in Übersee. Züge und Kompanien, zum Teil sogar komplette Bataillone, fuhren auf Landungsschiffen über die Weltmeere. Den Rekord stellte das 1. Bataillon der 61. MI-Brigade auf, welches sich 1979/80 ununterbrochen 11 Monate auf See befand. Es war dieser, mit permanenter Bereitschaft verbundene „Gefechtsdienst im Frieden“, der an den Kräften der Marineinfanteristen zehrte. Er war es auch, der die Marineinfanterie als Teil der Flotte grundsätzlich von anderen Truppen wie etwa den Fallschirmjägern unterschied. Letztere warteten auf einen fernen „Tag X“ mit großem Tamtam, den Seesoldaten konnte hingegen jeden Tag eine See- oder Luftlandung an einem unbekannten tropischen Küstenabschnitt befohlen werden – u.U. nur in Zug- oder Kompaniestärke, mit begrenzter Luftunterstützung etc. Dieser Umstand trug – ebenso wie die umfangreiche und harte Ausbildung – natürlich zur Herausbildung eines elitären (Selbst-)Bewußtseins bei.


Sowjetische Marineinanteristen gehen in Äthiopien an Land.


Drei Episoden mögen die Auslandseinsätze der „Morskaja pechota“ illustrieren: Während des Ogadenkrieges im November 1977 wurde in der (damals noch) äthiopischen Hafenstadt Massaua insgeheim eine durch Kampfpanzer verstärkte MI-Kompanie der Pazifikflotte angelandet, um somalische Truppen, die die Stadt angriffen, zu stoppen. Im November 1981 landeten Marineinfanteristen unter dem Kommando eines Hauptmanns auf den Seychellen, um bei der Niederwerfung eines Staatsstreichs gegen die Regierung zu helfen.
Brisant war die Lage 1967 während des israelischen Vormarsches im Sechstagekrieg. Von den im Hafen von Port Said liegenden sowjetischen Landungsschiffen wurde an jedem Morgen das 309. MI-Bataillon ausgeschifft, welches tagsüber die zweite Linie der ägyptischen Verteidigung vor der Hafenstadt bildete, abends jedoch wieder auf die Schiffe zurückkehrte.

Ein Konflikt, an dem jedoch keine Einheiten der Marineinfanterie teilgenommen haben, war der sowjetische Feldzug in Afghanistan. Mit diesem Binnenland hatte die Seekriegsflotte nichts zu tun, weshalb es eine Domäne des Heeres und der Luftlandetruppen blieb.



Weitere Entwicklung der MI bis 1991

Die Marineinfanterie der späteren Jahre wurde „leichter“ und hat sich stärker auf Kleinkriegsszenarien vorbereitet. Bereits seit Beginn der 1970er Jahre erhielten MI-Angehörige aller Flotten im Ausbildungszentrum „Saturn“ bei Sewastopol am Schwarzen Meer eine umfangreiche Ausbildung für Aufklärungs- und Diversionseinsätze. Die dort ausgebildeten Soldaten entsprachen in ihrer Qualifikation in etwa den Angehörigen der der regulären Aufklärungseinheiten der GRU (Speznas), auch wenn sie nicht so bezeichnet wurden.

Das Jahr 1979 brachte einen weiteren Umbruch für die Marineinfanterie. Die bisherigen Regimenter der Baltischen, Nordmeer- und Schwarzmeerflotte wurden zu Brigaden umformiert. In den drei Brigaden sowie in den Regimentern der 55. MI-Division wurde ferner jeweils ein Lande-Sturm-Bataillon** aufgestellt. Neben der Anlandung vom Meer her (vorzugsweise mit den schnellen Luftkissenbooten – s.o.) konnten dessen Angehörige auch per Fallschirm oder Hubschrauber abgesetzt werden. Damit eröffnete sich für die sowjetische Marineinfanterie die dritte Dimension. In der Folge wurden verstärkt triphibische Operationen geübt, so z.B. im Juni 1983 im Schwarzen Meer.

1982 führte die Pazifikflotte das Manöver „Lutsch“ durch. Dabei wurden motorisierte Einheiten der 55. MI-Division bei Nacht ausgeschifft und angelandet, wobei als Hilfsmittel ausschließlich IR-Nachtsichtgeräte zur Verfügung standen.
Die sowjetische Marineinfanterie war modern bewaffnet und ausgerüstet; ihre Kampftechnik war großteils schwimmfähig, was den Anforderungen einer Seelandung entgegenkam. Darunter waren z.B. Schwimmpanzer PT-76, Schützenpanzerwagen BTR-60 und BTR-80, 122-mm-Selbstfahrlafetten „Gwosdika“, diverse Fla-Raketen-Komplexe kurzer und mittlerer Reichweite etc. Des weiteren wurden die üblichen Infanteriewaffen der Sowjetarmee geführt.



1987 war die geänderte Militärdoktrin*** des Warschauer Vertrages in Kraft getreten. Sonach wurde eine möglichst breite Verteidigung vorbereitet, anstatt – wie zuvor – alles auf einen großen Gegenangriff zu setzen und dafür auch temporäre Gebietsverluste in Kauf zu nehmen. Für die sowjetische Marine hatte dies zur Folge, daß der Küstenverteidigung stärkere Aufmerksamkeit gewidmet wurde. 1989 entstand eine neue Waffengattung: die Küstentruppen der Seekriegsflotte. Diese bestanden neben der Marineinfanterie aus den Küsten-Raketen- und -Artillerie-Truppen und den neuformierten Küstenverteidigungstruppen. Letztere wurden aus 4 Motorisierten Schützendivisionen der Landstreitkräfte gebildet, die in die Marine überführt worden waren und nun Küstenverteidigungsdivisionen hießen.

