Dienstag, 8. April 2014

Die Strafexpedition gegen die Südostukraine hat begonnen (UPD.)

Die Kiewer Junta hat letzte Nacht damit begonnen, den Volksaufstand der Südostukraine gewaltsam niederzuschlagen. Es gab Tote und Verletzte. Zuvor hatte "Präsident" Turtschinow angekündigt, daß gegen die Aufständischen mit Härte vorgegangen werde. "Premierminister" Jazenjuk will alle Demonstranten - und das sind Zehntausende - als "Teilnehmer von Massenunruhen" für mindestens fünf Jahre ins Gefängnis stecken. Und die beiden Rada-Abgeordneten Ljaschko und Farion rufen sogar unverhohlen zur Ermordung der Südostukrainer auf (O-Töne in Videoform siehe hier und hier - gegen diese Politiker werden weder von den USA noch von der EU Sanktionen verhängt!). So startet ein Genozid.

Dabei können sich die Putschisten kaum auf die örtliche Polizei stützen. Diese ist entweder - zu einem kleinen Teil - zu den Aufständischen übergelaufen oder hat sich - zu einem größeren Teil - für neutral erklärt, d.h. die Beamten wollen nicht auf ihre Mitbürger und Nachbarn schießen. Daher hat "Innenminister" Awakow bereits erklärt, es werde in der Polizei der Südostukraine eine große Säuberung geben, weil das Personal im Sinne der Revolution unzuverlässig sei. Einige Beamte wurden bereits in Gewahrsam genommen; "ungehorsame" Polizeidienstellen werden z.T. von juntatreuen Kämpfern gestürmt.

Stattdessen wurden gestern in großem Umfang Polizeikräfte, Einheiten der Nationalgarde (= Maidan-Kämpfer) sowie andere Banditen, namentlich aus dem Rechten Sektor, aus der West- und Zentralukraine nach Charkow, Donezk und Lugansk verlegt (Video). Hinzu kommen offensichtlich - das hat Awakow ebenfalls zugegeben - Söldner von privaten Militärfirmen. Heute wurden in Charkow bewaffnete Kämpfer in schwarzen Overalls festgestellt, die angeblich zur MWD-Sondereinheit "Jaguar" gehören, untereinander jedoch Englisch gesprochen haben. Offenbar trauen die Putschisten und ihre ausländischen Sponsoren den ukrainischen Kräften nicht mehr - eine Befürchtung, die nicht unbegründet ist. Daher die direkte Unterstützung "on the ground".

Nun zu den einzelnen Brennpunkten:


Charkow

Dort war der Aufstand gegen die Putschisten, verglichen mit Donezk und Lugansk, relativ schwach und schlecht organisiert. Viele Bürger der Stadt scheuen offenbar gewaltsame Auseinandersetzungen. Daher konnte die Junta dort punkten. Das von den Bürgern besetzte Gebäude der Gebietsverwaltung wechselte während der Nacht mehrfach den Besitzer. Bei den Kämpfen gab es mehrere Verletzte. Am Morgen hatten Kämpfer des Rechten Sektors, der Nationalgarde sowie Polizisten aus Winniza, Poltawa und Sumy das Gebäude unter Kontrolle gebracht. Ein Teil der Besetzer hatte sich zuvor zurückgezogen, weshalb nur 70 von ihnen festgenommen werden konnten.

Die Gefangenen sind, so das Kiewer Innenministerium, ausschließlich Einwohner der Region Charkow. Soviel zur Behauptung der Junta und ihrer Medien, die Aufständischen wären keine ukrainischen Bürger, sondern rußländische Soldaten und Agenten. Die Inhaftierten - vielleicht sollte man angesichts der Gemengelage eher von Geiseln sprechen, denn eine funktionierende Justiz gibt es in der Ukraine nicht mehr, nachdem gestern der Rechte Sektor das Oberste Gericht in Kiew gestürmt hat - wurden in Gefängnisse in anderen Regionen verbracht, d.h. sie haben zur Zeit keinen Zugang zu einem Rechtsanwalt, auch sind ihre Namen nicht bekannt, ihre Familien wissen also nichts über ihre verhafteten Angehörigen. Es gab zudem mehrere Verletzte.


Im Laufe des heutigen Tages kam es in Charkow erneut zu kleineren Kundgebungen und Auseinandersetzungen. Das Stadtzentrum ist weitgehend abgeriegelt; in der Stadt patrouillieren Kämpfer mit Surmgewehren und MGs. Was dort zur Zeit abläuft, wird von der Junta offiziell als "Anti-Terror-Operation" eingestuft. D.h. jeder Demonstrant ist nicht nur ein Andersdenkender, sondern ein potentieller Terrorist. Während der Unruhen im Januar und Februar hatte es unter Präsident Janukowitsch keinerlei Anti-Terror-Operation gegeben.

