Freitag, 21. März 2014

Die zivilisatorische Wahl wurde getroffen

"Was? Amerika, Europa ...
Ich gehe nach Hause !!! Und ihr seid alle im ..."

Erinnern Sie sich noch, wie die EU vor wenigen Monaten davon sprach, daß die Ukraine vor einer zivilisatorschen Wahl stehe? Dabei hielt sich der Brüsseler Moloch in seiner Selbstgerechtigkeit für die zivilisiertere Option. Doch zwei Millionen Einwohner der Ukraine haben sich am Sonntag anders entschieden: Für die Rückkehr nach Rußland, mit dem sie historisch, kulturell und religiös weitaus mehr verbindet als mit den Eurokraten. Deren leeren Versprechungen stehen die konkreten Zusagen Moskaus für die Krim gegenüber. Angesichts dessen kann es nicht verwundern, daß sich eine solche überwältigende Mehrheit so entschieden hat. Dies muß von den Eurokraten als herbe Niederlage empfunden werden, glauben sie doch, die EU sei unschlagbar und besitze eine weltweite Ausstrahlung.

Da die deutschen Medien so tun, als ginge in Kiew und den anderen Teilen des Landes, die sich den Putschisten schon unterworfen haben, alles seinen normalen Gang, werden an dieser Stelle wieder einige Nachrichten aus der "jungen ukrainischen Demokratie" gebracht.

Das Leben im Machtbereich der Putschisten

Am 13. März haben 38 Kämpfer der "Selbstverteidigung des Maidan", mit Pistolen und Kalaschnikows bewaffnet, eine Bank in Kiew überfallen und verwüstet. Da es dort zur Zeit keine reguläre Polizei gibt, wurden schließlich Personenschutzkräfte der Sondereinheit "Titan" dorthin beordert. Sie konnten die Täter festnehmen. Diese wurden jedoch später wieder aus der Haft entlassen, weil sie sich "Verdienste" um den Maidan erworben haben und zudem der neuen Nationalgarde beitreten wollen. Andernorts werden im Namen der Revolution Tankstellen ausgeraubt.

Doch es geht auch organisierter: Sowohl die Selbstverteidigung des Maidan als auch der Rechte Sektor bieten mittlerweile Bewachungsleistungen für Unternehmen an. Kosten: zwischen 10.000 und 25.000 US-Dollar. Andernorts nennt man so etwas Schutzgelderpressung. Dabei kommt es auch zu eigentümlichen Konkurrenzsituationen. Es gab schon Schußwechsel zwischen Kämpfern der verschiedenen Fraktionen oder, noch schlimmer, Vertreter der einen überfallen ein Geschäft, welches schon unter dem Schutz der anderen steht. Dann brechen Staatskrisen aus, die fast schon an den Grundfesten der Kiewer Junta rütteln. Was derzeit in Kiew stattfindet, kann man in diesem Video sehr schön sehen.


Das obige Video zeigt die Erstürmung der Schnapsfabrik Nemiroff im Gebiet Winniza durch revolutionäre Banditen. Schließlich will man sich als Freiheitskämpfer ja auch mal etwas gönnen. ;-)

Zu diplomatischen Verwicklungen führte der Diebstahl von 50 kasachischen LKWs durch Maidan-Kämpfer. Die Fahrzeuge sollen ebenfalls der Nationalgarde zugeführt werden. Hilfe von der eingeschüchterten ukrainischen Justiz ist nicht zu erwarten. Die noch amtierenden Richter unterschreiben alles, was ihnen die Junta abverlangt. Zur Zeit werden übrigens neue Richter für das Verfassungsgericht gesucht (die bisherigen Richter waren sofort nach der Revolution entlassen worden). Wichtiger als die juristische Qualifikation der Kandidaten ist deren Verankerung im "Maidan".