Während der Unruhen, welche den Zerfall der Sowjetunion begleiteten, waren Marineinfanteristen an vielen Brennpunkten im Einsatz, vor allem im Kaukasus, an den Küsten des Schwarzen und Kaspischen Meers.

In Teilen der westlichen Literatur (z.B. Leistner) wird behauptet, daß die sowjetische Marineinfanterie allein der Baltischen Flotte mehrere Divisionen umfaßt habe. Nach sorgfältiger Sichtung der russischsprachigen Literatur muß dies jedoch verneint werden. 1991 existierten bei den 5 Flotten und Flottillen insgesamt 1 MI-Division, 3 MI-Brigaden sowie eine Handvoll selbständiger Regimenter und Bataillone (z.B. in Moskau). Das entspricht einer Gesamtstärke von etwa 20.000 Mann.



Nach dem Ende der UdSSR

Nach der Auflösung der Sowjetunion wurden die meisten Marineinfanterieverbände von der Rußländischen Föderation übernommen. Lediglich das 880. selbst. MI-Bataillon wechselte in den Bestand der ukrainischen Seestreitkräfte. Nach verschiedenen Reorganisationen wird es heute als 1. Marineinfanteriebataillon tituliert. Sein Standort ist Feodossija und es besteht aus 2 MI-Kompanien, 1 Lande-Sturm-Kompanie, 1 Granatwerferbatterie und 1 Aufklärungszug.
Auch andere Nachfolgestaaten der SU haben in der Vergangenheit kleinere MI-Kontingente unterhalten, über die jedoch kaum etwas bekannt ist (Kasachstan, Georgien, Aserbaidshan).

Die Marineinfanterie der RF kam während der Jahre 1994-1996 und 1999-2000 in Tschetschenien zum Einsatz. Dabei bewährte sich vor allem die Gebirgsausbildung dieser Truppe, die eng mit Fallschirmjägern und Heereskräften zusammenarbeitete. Besonders wichtig war der Einsatz zweier Lande-Sturm-Bataillone aus der Baltischen und Nordmeerflotte sowie des 165. MI-Regiments der Pazifikflotte während der Erstürmung von Grosny. Am 7. Januar 1995 hatte der Generalstab die Verbände nach Tschetschenien befohlen, wo sie am 10. Januar eintrafen. Bis zum 7. März blieben sie in der Stadt, um danach andere Aufträge zu übernehmen.
Die Kämpfe im Nordkaukasus haben von den Marineinfanteristen einen hohen Preis gefordert: allein während des Jahres 1995 sind 178 von ihnen gefallen. Zu den Toten des Jahres 2000 gehört auch Generalmajor Alexander Otrakowskij, ein alter Marineinfanterist, der ab 1992 Kommandeur der Küstentruppen der Nordflotte war. Seit 1994 wurden insgesamt 22 MI-Angehörige zu „Helden Rußlands“, über 4900 weitere erhielten Orden und Ehrenzeichen.



Aufgaben und Organisation der russischen Marineinfanterie, wie sie sich heute darstellen, sind Gegenstand der nächsten Folge, die voraussichtlich übermorgen erscheinen wird.



Anmerkungen

* Die damaligen Diskussionen in der politischen und militärischen Führung der SU, in denen es insgesamt um die Bedeutung konventioneller Streitkräfte im Atomzeitalter ging, werden von F. Umbach: Das rote Bündnis, Berlin 2005, S. 75 ff., sehr gut dargestellt.

** Die russischsprachige Bezeichnung dieser Einheiten lautet "Desantno-schturmowoj batalon" (kyrillisch: десантно-штурмовой батальон; Abk.: DSchB), was ins Deutsche regelmäßig als Luftsturmbataillon übersetzt wird (Englisch: air assault battalion). Diese Übersetzung trifft die DSBs der Landstreitkräfte gut. Bezüglich der DSchBs der MI wird damit jedoch die spezifisch triphibische Rolle, die diesen Einheiten zukommt, unterbewertet. Es wäre falsch, sie einfach als Fallschirmjäger oder Luftlandesoldaten zu titulieren, zumal (zumindest) in den 1990er Jahren Teileinheiten einiger DSchB auch offiziell zu den Spezialkräften gezählt wurden (Kampfschwimmer). Deshalb wird hier die etwas gewöhnungsbedürftige wörtliche Übersetzung "Lande-Sturm-Bataillon" verwendet.

*** Zur Militärdoktrin des WV siehe C. Jones: Gorbacevs Militärdoktrin und das Ende des Warschauer Paktes, in: T. Diedrich et.al. (Hrsg.): Der Warschauer Pakt, Berlin 2009, S. 245 ff. Leider bleibt Jones in zentralen Punkten, insbesondere hinsichtlich der konkreten Einsatzplanung, sehr abstrakt. Ergänzend sei deshalb auf H. Nielsen: Die DDR und die Kernwaffen, Baden-Baden 1998 (insbesondere S. 25 ff.) verwiesen.




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