Donnerstag, 8. März 2007

Russische Medien

Krusenstern hat einen interessanten Beitrag über die russische Medienlandschaft veröffentlicht: 80.000 Medientitel in Russland - aber keine Meinungsvielfalt.

Die dargebotenen Informationen sind nicht ganz neu; sowohl die Russlandanalysen als auch die BBC haben bereits ähnliches publiziert:
Russlandanalysen 118 (pdf),
The press in Russia,
Country profile: Russia - Media.

Zwei Kritikpunkte habe ich aber doch. Zwar wird mit den Adjektiven halbstaatlich und regierungsnah gearbeitet, aber bei Radio Swoboda ignoriert, daß es sich bei Radio Free Europe / Radio Liberty um eine Agentur der amerikanischen Regierung handelt, weshalb auch die russische Tochter höchstens der Rechtsform nach privat ist. Auch ist die Nowaja Gaseta m.E. nicht so unabhängig, wie weithin behauptet wird, denn Gorbatschows eigenes (partei-)politisches Engagement liegt noch nicht so lange zurück.

Ferner ist es schwer nachvollziehbar, warum die regionalen Blätter und Sender als so wenig vertrauenswürdig eingestuft werden. Sowohl in Deutschland als auch in den USA können sie bisweilen Glanzpunkte setzen, auf die man bei den "Großen" vergeblich wartet. Worin soll die Kontrolle, der sie unterworfen seien, bestehen?

Abschließend noch zur aufgeworfenen Frage der Meinungsvielfalt. Als jemand, der in der DDR aufgewachsen ist, reagiere ich hier sehr sensibel.
Es gibt auch in Deutschland zahlreiche Themen, über die in den großen elektronischen Medien und Tages-/Wochenzeitungen nur in einer sehr engen Bandbreite noch für zulässig erachteter Meinungen berichtet wird (z.B. beim Thema EU). Auch hierzulande müssen sich Abweichler ihre eigenen Foren suchen. Dazu kommt dann noch die über Gesetze gegen "Volksverhetzung" oder "Haßrede" staatlicherseits hergestellte Meinungseinheit. Die Political Correctness läßt grüßen.

Und wer die im übelsten Agitprop-Stil stattfindende Russlandberichterstattung der letzten Monate beobachtet hat, die ebenfalls zu einer seltsamen Einheitsmeinung führte, vermag dem allseitigen Lob auf den westeuropäischen Pressepluralismus (der dem vermeintlichen russischen Einheitsbrei gegenübergestellt wird) nur schwerlich zu folgen. Bezeichnend ist auch hier, daß Gegenpositionen vor allem in Internetmedien, insbesondere in Blogs, publiziert werden mußten.

Nachtrag: Überhaupt scheint mir im Krusenstern-Text zuviel Gewicht auf die Eigentumsverhältnisse an Medienunternehmen gelegt zu werden. Der nicht nur in Deutschland, sondern auch in den USA festzustellende linksliberale Mainstream in den Medien wird doch nur selten vom Eigentümer diktiert. Mit Sicherheit bei der WAZ und der FR. Aber sonst? Also: Wie stark ist die Kausalbeziehung zwischen der politischen Orientierung eines Mediums und der Eigentümerstruktur?
Und wenn selbst der Schweizer Presserat meint, daß es keine berufsethische Pflicht zu objektiver Berichterstattung gäbe - so what? Let propaganda have its way.

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