Jetzt wieder ein kurzer Blick in die Staatsorgane der neuen Ukraine. Obiges Video zeigt einen Auftritt des Rechten Sektors in Poltava. Dort werden Amsträger geschlagen, weil ihre Nase den Neonazis nicht paßt. Tolle Demokratie. 
In Winniza wurde die Chefärztin des örtlichen Kinderkrankenhauses nach dem Urteil eines sog. "Volksgerichts" entlassen, weil sie Mitglied der Partei der Regionen ist. Die ärztliche Kunst kann also noch so gut sein, entscheidend ist das Parteibuch - wie in einer Diktatur.

Doch die im Land umherstreifenden Banden sind auch nicht mit allen Entscheidungen jener Personen, die in den Medien als "ukrainische Regierung" tituliert werden, einverstanden. Am Montag haben sie den neuernannten Gouverneur des Gebietes Tschernowizkij zum Rücktritt gezwungen. Und in Kiew brannten dieser Tage schon wieder Barrikaden und Autoreifen. Damit sollte gegen die "Untätigkeit" der "Regierung" protestiert werden. Außerdem weigern sich die Bewohner des "Euromaidan", die Barrikaden und die Zeltstadt zu räumen (ein Video davon ist hier zu finden). Mithin ist die Fortsetzung der "nationalen Revolution" nur noch eine Frage der Zeit.

Welche panische Stimmung in Kiew herrscht, läßt sich auch an den verrückten Gesetzesinitiativen ermessen, welche dort zur Zeit diskutiert werden. Eine Fraktion der Putschisten, vertreten durch den Sicherheits- und Verteidigungsrat, will eine Visumspflicht für Staatsbürger der RF einführen. "Premierminister" Jazenjuk hat dem jedoch widersprochen, denn sonst müßten auch die drei Millionen Ukrainer, die in Rußland arbeiten und so ihre Familien zuhause ernähren, mit Verschärfungen ihrer Aufenthaltsbestimmungen rechnen. Darauf hat der Verteidigungsrat gekontert, daß außerdem auch Ausreisevisa für Ukrainer eingeführt werden sollten. (Eine solche Maßnahme wäre jedoch völkerrechtswidrig, denn nach Art. 12 II IPbpR steht es jedermann frei, jedes Land einschließlich seines eigenen zu verlassen.) Der Konflikt zwischen den beiden Gremien soll demnächst vom Pöbel auf dem Maidan entschieden werden.

Ähnlich bizarr ist der Plan, den Besuch der nun zur RF gehörenden Krim, etwa für Urlaubsreisen, mit bis zu neun Jahren Haft zu ahnden. Auf "Kollaboration" sollen sogar 15 Jahre Gefängnis stehen. Unter dem Begriff Kollaborateur versteht die Junta jene ehemals ukrainischen Bürger, die am 16. März auf der Krim von ihrem völkerrechtlich verbürgten Selbstbestimmungsrecht Gebrauch gemacht haben. Die Putschisten sind wirklich erbarmungslos. Daher verwundert es nicht, wenn einige Abgeordnete die Todesstrafe für "separatistische" Demonstranten einführen wollen (was ebenfalls völkerrechtswidrig wäre).

Die Pläne zeigen, worum es den Putschisten und ihren ausländischen Sponsoren wirklich geht. Die historisch, kulturell, wirtschaftlich und besonders auch familiär auf das engste miteinander verbundenen Bürger der Ukraine und Rußlands sollen künstlich voneinander getrennt werden. Die engen Bindungen sollen in Haß und Feindschaft zwischen den Völkern umgewandelt werden. Damit wäre die Ukraine der ideale Vorposten des amerikanischen Imperiums zur Zerschlagung Rußlands. In diesem Kalkül spielen Menschenrechte keine Rolle.
Nur so wird auch verständlich, warum die Junta die Grenzen zu Rußland und Transnistrien mittlerweile vollständig geschlossen hat. (Insofern ist bemerkenswert, daß kürzlich eine Schmugglerbande zerschlagen werden konnte, welche von der EU über die Ukraine Waffen in den Nordkaukasus verbracht hatte.) 

