Sonntag, 22. Dezember 2013
Deutscher Minister empfängt Wirtschaftskriminellen
Ein Bild, das um die Welt ging: Der langjährige Bundesminister Hans-Dietrich Genscher empfängt den begnadigten Wirtschaftsverbrecher Michail Chodorkowskij auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld herzlich, wie einen lange vermißten Freund. Die deutschen Hauptstrommedien triumphieren und jubeln Chodorkowskij zu. Er sei Putins Erzfeind, ein Regierungskritiker und politischer Häftling, der wichtigste Gegner des Kremls usw. Von seiner Biographie, seinen dunklen Geschäften und Gesetzesverletzungen hingegen kein Wort. Kein Wort über die Ermordung des Bürgermeisters Wladimir Petuchow im Jahre 1998, die wie viele andere Delikte auch auf das Konto des sogenannten "Dissidenten" gehen dürfte. Dabei sind wir Deutschen doch angeblich so an "Menschenrechten" und anderen "Werten" interessiert. Doch für die Hinterbliebenen Petuchows setzen sich weder Genscher noch die deutsche Presse ein. Auch keine Rede davon, daß z.B. der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sich mehrfach geweigert hat, die Mär von der politischen Justiz im Falle Chodorkowskijs zu stützen.
Dabei war der Begnadigung ein Verwirrspiel vorausgegangen, das zeigt, daß die große Schar von Chodorkowskijs Anwälten und PR-Agenten nichts von dem Gnadengesuch ihres Chefs wußte. Nun hat Chodorkowskij in atemberaubender Geschwindigkeit binnen weniger Stunden eine Aufenthaltserlaubnis für Deutschland und den Schengenraum bekommen - andere Bürger Rußlands müssen selbst für ein kurzzeitiges Touristenvisum eine lange und beschwerliche Prozedur auf deutschen Konsulaten durchlaufen. Das dürfte vielen Russen ebenso zu denken geben wie der heiße Empfang, den er hier gefunden hat. Dabei ist er begnadigt worden, weil seine restliche Haftdauer nur noch wenige Monate betrug und seine alte Mutter ernsthaft krank ist (und sich in Deutschland behandeln läßt).
Ob sich Personen, die hier in Deutschland Steuern hinterzogen haben, auch auf ein derartiges Wohlwollen von Politik und Presse stützen können? Oder werden sie nicht eher wie Uli Hoeneß oder Klaus Zumwinkel von der Journaille gegrillt. Dabei könnte man doch auch sie als Widerstandskämpfer gegen den Unsinn des komplizierten Steuerrechts der BRD, verbunden mit einem überbordenden Sozialstaat, sehen. Tut hierzulande aber wohl keiner. Wir lieben Wirtschaftskriminelle nur dann, wenn sie ihre Straftaten in Rußland begehen und so diesen uns verhaßten Staat und seine Bürger schädigen. Oder dürfen bei uns auch Manager, die in den USA verurteilt worden sind, auf eine freundliche Aufnahme inklusive Ministerempfang rechnen?
Bleibt abzuwarten, was mit Chodorkowskij weiter geschehen wird. Eine weitere Karriere in Rußland selbst erscheint nur als Marionette seiner ausländischen Gönner vorstellbar, denn einen Großteil seines erheblichen Privatvermögens hat er verloren. Vielleicht ist die juristische Seite noch gar nicht abgeschlossen, denn es gibt auch außerhalb Rußlands Menschen und Unternehmen, die von ihm geschädigt worden waren. In mehreren Staaten wurde gegen ihn ermittelt und vielleicht klicken demnächst ja in den USA oder der Schweiz bei "M.B.K." die Handschellen. Wie wird unsere Presse dann auf die Festnahme ihres Helden reagieren?
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