Dienstag, 30. September 2008

Krieg der Aufklärer


Es gibt nicht allzu viele deutschsprachige Bücher über den Afghanistankrieg 1979-1989. Und noch weniger stellen die sowjetische Sicht des Krieges dar. In dieser Lücke steht das kleine Büchlein "Afghanistan - Krieg der Aufklärer" von W. J. Markowskij und W. W. Miljatschenko, das 2006 in deutscher Übersetzung im Elbe-Dnjepr-Verlag erschienen ist. (Der Verlag ist übrigens eine Fundgrube für Literatur aus dem postsowjetischen Raum.)

Die Autoren sind keine kommunistischen Fanatiker, welche die Verklärung des Krieges als "internationalistische Hilfsaktion" betreiben würden, sondern gehen sehr kritisch sowohl mit der politischen Führung als auch der praktischen Kampfführung der Sowjetunion in Afghanistan um. Auf zahlreichen Bildern und in den Begleittexten stellen sie die Aufklärungseinheiten als Speerspitze der Sowjetarmee und deren Einsatz vor. Es werden Dislozierung, Ausrüstung, Bewaffnung und Einsatztaktiken erläutert.
Dabei erfährt der Leser ein wenig davon, wie sehr dieser Krieg ein Impulsgeber für Veränderungen in der Sowjetarmee gewesen ist, die z.T. heute noch nachwirken (man denke bspw. nur an die besondere Wertschätzung der Spetsnaz- und Luftlandetruppen). Der Kampf in Afghanistan hat einen ganz anderen Charakter getragen als das, was man sonst aus dem Warschauer Vertrag und dessen Ausrichtung auf einen europäischen Kriegsschauplatz kannte.

Das Buch ist kein Technikbildband, der sich mit ein paar Bildern "cooler" Panzer begnügen könnte, sondern liefert auch denkwürdige und hierzulande weitgehend unbekannte Hintergrundinformationen - aus denen man als politisch Denkender durchaus Schlußfolgerungen für das heutige Afghanistanengagement der Bundeswehr ziehen kann.
Einziges Manko ist die stellenweise etwas holprige bzw. ungenaue Übersetzung, so daß man als der russischen (Militär-)Sprache Kundiger bisweilen den Kopf schütteln muß. Davon wird der Wert des Buches insgesamt aber nicht geschmälert.

PS: Im Internet gibt es auf dieser Webseite eine weitere Bildersammlung.

Freitag, 19. September 2008

Luftgewehrschützen in St. Petersburg

In den letzten Jahren durfte ich mehrmals in St. Petersburg zu Gast sein. Und der vergangenen Woche mußte ich bei einer "Tour" durch die russischen Waffenforen mit Erstaunen zur Kenntnis nehmen, daß sich in unmittelbarer Nähe meiner letzten Wohnung an der Kirochnaya Ulica (unweit des Taurischen Gartens und des Suworow-Museums) eine kleine, aber sehr aktive Gemeinschaft von Luftgewehrschützen etabliert hat - und ich habe nicht einmal dort vorbeigeschaut. :(

Man trifft sich regelmäßig - ein- bis zweimal im Monat - auf einem angemieteten Raumschießstand an der Paradnaya Ulica, wo auf Entfernungen bis 50 m geschossen wird. (Dabei ist zu bedenken, daß für erlaubnisfreie Waffen auch in Russland ein gesetzliches Limit von 7,5 Joule gilt.) Neben Field-Target-ähnlichen Disziplinen ist dort das Benchrestschießen sehr beliebt. Bilder von diesen Veranstaltungen gibt es z.B. hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier.
Auch für den morgigen Samstag ist ein Schießen geplant.

Sommers wie Winters treffen sich unsere Kollegen außerdem auf einem stillgelegten Fabrikgelände zum Outdoorschießen auf FT-Ziele, normale Schießscheiben und selbstgebastelte Ziele. Bilder davon finden sich z.B. hier, hier, hier, und hier.
Alternativ fährt man auch einmal in ein abgelegenes Waldstück zum Schießen.
Diese Veranstaltungen tragen fast schon den Charakter von Familienfesten: Man kommt mitsamt Frau und Kindern zusammen und schießt, grillt, ißt und trinkt gemeinsam.

Daß auch die Obrigkeit in Gestalt der stark präsenten Miliz im angeblich so furchtbar totalitären Russland damit kein Problem hat, kann man an diesen Bildern (1, 2) aus der Moskauer Metro erkennen. Ein derart offener und unbefangener Transport von Waffen in öffentlichen Verkehrsmitteln wäre in Deutschland kaum denkbar, wo er doch von der Deutschen Bahn u.a. Transportdienstleistern per AGB ausgeschlossen worden ist. Und im bezüglich Waffen mittlerweile paranoiden Großbritannien müßte man gar gewärtig sein, daß bei einem solchen Anblick Terroralarm ausgelöst würde.

Weitere Links:
Veranstaltungshinweise bei Guns.ru
St. Petersburg im Forum von Airgun.org.ru


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