In Anbetracht dieser Ereignisse nimmt sich die Meldung, wonach es in Kiew keine Feiern mehr anläßlich des Kriegsendes am 9. Mai geben soll, gering aus. Bereits letzte Woche wurde in Cherson nicht mehr der Befreiung von den deutschen Besatzern vor 70 Jahren gedacht. So versuchen die westukrainischen Nationalisten, ihr Geschichtsbild im ganzen Land durchzusetzen. 


Repression gegen Journalisten

Obiges Video zeigt sehr schön, wie die "Demokraten" in Kiew zur Zeit mit der Pressefreiheit umgehen: Am Abend des 18. März haben Rada-Abgeordnete der Partei Swoboda den Chef des Ersten nationalen TV-Kanals in seinem Büro überfallen und mißhandelt, weil der Sender einen Bericht aus Moskau gebracht hatte.

Bereits am Wochenende hatten 300 Maidan-Kämpfer den Fernsehsender Inter besetzt und den Rücktritt der Leitung sowie eine Entschuldigung gegenüber "dem ukrainischen Volk" gefordert. Auch andere Journalisten werden von den Vertretern der Putschisten eingeschüchtert und zur Flucht ins Ausland genötigt, manche sogar verhaftet und an unbekannte Orte verbracht. Die Wochenzeitung "2000" mußte ihr Erscheinen einstellen. Die Gleichschaltung der ukrainischen Medien funktioniert ebenso auf der regionalen und lokalen Ebene. Hinzu kommen Hackerangriffe auf die Webseiten von russischsprachigen Medien sowie Staatsorganen der RF (betroffen war z.B. die Zentralbank).


Odessa am 16. März: Demonstration gegen die Putschisten.

Südostukraine: Offener Terror als offizielle Politik

Die Bevölkerung der Südostukraine hatte auch am vergangenen Wochenende wieder an verschiedenen Orten zehntausende Demonstranten aufgeboten, um gegen das Kiewer Regime zu demonstrieren, z.B. in Donezk (vgl. hier und hier), Lugansk, Charkow, Denpropetrowsk, Saporoshje, Nikolajew, Mariupol und Odessa. Mancherorts kam es auch zu kurzzeitigen Gebäudebesetzungen. 

Dabei wurden z.T. örtliche Abstimmungen durchgeführt oder zumindest gefordert, in denen es nicht um eine Abspaltung dieser Regionen von der Ukraine, sondern um eine Föderalisierung des Staatsaufbaus geht. Zur staatsrechtlichen Föderalisierung soll eine finanzielle treten, ergänzt durch eine kulturelle Autonmie der Regionen. Dieser Ansatz erscheint auch dem Verfasser als einzig möglicher Weg, den ukrainischen Staat noch irgendwie zu retten. Doch darauf will sich die Junta nicht einlassen. Statt dessen spricht sie von "Separatismus" und verfolgt die Wortführer der Opposition mit eiserner Hand.

Da sind zum einen die gezielten Verhaftungen in vielen Orten. So etwa der "Volksgouverneur" von Lugansk Charitonow und einige seiner Mitstreiter, Andrej Purgin in Donezk oder Anton Dawidtschenko, Chef der Volksalternative in Odessa, der bei seiner Festnahme angeschossen wurde. Was mit diesen Leuten passiert, läßt sich am Schicksal des Donezker Volksgouverneurs ermessen, den der Innenminister der Putschisten persönlich gefoltert hat.

Dazu kommen Repressionen gegen Teilnehmer von Kundgebungen gegen die Junta. Das sind einerseits Massenverhaftungen und körperliche Gewalt gegen Andersdenkende wie z.B. in Dnepropetrowsk, Donezk und Odessa.

