Samstag, 21. April 2007

Das andere Rußland

Jüngst hat der Krusenstern-Blog dieses disparate politische Bündnis, das derzeit in fast aller Munde ist, beschrieben und auch in diesem Blog wurde bereits eine Einschätzung desselben aus deutscher Feder zitiert.

Am Donnerstag wurde nun unter dem Betreff "'Another Russia' vs. Russia" eine E-Mail von Sergej Roy über Johnson's Russia List verbreitet, die einen kurzen Einblick in die innerrussische Einschätzung dieser Oppositionsgruppe vermittelt und auch ihre handelnden Figuren - Michael Kasjanow, Irina Chakamada und Garri Kasparow - kurz vorstellt. Insgesamt eine sehr erhellende und allseits empfohlene Lektüre:
"In the wake of the weekend's rallies of the "dissenters" (nesoglasnye, more literally translated as "disagreeables") and the roughing up they received at the hands of the police, quite a few media in the West have done their best to portray them as intrepid fighters against Putin's authoritarian regime, for democracy and freedom.

Contrariwise, in Russia, the ordinary people's view of these "disagreeables" was succinctly expressed by a neighbor of mine: 'Urody!' (loosely translated as "freaks"; I am omitting the accompanying epithets). Speaking as one of the masses, that view is typical of Russians' gut feeling about these clowns.

This sharp divergence of opinion, putting it politely, is due to a very simple fact: we, the people of Russia, know these freaky "disagreeables"; we have known them for more years than we care to remember; we have seen them in action, and we do not like what we have seen and suffered from. They've done Russia nothing good and a lot of harm, and we are certain that that is exactly why they enjoy such keen support of Russia-haters in the West. Our dislike for the West ­ the USA above all ­ is growing proportionately.

[...]"

Aus einer englischen Perspektive heraus hat sich James Heartfield in einem interessanten Artikel dem gleichen Thema gewidmet, dessen Aussagen man im "Westen" - genau wie die obigen Roys - wohl nur ungern zur Kenntnis nehmen wird:
"A new Russian revolution? Get real

Another Russia, the anti-Putin campaign group, commands the front pages of the Western press. But it hasn’t impressed the Russian people.

The protest movement Another Russia clashed with riot police this weekend, and its leader Garry Kasparov was briefly imprisoned. But do these self-styled dissidents really offer any alternative to President Vladimir Putin?

[...]"

Im dritten Teil unserer Analyse der russischen Innenpolitik kommen wir jetzt zum Parteiensystem. Eine aktuelle Analyse desselben findet sich im am Dienstag erschienenen Russian Analytical Digest 19. Darin werden u.a. die relevanten politischen Parteien kurz vorgestellt und auch demoskopische Daten präsentiert. Die Parteien mit den höchsten Zustimmungsraten sind sonach (vgl. S. 5): Einheitliches Rußland, dann - mit deutlichen Abstand - die Kommunistische Partei, Schirinowskis LDPR und, aufholend, Gerechtes Rußland. Die liberalen Parteien liegen einzeln deutlich unter 10 %.

Diese Zahlen, in Verbindung mit dem oben von Roy und Heartfield vermittelten Hintergrund, erklären m.E. auch, warum Beresowski kürzlich zur Revolution geblasen hat: Es ist kurz- und mittelfristig äußerst unwahrscheinlich, daß das Andere Rußland selbst bei vollständig freien Wahlen zu einer bestimmenden Größe in der russischen Politik werden kann. Angesichts dieser trüben Aussichten bleibt nur noch der Griff zu 'revolutionären Methoden'. Und wenn sie einmal die Macht erlangt haben sollten, werden sie genauso wie Putin darauf vertrauen, daß das russische Volk vor allem eines ist - gehorsam und still. (Dazu paßt auch diese Einschätzung des Mitglieds der liberalen SPS, Muraschew.)

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