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Dienstag, 14. Juni 2011

Fjodor W. Tokarew (1871-1968)

Heute vor 140 Jahren, am 14. Juni 1871, wurde der spätere russische Waffenkonstrukteur Fjodor Wassiljewitsch Tokarew geboren. Er kam in einer armen Kosaken-Familie, die in der Staniza Jegorlykskaja (bei Rostow am Don) lebte, zur Welt. Seit seinem elften Lebensjahr arbeitete er bei Dorfhandwerkern. 1885 trat er in eine Berufsschule für Metallverarbeitung ein und kam erstmals mit dem Bau von Schußwaffen in Berührung. 1888 wurde er - wie bei den Kosaken üblich - Soldat und besuchte eine Unteroffiziersschule in Nowotscherkassk, wo er zum Waffenmeister ausgebildet wurde. Ab 1892 diente er als Waffenmeister im 12. Donkosaken-Regiment.

Von 1896 bis 1900 studierte Tokarew an der Militärtechnischen Schule in Nowotscherkassk und verließ diese als Offizier. Danach kehrte er als leitender Waffenmeister ins 12. Regiment zurück. 1907 wurde er an die Offiziersschießschule in Oranienbaum (bei St. Petersburg) kommandiert. Diese Schule war, zusammen mit den am selben Ort vorhandenen Waffenschule und Schießplätzen, eines der Zentren des Waffenbaus im Zarenreich. Bekannte Konstrukteure von Handfeuerwaffen wie Fjodorow oder Degtjarjow wirkten in Oranienbaum.


Fjodor Wassiljewitsch in seiner Werkstatt.


An diesem Ort begann Fjodor Wassiljewitsch seine Entwicklungsarbeit. 1910 legte er einen ersten Prototypen für die Konversion des Mosin-Nagant-Repetiergewehrs in einen Halbautomaten vor. Die Arbeiten an diesem Projekt gingen bis zum Kriegsausbruch 1914 weiter. Während des 1. WK war Tokarew in der Waffenfabrik von Sestrorezk tätig, zuletzt als als Technischer Direktor. 1919, nach der Oktoberrevolution, wurde er als "Militärspezialist" in die Waffenfabrik nach Ishewsk geschickt; 1921 wechselte er nach Tula. Damit hat Tokarew in fast allen russischen Waffenfabriken seiner Zeit gearbeitet.

Von 1921 bis 1925 arbeitete er an einer Modernisierung des schwerem Maschinengewehrs Maxim, dem "Maxim-Tokarew Modell 1925". Zwei Jahre danach legte er den Prototypen einer "Maschinenpistole Tokarev Modell 1927" vor. Diese vollautomatische Waffe verschoß die vom Nagant-Revolver her bekannte Patrone 7,62 x 38 mm.



Ab 1930 beteiligte er sich am Wettbewerb für eine neue sowjetische Armeepistole. Sein Entwurf mit einem modifizierten Browningverschluß wurde als "Tula-Tokarew Modell 1930" bezeichnet und ging als Sieger aus dem Wettbewerb hervor. 1933/34 wurde die TT-30 weiterentwickelt und schließlich unter dem Namen TT-33 (Tula-Tokarew Modell 1933) als offiziell als neue Seitenwaffe in die sowjetischen Streitkräfte eingeführt. Dort löste sie den Nagant-Revolver M 1895 ab. Bis zum 22. Juni 1941 wurden in Tula rund 600.00 Tokarew-Pistolen produziert. Insgesamt werden es wohl über 1,7 Mio. Stück gewesen sein.
Die TT-33 wurde eine der erfolgreichsten Kurzwaffen des 20. Jahrhunderts, nicht nur wegen ihrer Beteiligung am Zweiten Weltkrieg. Neben der Sowjetunion wurde sie in Polen, Ungarn, Rumänien, China, Jugoslawien und Nordkorea hergestellt; Dutzende von Staaten haben bzw. hatten sie eingeführt. Noch heute bietet Izhmekh in Rußland Schreckschuß- und CO2-Varianten an, was für die Popularität der Waffe spricht.


Eines der bekanntesten sowjetischen Propagandabilder aus dem 2. WK:
Ein Offizier führt den Sturmangriff seiner Einheit an und hält dabei eine TT-33 in der rechten Hand.


Seit Beginn der 30er Jahre arbeite Fjodor Tokarew wieder an Entwürfen für ein Selbstladegewehr. 1933 stellte er einen neuen Prototypen vor. Nach weiteren Arbeiten wurde es 1938 unter dem Namen "Selbstladegewehr Tokarew Modell 1938" (SWT-38) in die Rote Armee eingeführt. Wegen geringfügiger Änderungen erhielt es zwei Jahre später die Bezeichnung "SWT-40".
Dieses Gewehr entwickelte sich zum Markenzeichen der sowjetischen Marineinfanterie; eine größere Anzahl wurde auch als Scharfschützengewehr eingerichtet. Taktisch gesehen sollte das SWT-38/40 in der Infanterie die Maschinenpistolen ergänzen und die Repetiergewehre ablösen - so wie auch das Garand und das Gewehr 41. Die Beliebtheit des SWT-38/40 unter den sowjetischen Soldaten hielt sich in Grenzen, bei den deutschen war es jedoch gefürchtet.
Obwohl über 1,6 Mio. Exemplare produziert worden waren, verschwand das SWT-40 kurz nach Ende des 2. WK aus dem Bestand der aktiven Truppe. Es wurde zunächst vom SKS und dann vom AK-47 abgelöst. Seiner Pistole war hingegen eine weitaus längere Dienstzeit beschieden. Auf Basis des SWT-40 wurde übrigens auch ein Vollautomat entwickelt, der sich jedoch nicht bewährte.



Zwischenzeitlich war Fjodor Tokarew, der mit seinen Waffenentwicklungen entscheidend dazu beigetragen hatte, daß sein Heimatland den Zweiten Weltkrieg überleben konnte, der Doktortitel verliehen worden (1941). Bereits 1933 wurde er als Held der Arbeit und 1940 als Held der sozialistischen Arbeit geehrt.

Nach Kriegsende arbeite Tokarew, der das Renteneintrittsalter schon lange überschritten hatte, weiter in der Waffenbranche. Er wirkte u.a. an den Tests für neue sowjetische Pistolen mit und schrieb Aufsätze. 1948 brach er kurzzeitig aus den angestammten Geleisen aus und entwickelte die Fotoapparate FT-1 und FT-2, deren Fertigung in Krasnogorsk bis 1965 lief. Der Konstrukteur blieb bis ins hohe Alter aktiv. Am 7. Juni 1968, im gesegneten Alter von 97 Jahren, ist Fjodor Wassiljewitsch Tokarew verstorben. Sein Grab befindet sich in Tula. Dort und in St. Petersburg tragen Straßen seinen Namen.
(Mehr über ihn ist hier zu finden.)


Die tschechoslowakische Scharfschützin Marie Ljalková mit einem SWT-40 während des 2. WK.


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Fotos: Wikipedia, www.tokarev.com.

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