In Charkow gab es einen besonders brutalen Zwischenfall. Ein Sturmkommando der Nationalisten war am Abend des 14. März rund um eine Demonstration gefahren und hatte wahllos in die Menschenmenge geschossen und dabei mehre Personen verletzt. Danach verschanzten sie sich im örtlichen Büro des Rechten Sektors, nahmen drei Geiseln und schossen weiter auf die Straße. Dabei haben die "Freiheitskämpfer" zwei Charkower Bürger ermordet und weitere verletzt (insgesamt gab es fünf Verletzte). Schließlich konnten sie von herbeigeeilten Vertretern der Putschisten zur Aufgabe überredet werden (siehe auch dieses Video).
Mittlerweile sind die Festgenommenen, bei denen man ein umfangreiches Waffenarsenal gefunden hat, wieder auf freiem Fuß. Ob sie jemals vor Gericht gestellt werden, ist zweifelhaft. Der Freilassung war eine Drohung des Rechten Sektors vorausgegangen, man werde seine Genossen zur Not selbst befreien.

Andererseits gibt es eher subtile Drohungen örtlicher Machthaber, daß Demonstranten bestraft würden. In Donezk wird Studenten sogar mit dem Verweis von der Hochschule gedroht, sollten sie gegen die Putschisten demonstrieren. Oder manche Geschäftsleute bekommen plötzlich "Schwierigkeiten". Wie war das doch gleich mit den "europäischen Werten", der "Demonstrationsfreiheit" und der "Meinungsfreiheit"? Wo sind unsere Medien, die aufgeregt darüber berichten, daß die heiligen Menschenrechte im wahrsten Sinne des Wortes mit Füßen getreten werden?



Und drittens der allgemeine Terror der westukrainischen Nationalisten gegen die russischsprachige Bevölkerung. Diesen kann man sich beispielhaft im obigen Video anschauen. Eine Bande des Rechten Sektors zieht durch Dnepropetrowsk und schlägt Bürger zusammen. Dergleichen passiert zur Zeit in der Ukraine hundertfach.

Sogar im Internet und den sozialen Netzwerken wird nach "Separatisten" gefahndet. Die ersten Festnahmen von Leuten, die online die falsche Meinung kundgetan haben, gab es schon. Auch Automobilisten, die an ihrem Fahrzeug das Georgsband angebracht haben, werden von den Schergen der Junta belangt.

Das sind keine Einzelfälle oder lokale Fehlentwicklungen. Dahinter steckt System; "Moskowiter ans Messer" lautet der Schlachtruf der "jungen ukrainischen Demokratie" (eine Liste mit über zwei Dutzend Beispielen, oft mit Videos belegt, ist hier zu finden). Bereits im vergangenen Jahr hatte Irina Farion, eine Rada-Abgeordnete von Swoboda, öffentlich zum Kampf gegen die Russen (die sog. "inneren Okkupanten") aufgerufen.

Seit dem 16. März führt die Kiewer Junta offiziell eine großflächige Spezialoperation durch, um die Demonstrationen der Bürger der Südostukraine, die unter der Überschrift "Russischer Frühling" stehen, zu zerschlagen. Dabei arbeiten die Teile des Sicherheitsapparates, die sich den Putschisten angeschlossen haben, ganz offiziell mit den diversen politischen Schlägerbanden zusammen. Behörden unterstützen die angereisten Kämpfer der Neonazis.

Zur Rechtfertigung ihrer Repressionen, die offenkundig den Auftakt des Genozids bilden, hat die Junta auch schon eine Erklärung gefunden: Die russischsprachigen Bürger der Südostukraine seien kein Volk, sondern eine isolierte "Diaspora". Dabei geht es, je nach Lesart, um 12 bis 20 Millionen Menschen. Überdies sind nach Meinung des sog. "Präsidenten" Turtschinow alle Bürger, die mit dem Regime der Putschisten nicht einverstanden sind, "Feinde des Volkes" (O-Ton).
Und "Premierminister" Jazenjuk drohte unverhohlen, daß die Junta alle "Separatisten" erbarmungslos verfolgen werde, auch mit Hilfe ihrer "westlichen Partner". Davor könne sie selbst Putin nicht schützen. Mit anderen Worten: USA und EU haben ihre Zustimmung zu den Massenrepressionen gegeben, die zur Zeit in der Ukraine stattfinden. Und unsere Medien werden mit Sicherheit nicht darüber berichten und damit die Verbrechen decken.