Weitere aktuelle Videos aus Charkow: siehe hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier. Wie man darin sehen kann, ist der Widerstandsgeist der Bürger trotz der Repressionsmaßnahmen keineswegs erlahmt. Sie fordern weiterhin die Durchführung einer Volksabstimmung über die Zukunft ihrer Region. (Erstaunlicherweise gibt es keine Videos von dem entscheidenden Sturm am Morgen, obwohl vorher noch Livestreams gelaufen waren. Anscheindend wurden die Kameraleute als erste "neutralisiert".)


Donezk

Dort ist es bis jetzt erstaunlicherweie ruhig geblieben. Das Gebäude der Gebietsverwaltung ist nach wie vor in der Hand der Aufständischen. Die kurzzeitig besetzte SBU-Dienststelle wurde wieder geräumt, nachdem von dort Waffen und relevante Unterlagen abtransportiert worden waren. In der Nacht war es zu einer komischen Situation gekommen, als Junta-treue Rada-Abgeordnete sowie der Oligarch Achmetow auftauchten und das Kommando des Aufstands übernehmen wollten. Doch in der Republik Donezk beginnt man offenbar, sich von Einfluß der Oligarchen zu befreien.

Heute haben die Besetzer nach Verhandlungen einen Teil ihrer Waffen an kiewtreue Polizisten übergeben. Dafür wurden das Verwaltungsgebäude und seine Umgebung mit Barrikaden gesichert (siehe obiges Video). Heute war das Gebäude, zumindest zweitweise, ohne Strom und Wasser. Am Abend haben dort mehrere tausend Bürger versammelt. Für die Nacht oder den frühen Morgen wird mit einem Sturm gerechnet, denn die Junta hatte bereits gestern umfangreiche Kräfte und Mittel nach Donezk gebracht, darunter nicht nur Kämpfer, sondern auch Panzerfahrzeuge. Es sollen mehrere hundert, mit Schußwaffen ausgestattete Kämpfer auf ihren Einsatzbefehl warten, denen gesagt wurde, daß es keine Paragraphen für die Tötung von Separatisten gebe. (Gestern hatte Awakow verlautbaren lassen, er wolle nicht schießen lassen.) Doch die Donezker Aufständischen sind zum Teil bewaffnet, was das Unterfangen der Putschisten schwieriger macht.

(In diesem Amateurvideo aus Donezk kann man übrigens die ARD bei der Arbeit sehen. Der WDR-Journalist beschimpft die Bürger ganz im Stil der Junta als Separatisten.)


Lugansk

Hier steht die Sache der Aufständischen am besten. Ehemalige Offiziere und Afghanistanveteranen haben die Organsiation übernommen und bilden den Kern der Selbstverteidigungskräfte. Diese sind mit erbeuteten SBU-Waffen ausgestattet. Das besetzte SBU-Gebäude ist gesichert, auf den Straßen der Stadt wurden von den Bürgern Barrikaden errichtet (siehe das Video über diesem Abschnitt). Mehrere hundert bis tausend Menschen befinden sich am SBU-Gebäude (siehe dieses Video vom Abend des 08.04.).

Daher dürfte die Junta in Lugansk am härtesten zuschlagen, um ein blutiges Exempel zu statuieren, welches die übrigen rebellischen Regionen abschrecken soll. Heute wurden Schützenpanzerwagen und möglicherweise auch Kampfpanzer in die Stadt verlegt. Zudem wurde in Teilen der Stadt der Strom abgeschaltet - typisches Zeichen für eine bevorstehende Attacke. Lugansk ist, ebenso wie Donezk, weitgehend von der Außenwelt abgeriegelt. Hierfür eignen sich die Kräfte der neugeschaffenen Nationalgarde, deren Kampfwert ansonsten ziemlich gering ist.


Nikolajew

In der südukrainischen Schiffbauerstadt waren die letzten 24 Stunden am blutigsten. Kämpfer des Rechten Sektors haben ein Zeltlager von Antimaidan-Aktivisten zerstört. Dabei wurden seitens der "europafreundlichen Neonazis" Schußwaffen und Pyrotechnik unmittelbar gegen unbewaffnete Menschen eingesetzt (siehe obiges Video). Im Ergebnis ist ein Bürger gestorben und weitere, angeblich bis zu zehn, wurden verletzt (siehe das Video unter diesem Abschnitt).

Währenddessen haben Polizeibeamte danebengestanden und haben untätig zugesehen. D.h. die Banditen haben im Einverständnis mit der Polizeiführung gehandelt. Mit anderen Worten: Die "demokratische" Junta in Kiew hat genau das gewollt. Heute haben die Kämpfer eine Fabrik in Nikolajew besetzt.


