Freitag, 24. Januar 2014

Ukrainisches Volk und fremde Agenten

US-Senator John McCain auf dem Maidan -
Bei den Unruhen in Kiew gibt es keine ausländischen Drahtzieher.

In der vorletzten Nacht sind in Kiew zwei Menschen umgekommen (nicht sieben, wie in deutschen Medien behauptet): Sergej Nigojan, ein in der Ukraine lebender Armenier, der bereits seit zwei Monaten in der "Maidan-Selbstverteidigungsabteilung" tätig war (wann und wie hat er in dieser Zeit seine Brötchen verdient?), und Michail Shisnewskij, ein Weißrusse, der in seiner Heimat seit Jahren zur Fahndung ausgeschrieben war und sich in die Ukraine abgesetzt hatte. Dort war er der rechtsextremen Organisation UNA-UNSO beigetreten.
Einer der beiden wurde mittels einer Schrotflinte erschossen (Täter unbekannt), der andere ist vom 13 Meter hohen Portal eines Sportstadions gesprungen und hat diesen Sprung nicht überlebt.

Das sind sie also, die Helden des Maidan. Warum nehmen eigentlich zugereiste Krawallmacher an den Unruhen in Kiew teil? Beide eignen sich doch herzlich wenig als Symbole für das vermeintlich "unterdrückte ukrainische Volk", auch wenn sie von der PR-Maschine jetzt als Märtyrer aufgebaut werden.

Und was haben eigentlich in den letzten Wochen die ausländischen Politiker gemacht, die zahlreich nach Kiew gepilgert sind und sich demonstrativ mit den regierungsfeindlichen Demonstranten verbrüdert haben? Westerwelle, Ashton, Nuland, McCain, Saakaschwili und wie sie alle hießen. War das etwa keine einseitige ausländische Einmischung in einen innenpolitischen Konflikt, mit dem Ziel, den verhaßten Janukowitsch zu stürzen und in der Ukraine ein den fremden Staaten genehmes Regime zu installieren? 

Besonders eifrig waren wieder einmal die Deutschen. Sie haben den Boxer Vitali Klitschko, der seit vielen Jahren in der BRD lebt, zurück in seine Heimat geschickt und ihm gleich noch eine Partei namens UDAR (was auf Deutsch "Schlag" heißt - ein sehr friedlicher Name) aufgebaut. Diese Partei wird wesentlich von der CDU, getarnt über die Konrad-Adenauer-Stiftung, unterstützt und finanziert - was von der deutschen Seite auch unumwunden zugegeben wird.

Dieselben Flugblätter mit Anweisungen für Demonstranten,
links in arabischer, rechts in ukrainischer Sprache. Zufall?

In diesem Kontext bin ich auf einen alten Bekannten gestoßen, der mir schon vor acht Jahren unangenehm aufgefallen war: Nico Lange. Er leitete bis vor kurzem das Kiewer Büro der Adenauer-Stiftung und fungierte somit gewissermaßen als Klitschkos Führungsoffizier und Verbindungsmann zu den deutschen Stellen.

Nico Lange habe ich im Frühjahr 2006 kennengelernt. Damals war ich im Rahmen eines DAAD-Programms an der Staatlichen Universität St. Petersburg. An deren Fakultät für Internationale Beziehungen war Lange seinerzeit als Dozent tätig, meiner Erinnerung nach über die Bosch-Stiftung finanziert. Mir und ein paar deutschen Kollegen fiel Lange wegen seiner, sagen wir einmal, wenig akademischen Verhaltensweisen auf. (Vulgär formuliert: Der Typ wirkte schmierig, einfach unangenehm.) Demonstrative Lässigkeit und Jovialität, die jedoch - wie sofort zu spüren war - nicht aus dem Inneren kamen und gekünstelt wirkten. Damit ist er bei seinen Studenten nicht angekommen, die von ihren russischen Dozenten ein seriöseres Auftreten gewöhnt waren. Dergleichen ist auch an deutschen Unis eher unüblich.

Langes lautstarke und demonstrative Bekundungen der deutsch-russischen Freundschaft waren gleichfalls viel zu aufgesetzt, als daß man sie hätte ernstnehmen können. (Heute zeigt sich, daß ich mit meiner Skepsis richtig lag.)