Doch es trifft auch andere innere Feinde der Putschisten. So etwa den Oligarchen Dmitrij Firtasch. Dieser hatte zwar ebenfalls den Maidan unterstützt, gilt jedoch als Gegner und geschäftlicher Konkurrent der "Gasprinzessin" Julia Timoschenko. Firtasch wurde vor einigen Tagen plötzlich in Wien festgenommen - auf Ersuchen des amerikanischen FBI. Angeblich soll gegen ihn schon seit Jahren ermittelt worden sein. Zufälle gibt's... Kein ukrainischer Polizist würde jemals einen solchen Mann festnehmen. Ergo bedient sich die Junta ihrer Freunde in Washington.


Simferopol am Abend des 16. März:
Gedrückte Stimmung nach dem Referendum. Die Leute wurden
offensichtlich mit Waffengewalt zum Feiern gezwungen.

Die Krim ist wieder zu Hause

Das Ergebnis der Volksabstimmung am letzten Sonntag war, wie zu erwarten, eindeutig. Bei einer Wahlbeteiligung von 83,1 % stimmten 96,7 % für den Beitritt der Republik Krim und der Stadt Sewastopol zur Rußländischen Föderation. Selbst von den Krimtataren, deren Führer z.T. von der Junta gekauft worden waren, nahm etwa die Hälfte am Referendum teil.

Diese Woche ging dann die Gesetzgebung sehr schnell. Am Dienstag unterzeichneten die beiden Föderationssubjekte mit der RF den Vertrag zwecks Beitritt, am Mittwoch prüfte das Verfassungsgericht den Text, der dann am Donnerstag von der Staatsduma und am Freitag vom Föderationsrat ratifiziert wurde. Zugleich wurde ein Verfassungsgesetz über die Aufnahme zweier neuer Föderationssubjekte verabschiedet. Damit gehören die Republik Krim und Sewastopol nunmehr rechtskräftig zur Rußländischen Föderation.
Jetzt beginnt die technische Kleinarbeit zur Anpassung der Rechtsordnungen, des Banken- und Versicherungswesens usw. usf. Wir Deutschen wissen ja seit 1990, was insoweit alles bedacht werden muß. Die Krim wirkt übrigens anziehend: Ein Ort aus dem Gebiet Cherson wollte schon zur Republik Krim wechseln.

Erfreulicherweise ist die letzte Woche, von einer Ausnahme abgesehen, ohne nennenswerte Zwischenfälle verlaufen. Zwar gab es vor der Abstimmung und auch noch am Wahltag einige Provokationen und die Sicherheitskräfte konnten einige Dutzend bewaffnete Maidan-Kämpfer festnehmen. Doch insgesamt ist es ruhig geblieben. Dabei berichteten die deutschen Medien doch von einer "Krimkrise", die kurz vor der Erweiterung zum Krimkrieg stand. Ein deutscher Wahlbeobachter, seines Zeichens Abgeordneter aus Mecklenburg-Vorpommern, hat das während einer Pressekonferenz sehr schön ausgedrückt: Ein Verwandter aus Berlin hatte ihn angerufen und gesagt, daß das deutsche Fernsehen zeige, wie auf der Krim alles drunter und drüber ginge. Darauf konnte er nur erwidern, daß dem nicht so ist.

Den Putschisten gelang lediglich ein Anschlag in Simferopol. Er wurde nach dem Muster der Maidan-Scharfschützen vom Februar ausgeführt: Ein Trupp Terroristen hatte sich Zugang zu einem neuerrichteten Wohnblock verschafft und von dort aus sowohl auf ein Objekt des ehemals ukrainischen Militärs als auch auf eine Streife der örtlichen Bürgerwehr geschossen. Die Verluste waren auch gleich verteilt: ein Soldat tot und einer verletzt, ein Kosake aus der Selbstschutzformation tot und ein weiterer verletzt.