Odessa

Auch in der Hafenstadt am Schwarzen Meer hat das Putschisten-Regime seit gestern die Zügel angezogen. Erneut steht nicht die wenig zuverlässige Polizei in der ersten Reihe, sondern maskierten Schläger diverser Maidan-Banden. Im untenstehenden Video ist zu sehen, wie Mitglieder des Rechten Sektors einen jungen Mann, der ein Georgsband an der Jacke trägt, nicht nur zusammenschlagen, sondern zusammentreten. Das ist die widerliche Fratze der "westlichen Werte", die sich im Augenblick in der Ukraine zeigt.


Gestern haben in Odessa die Banditen im Namen der "europäischen Integration" die Losung "Moskali na noshi" skandiert (Videobeweis, ab 00:56). D.h. sie wollen alle russischsprachigen Einwohner der Ukraine, die sog. "Moskowiter", "ans Messer" bringen. Ein weiterer, offener Aufruf zum Völkermord!

Polizei und SBU sollen übrigens ihre Waffenlager in Odessa leeren und den Inhalt nach Kiew verbringen. Offenbar befürchtet man, daß die Waffen sonst jenen Bürgern, die nicht zur Unterwerfung bereit sind, in die Hände fallen könnten.

Die Angriffe auf Berichterstatter haben sich unterdessen verschärft. Am 7. und 8. April wurden nicht nur erneut Mitarbeiter russischsprachiger Medien ausgewiesen, sondern auch ein Kameramann der ARD, der über den Flughafen Donetsk einreisen wollte, sowie ein Reporter der Zeitschrift Forbes. Journalisten, die noch in der Region tätig sind, arbeiten oft unter halbkonspirativen Bedingungen, sofern sie nicht, wie die meisten deutschen Medien, offen auf seiten der Junta stehen. Offenkundig sind die Putschisten nervös und wollen bei ihrer Strafexpedition gegen die Südostukraine möglichst wenig Augenzeugen.

Wir erinnern uns an den Januar und Februar, als die heutigen Minister selbst noch Aufständische waren. Damals hatten ausländische Regierungen zu ihren Gunsten offen interveniert, hatten gefordert, daß sie in besetzten öffentlichen Gebäuden bleiben können. Namentlich Außenminister Steinmeier hatte außerdem mehrfach intensiv die Amnestierung von Mördern und anderen Gewalttätern gefordert und diese letztlich auch durchgesetzt. Bleibt abzuwarten, wie sie fürderhin mit den Gewaltexzessen ihrer ukrainischen Kumpane umgehen werden.

Im Südosten wird es jedenfalls weiterhin Blutvergießen und Massenverhaftungen geben. Dafür sind die Maidan-Anhänger viel zu aufgehetzt. Sie leben in einer Psychose und wollen alle Bürger, die anderer Meinung als sie sind, einfach nur noch umbringen oder, sofern sie Gnade walten lassen, zumindest für lange Jahre inhaftieren.


Nachtrag (9. April, 16:00)

In Charkow hat sich heute eine paradoxe Situation ergeben. Etwa 300 Angehörige der Bereitschaftspolizei-Einheit "Berkut" sollten von Putschisten-treuen Kräften entwaffnet werden, weil sie sich geweigert hatten, gegen ihre eigenen Mitbürger vorzugehen. Um die Beamten zu schützen, haben sich heute Einwohner vor deren Kaserne versammelt und bilden dort eine Art lebenden Schutzschild.

Am Mittwochvormittag hat zudem "Innenminister" Awakow angekündigt, daß die Lage in der Ostukraine binnen 48 Stunden bereinigt werde, entweder durch Verhandlungen oder durch Gewalt. Daß das keine leeren Worte sind, zeigen diese Bilder von Schützenpanzern in Saporoshje, hunderte Kilometer von der Staatsgrenze entfernt. Auch aus dem Gebiet Donezk wird die neuerliche Verlegung von Panzertechnik gemeldet. Und in Lugansk wurden mehrere Krankenhäuser massiv mit frischen Medikamenten und Blutkonserven versehen.

Die Putschisten fühlen offenbar, daß ihnen die Luft ausgeht. Denn auch die Westukraine haben sie nur bedingt unter Kontrolle. Gestern haben Demonstranten in Lwow die Staatsanwaltschaft gestürmt. Hinzu kommt der neue Gaskrieg. Am Freitag hatte das Regime von Moskau einen neuen Kredit in Höhe von zwei bis drei Milliarden Dollar verlangt. Außerdem weigert sich Kiew, seine Gasrechnungen der letzten Monate zu bezahlen. Damit summieren sich allein die Gasschulden gegenüber Rußland auf 2 Milliarden USD. Ferner sollen die Putschisten heute angeblich verlautbart haben, sie würden demnächst kein rußländisches Erdgas mehr in Richtung EU weiterleiten. Anscheinend wollen sie wirklich einen großen Knall herbeiführen.


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