Er ist ehemaliger Bundeswehroffizier und sollte sich in Petersburg wohl intensiv mit der Sprache und Mentalität seines neuen (?) Zielgebietes vertraut machen. Dabei ist ihm jedoch ein erheblicher Fauxpas unterlaufen, der vermutlich seine weitere Verwendung in Rußland unmöglich gemacht hat, weshalb er jetzt in der Ukraine arbeitet. Während einer öffentlichen Diskussionsrunde hatte Lange gesagt, Terrorismus sei nur eine Form der Kommunikation und die Russen sollten sich mit ihrer Terrorbekämpfung nicht so haben. Daraufhin hat ihn der Föderale Sicherheitsdienst zu einem Gespräch gebeten, um diese Aussage zu erläutern. Das hat Lange denn auch getan, doch war er dadurch - um im Geheimdienstjargon zu sprechen - "verbrannt", also für die ihm zugedachte halbkonspirative Tätigkeit in der Rußländischen Föderation nicht mehr zu gebrauchen.

Nun zieht Lange also mit an den Strippen, um Klitschko in Kiew an die Macht und die Ukraine in den deutschen Machtbereich zu bringen. Und spätestens seit dem Snowden-Skandal wissen wir Deutschen, daß unsere Bundesregierung ihrerseits nichts anderes als eine Marionette ist, die vom "großen Bruder" ferngesteuert wird. Aber nein, ausländische Agenten gibt es auf dem "Euromaidan" natürlich ebensowenig wie in Berlin ...

(Es ist übrigens - diese Klammerbemerkung sei mir gestattet - bemerkenswert, wie sich manche Vertreter deutscher Stellen bei ihren Besuchen in Rußland tarnen. Während eines Sprachkurses in Petersburg habe ich eine Dame aus Bonn kennengelernt. Angeblich war sie Hausfrau und wollte im kostenintensiven Einzelunterricht bloß eine neue Fremdsprache erlernen. Doch ihre Kleidung [viele deutsche Beamte folgen einem typischen Kleidungsstil] und ihr gesamtes Auftreten verrieten, daß sie keine gelangweile "Hausperle", sondern Beamtin war. Und angesichts ihres konspirativen Verhaltens und ihres Wohnortes blieben dann nicht viele mögliche Arbeitgeber übrig: BMVg, Bundesamt für Verfassungsschutz oder BND. Jemand müßte den genannten Behörden mal verklickern, daß die Tarnung ihrer Mitarbeiterin sehr durchsichtig war.)


Abschließend noch drei knappe Anmerkungen zur aktuellen Lage in Kiew, ohne Anspruch auf Vollständigkeit (dafür sind andere besser geeignet, da näher dran am Geschehen, z.B. hier [besonders empfehlenswert], hier, hier und hier).

Die Randalierer in Kiew sprechen - auch wenn deutsche Medien etwas anderes behaupten - nicht für das ukrainische Volk. Die obige Grafik zeigt die Ergebnisse von Meinungsumfragen. Dabei symbolisiert die grüne Farbe die Unterstützer des Aufstandes, rot die Anhänger der Regierung. Die Zustimmung zum "Euromaidan" ist sonach nur in der Westukraine hoch (99 %). In der Zentralukraine sind die Verhältnisse fast ausgewogen (40 % für den Umsturz). Im Osten und Süden des Landes herrscht dagegen fast einhellige Ablehnung (95 bzw. 99 % gegen den "Euromaidan"). Dieser Befund wird durch die Ergebnisse einer Umfrage in Lugansk gestützt, wonach 54 % der Befragten für das Auseinandertreiben der Kiewer Aufständischen plädieren.

Wenn unsere Medien und Politiker also vom "ukrainischen Volk" reden, welches sich gegen Präsident Janukowitsch stelle, dann meinen sie damit nur die Einwohner der Westukraine und einen Teil der Bürger im Zenrum des Landes. Der Rest des tatsächlichen Volkes wird dagegen gekonnt ignoriert.

Die beiden folgenden Bilder zeigen schwerverletzte Polizeibeamte in Krankenhäusern, nachdem sie Bekanntschaft mit den "friedlichen Demonstranten" und ihren Brandsätzen und weiteren Waffen machen durften. Doch es genügt der "demokratischen Opposition" nicht, die Angehörigen der Sicherheitskräfte selbst zu verletzen. In sozialen Netzwerken rufen die Kiewer "Eurointegratoren" jetzt sogar dazu auf, die Ehefrauen und Kinder von Polizisten zu schlagen. Und das alles im Namen der vielbeschworenen "europäischen Werte", um die es angeblich gehen soll!




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