Bemerkenswert: Bei dem Truppenteil handelt es sich um den Kartographischen Dienst, also nicht um eine Linieneinheit. Und die Dienststelle hatte sich zum Zeitpunkt des Attentats bereits der Krim-Regierung unterstellt; die Soldaten galten mithin aus Sicht der Kiewer Junta als Verräter. Nichtsdestotrotz haben die Kiewer Medien das Thema sofort aufgegriffen und von einer "Attacke der russischen Invasoren" auf die heldenhafte ukrainische Armee gesprochen. Doch wenig später konnten die Attentäter ausfindig gemacht werden, darunter ein Siebzehnjähriger aus Lwow - typisch für den Rechten Sektor. Die Sicherheitskräfte gehen davon aus, daß im Augenblick noch weitere Trupps mit ähnlichen Aufgaben auf der Krim unterwegs sind.

Während der vergangenen Tage sprach auch die deutsche Presse immer wieder von "Angriffen moskautreuer Milizen" auf Militäreinheiten. Da mußte den armen Deutschen doch ein Schauer über den Rücken laufen. Doch so sehr sie einen neuen Krimkrieg herbeischreiben wollten, so wenig wurde ihr Wunsch Realität. Vielmehr handelte es sich um die Übernahme ehemals ukrainischer Dienststellen durch die Krim-Regierung. Schüsse sind nirgends gefallen. Wie so etwas ablief, zeigt z.B. dieses Video. Mittlerweile gibt es auf der Krim und in Sewastopol keine Militäreinheiten mehr, die Kiew unterstehen. Die Schiffe der ehemals ukrainischen Seestreitkräfte haben die Flagge mit dem Andreaskreuz gehißt. In Kertsch ist die Marineinfanteriebrigade fast geschlossen zur Schwarzmeerflotte gewechselt.

Die ukrainischen Soldaten stehen nun vor der Wahl: Sollen sie in den Machtbereich der Junta gehen? Doch dort droht ihnen die Verhaftung und Bestrafung als Verräter. Oder sollen sie jetzt in den Dienst der Streitkräfte der Rußländischen Föderation treten. Moskau hat ihnen bereits zugesagt, daß sie ihre Dienstgrade etc. behalten können. Erstaunlich war nicht, daß sich die meisten jener Soldaten, die ohnehin von der Krim kamen, für die letztere Option entschieden haben. Erstaunlich ist vielmehr, daß etwa 80 % der ehemals ukrainischen Soldaten in Zukunft das rußländische Hoheitszeichen am Ärmel tragen wollen. Das sagt doch wohl einiges über den inneren Zustand der Ukraine aus.

Sorgen bereitet den Bewohnern der Krim besonders, daß die Putschisten jene Landeskinder, die in anderen Einheiten der ukrainischen Sicherheitskräfte dienen, nicht in ihre Heimat zurückkehren lassen wollen. Insgesamt geht es um etwa 2.000 Personen. Am 20.03. konnten wenigstens 68 Angehörige der ukrainsichen Küstenwache aus Odessa nach Sewastopol fahren.

Agressive russische Okkupanten plündern einen Laden auf der Krim.

Truppenaufmarsch

Die Ukraine ist praktisch pleite. Trotzdem wird die Kiewer Junta alles Geld, was sie jetzt aus dem Ausland erhält, in den Aufbau der Nationalgarde stecken. Von "Reformen" ist keine Rede mehr. Mit dieser neuen SS, deren Personal sich vornehmlich aus den nationalistischen Banden rekrutiert, sollen die Bürger der Südostukraine unterdrückt werden. Auch der Führer des Rechten Sektors, Jarosch, hat die Entsendung von "Strafabteilungen" in die Südostukraine angedroht. Andere Banden wie die "Gemeinsame Sache" haben gleichfalls den Aufbau von "Partisanenabteilungen" angekündigt.

