Donnerstag, 8. März 2007

Freiheit, die sie meinen

Der Eintrag über Medienfreiheit hat mich dazu veranlaßt, noch einmal nach Äußerungen sogenannter Menschenrechtler in Rußland zu suchen und ihr Freiheitsverständnis zu ergründen.

Da hätten wir zum Beispiel diese Einlassungen zur Rede- und Medienfreiheit:
"Es ist erforderlich, das russische Anti-Terror-Gesetz zu einer effektiveren Bekämpfung extremistischer Webseiten abzuändern.

Diese Ansicht vertrat der Direktor des Moskauer Büros für Menschenrechte, Alexander Brod, am Donnerstag in der russischen Hauptstadt. "Das ist weder eine Zensur noch ein Verstoß gegen demokratische Normen. Das ist eine Gewährleistung der Sicherheit und der Integrität Russlands", sagte der Experte in einem RIA-Novosti-Gespräch.

[...]

Beobachtungen des Moskauer Menschenrechtsbüros führten vor Augen, dass es im russischen Internet knapp 800 Webseiten mit nationalistischer Ausrichtung gebe.

"In diesem Zusammenhang muss eine umfassende Diskussion unter Teilnahme von Abgeordneten, Vertretern gesellschaftlicher Organisationen und von Experten aufgenommen werden. Das Ziel besteht darin, Änderungen zur gültigen Gesetzgebung zu formulieren. Das betrifft sowohl das Strafgesetzbuch als auch das Gesetz über Massenmedien", sagte der Menschenrechtler."

Überhaupt fordert man gern ein "härteres Vorgehen gegen Fremdenfeindlichkeit und Extremismus", also das Vorgehen des Staates gegen einzelne Bürger, die eine bestimmte politische Meinung (!) vertreten. Natürlich müssen neben den Sicherheitsbehörden auch das Kulturministerium und das Bildungsministerium in diese Arbeit einbezogen werden.

Und dann wird gegen Eduard Limonow schweres Geschütz aufgefahren:
"Das Moskauer Büro für Menschenrechte hat die Rechtsschutzorgane aufgerufen, die Äußerungen des Chefs der National-bolschewistischen Partei, Eduard Limonow, auf den Tatbestand einer Anstiftung zum Fremdenhass zu überprüfen.

"Bei dem täglichen Monitoring von Erscheinungen der Xenophobie und des ethnischen Extremismus in der Russischen Föderation haben wir festgestellt, dass die NBP auch weiterhin radikale nationalistische Gedanken verkündet", heißt es in einer Erklärung des Büros, die am Donnerstag bei RIA Novosti eingegangen ist.

Darin wird unterstrichen, dass in den programmatischen Dokumenten zur gewaltsamen Veränderung des Staatssystems und zur Schaffung eines Staates aufgerufen wird, der auf der Herrschaft der russischen Nation begründet ist.

"Nach der Machtergreifung wird die NBP weitgehende revolutionäre Veränderungen in Russland durchführen. Sie wird einen totalitären Staat errichten. Menschenrechte müssen den Rechten von Nationen den Vorrang lassen. Im Lande wird eine eiserne russische Ordnung hergestellt, ein Klima der Disziplin, der Unversöhnlichkeit und der Arbeitsliebe geschaffen", zitieren die Menschenrechtler aus dem Parteiprogramm.

Die Menschenrechtler meinen, Limonow provoziere unter Minderjährigen nationalen Hass und setze sie durch seine Handlungen einer Gefahr für ihr Leben aus.

"Außerdem sollten einige Massenmedien öffentlich verurteilt werden, die dem Chef der NBP eine Tribüne für die Propagierung seiner radikalen Ideen bieten, Ideen, die Gewalt, Fremdenhass und Feindschaft in der Gesellschaft provozieren", heißt es in der Erklärung des Büros."

Wir erinnern uns: Limonow gehört mit seinen Nationalbolschewisten zum Oppositionskreis um Garry Kasparow, der auch hierzulande mittlerweile fast gänzlich unkritisch hofiert wird. Was ist Limonow nun - ein verfolgter Künstler, der hin und wieder politische Happenings veranstaltet oder eine Bedrohung für die Menschenrechte?

Die russischen Menschenrechtler haben von ihren europäischen und amerikanischen Kollegen gut gelernt, daß man mit dem Kampf für durchaus ehrenwerte Ziele jedes Grundrecht fast beliebig einschränken kann, ohne auf Widerstand zu stoßen, denn wer will schon "Rassismus" befürworten? Auch die Berichterstattung der Medien, deren Unfreiheit man sonst beklagt, muß entsprechend beschränkt werden.

Das ist sie, die Freiheit, die sie meinen. 'Wir haben immer recht (denn wir sind die Guten), also darf es auch ruhig etwas Zensur sein.' Das Eintreten für "universale Menschenrechte" hatte ich mir irgendwie anders vorgestellt.

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