Im Machtbereich der Putschisten herrscht seit Wochen nicht nur Kriegsgefahr, sondern der Krieg hat bereits begonnen. Doch die Kampfhandlungen bleiben aus. Diese extreme psychische Anspannung läßt sich nur durch permanente Propaganda und entsprechende Rhetorik der Politiker aufrechterhalten. 

Letzte Woche wurde von Turtschinow erneut die Mobilmachung der Armee angeordnet. Geplant ist die Aushebung von 20.000 Reservisten für die Armee und weiteren 20.000 Mann für die Nationalgarde. Doch viele wollen nicht gegen Rußland kämpfen und fügen sich nur äußerst widerwillig. Berichte aus den Truppenteilen zeigen, daß es drunter und drüber geht. Das einzige, was einigermaßen zu funktionieren scheint, ist das Entkonservieren der Technik und deren Abtransport aus den Lagern. Es gibt zwar Fotos und Videos von Zügen mit gepanzerten Fahrzeugen usw., doch Personal ist nur wenig zu sehen. Jedenfalls nicht bei weitem so viel, wie STAN-mäßig dazugehören würde.

Einheiten werden schwerpunktmäßig in die Südostukraine verlegt. Teilweise sicher, um die Grenze zur RF zu decken (an einigen Grenzübergängen stehen schon Kampfpanzer). Doch mit dem mageren ukrainischen Aufgebot - auch vor der Krim stehen ja noch Truppen! - dürfte da nicht viel zu machen sein. Wenn die ukrainischen Landstreitkräfte nach der Mobilmachung insgesamt zwanzig- bis dreißigtausend kampffähige und -willige Soldaten ins Feld führen können, dürfte das schon sehr viel sein. Einen Krieg gegen eine überlegene Armee wie die der RF können sie damit weder führen noch gewinnen. Vielmehr dürfte es bei diesem Aufmarsch darum gehen, die Bürger der Südostukraine weiter einzuschüchtern und zu terrorisieren. Die Hauptarbeit leisten insofern die Nationalgarde und die übrigen Banden, während Armee und Polizei Hilfestellung geben (wie seinerzeit im Dritten Reich - Stichwort: Röhmputsch).

Besorgniserregend ist, daß im Zuge der Mobilmachung die Banditen vom Rechten Sektor und ähnlichen unkontrollierbaren Organisationen nicht nur Zugang zu Handfeuerwaffen, sondern auch zu schwererem Gerät erhalten. Dies stellt nicht nur für Rußland eine Gefahr dar, sondern dürfte auch die ohnehin schon desolate Sicherheitslage innerhalb der Ukraine weiter verschlechtern. 

Aus den NATO-Staaten sind weitere Einheiten in die Ukraine verlegt worden. Neben Spezialkräften, die seit Wochen aktiv sein dürften, sollen jetzt Teile der 66. Military Intelligence Brigade in Kirowograd sein. Mit Sicherheit sind in den letzten zwei Wochen mehrfach US-Drohnen über der Krim geflogen.

Auf Ersuchen der Republik Belarus hat die RF sechs Jagdflugzeuge sowie einen Aufklärer vom Typ A-50 nach Bobruisk in Weißrussland verlegt. In diesem Raum findet demnächst auch eine Luftverteidigungsübung statt.

Besonders lustig - und typisch für das irrationale und panische Verhalten der Putschisten, die wissen, daß sie lediglich Usurpatoren, aber keine legale Regierung sind - ist der Fall der ukrainischen Aufklärungsflüge über der RF. Im Rahmen des "Open Skies"-Vertrages hatten bereits die USA eine Aufklärungsmaschine nach Rußland geschickt. Das Regime in Kiew hat es ihnen gleichgetan und sogar zweimal von Moskau die Genehmigung für solche Flüge erhalten. Da in der Ukraine jedoch kein Geld vorhanden ist, sollte Rußland diese Flüge auch noch bezahlen.

"Die Krim wird entweder ukrainisch oder menschenleer sein."
Kundgebung in Lwow vor einigen Jahren.

Die nächsten Tage

Für dieses Wochenende sind in vielen Städten der Südostukraine erneut Großdemonstrationen angekündigt worden. Es ist zu erwarten, daß die Kiewer Junta diesmal mit ihren Drohungen ernstmachen wird. D.h. es dürfte zur gewaltsamen Auflösung von Kundgebungen, weiteren Massenverhaftungen usw. kommen. Weil sie wissen, daß die westlichen Medien darüber entweder gar nicht oder nur stark geschönt berichten werden, müssen die Maidan-Kämpfer auch fernerhin keinerlei Rücksichten bei der Unterdrückung ihrer politischen Gegner nehmen.

Ferner steht zu befürchten, daß es zu Provokationen kommen wird, indem ukrainische Soldaten von Personen "mit russischem Akzent" angegriffen werden. Solche Pläne, zusammen mit der US-Botschaft in Kiew ausgearbeitet, sind bekannt. Damit würde ein Vorwand für Kampfhandlungen geschaffen und das Putschistenregime könnte in Washington und Brüssel um weitere Militärhilfe nachsuchen.

Auf der Krim und in anderen nahegelegenen Gebieten Rußlands dürfte es vereinzelt zu weiteren Anschlägen kommen. In Moskau konnte bereits eine infiltrierte Terrorgruppe des Rechten Sektors ausgehoben werden.

Die ukrainischen Sicherheitskräfte werden zunehmende Probleme mit der Loyalität des Personals bekommen; es wird weitere Desertionen geben. Auch in der Bevölkerung wird sich die Kriegsextase nicht ewig aufrecht erhalten lassen. Die Junta muß also irgendwann irgendwie Krieg führen, sonst geht sie unter.
Zumal sich innerhalb der Ukraine die Widersprüche und Konflikte verschärfen. Diverse Maidan-Gruppierungen fordern eine Fortsetzung der Revolution, die Unzufriedenheit mit der sog. "Regierung" steigt. Außerdem gibt es noch die lokalen Warlords, die sich in Provinzstädten oder Stadtbezirken eingerichtet haben und zur Zeit ganz gut von Schutzgelderpressung, Raub und ähnlichen "Geschäften" leben. Die brauchen nicht unbedingt einen Krieg.

Heute hat Jazenjuk in Brüssel das umkämpfte Assoziierungsabkommen mit der EU unterzeichnet. Allerdings nur den politischen Teil. Den ökonomischen kann er noch nicht unterschreiben - und zwar aus denselben Gründen wie im November Präsident Janukowitsch. Lustig, nicht wahr? Insofern hat der von der EU mitinszenierte Putsch also ebenfalls nichts greifbares gebracht.

Zwischenzeitlich hat man in Moskau den Taschenrechner gezückt und ermittelt, daß Kiew dort 16 Milliarden US-Dollar Schulden hat. Die wollen natürlich bezahlt werden. Außerdem ist gerüchteweise zu hören, daß der Brennstoff in einigen ukrainischen Atomkraftwerken nur noch wenige Tage reichen soll. Doch die RF weigert sich, neues Material zu liefern, solange Kiew von bewaffneten Banditen beherrscht wird und diese auch eine Gefahr für die Atomanlagen darstellen.

Rußland muß eigentlich nur abwarten, bis der "Maidan" neu aufflammt, denn dann wird die Ukraine endgültig zerfallen. Doch steht das Problem, wie weit bis dahin die Repressionen der russischsprachigen Bevölkerung vorangeschritten sind. Eigentlich müßte die Nationalgarde nur bei einer Demo in die Menge schießen und die RF hätte einen guten und völkerrechtlich stichhaltigen Grund, dem Treiben der Banditen in der Südostukraine ein Ende zu bereiten. Ob es an diesem Wochenende schon dazu kommen wird?


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