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Donnerstag, 16. September 2010

Spetsnaz VI: Der Föderale Wachdienst (FSO)

Heue möchte ich die im Februar begonnene Reihe über die Sicherheitsbehörden der Rußländischen Föderation mit einem Artikel über den Föderalen Wachdienst der RF (russ.: Federalnaja Slushba Ochrany; Abk.: FSO) fortsetzen.

Aufgaben

Die Aufgaben des FSO sind im föderalen Gesetz „Über die staatliche Bewachung“ aus dem Jahre 1996 festgeschrieben. Es sind dies u.a.:

  • Personenschutz für den Präsidenten und weitere Repräsentanten des Staates sowie für ausländische Staatsgäste;
  • Objektschutz für wichtige staatliche Gebäude und Liegenschaften;
  • Sicherstellung der Kommunikationsverbindungen der Staatsführung sowie Mitwirkung an der Spionageabwehr im IuK-Bereich;
  • Repräsentations- und Protokollaufgaben;
  • Mitwirkung bei der Bekämpfung des Terrorismus;
  • Betrieb des präsidialen Fuhrparkes.


Organisation

Der FSO ist entsprechend seinen Aufgaben gegliedert, worüber jedoch nur wenige Details bekannt sind. Die Personenschützer gehören zum Sicherheitsdienst des Präsidenten; der Fuhrpark ist ebenfalls eine eigene Diensteinheit („Garage besonderer Bestimmung“).

Der bekannteste Teil des FSO ist das Präsidentenregiment, inoffiziell auch als Kreml-Regiment bezeichnet. Diese großteils aus Wehrpflichtigen bestehende Truppe nimmt vor allem zeremonielle Aufgaben wahr: sei es durch Ehrenformationen bei Staatsbesuchen, die Wache am Grab des unbekannten Soldaten (offiziell Posten Nr. 1 genannt) oder durch die große samstägliche Wachablösung im Kreml, die sich seit Jahren zu einer Touristenattraktion entwickelt hat. (In diesem Sommer mußte sie wegen der großen Hitze schon mal abgesagt werden.) Doch die Angehörigen des Regiments sind auch in die Objektsicherung des Kreml-Areals (und anderer Objekte) eingebunden, wenn sie etwa an den Eingängen die Touristenströme kontrollieren und innerhalb des Geländes – wo es so gut wie keine weiteren Zäune oder Mauern gibt – bisweilen lenkend eingreifen.



Das Kreml-Regiment besteht seit 1935, als nach Abzug von Lettischen Schützen (1918) und Offiziersschülern (1918-1935) in der Roten Armee ein Wachbataillon für die Staats- und Parteiführung aufgestellt wurde. 1936 wurde diese Truppe zum Regiment erweitert und dem Volkskommissariat für innere Angelegenheiten (NKWD) unterstellt. (Später gehörte in der DDR das Wachregiment Feliks Dzierzynski ebenfalls zum MfS.) Im Jahre 1941 nahm das Regiment an der Verteidigung Moskaus teil. In den Folgejahren wurden aus seinen Reihen Scharfschützengruppen an verschiedene Fronten entsandt, wo sie insgesamt 1.200 Gegner getötet haben. Das Regiment selbst hat von 1941 bis 1945 Verluste in Höhe von 97 Mann erlitten. Nach 1945 kam es zu verschiedenen Namensänderungen; die heutige Bezeichnung „Präsidentenregiment“ erhielt es 1993.

Das Regiment gliedert sich in fünf unterschiedlich strukturierte Wachbataillone, die berittene Ehreneskorte (mit dem Kern von 2 Kavallerieeskadronen), ein Motorisiertes Schützenbataillon als mobile Einsatztruppe (ausgestattet u.a. mit BTR-90) und die notwendigen Unterstützungseinheiten. Die Unterkünfte für den Personalbestand von rund 3.000 Mann befinden sich im Zeughaus des Kreml, im Alexandergarten sowie im Moskauer Umland. Das Regiment dürfte der einzige Verband der russischen Streitkräfte und Sicherheitsbehörden sein, in dem als eine der Standardwaffen noch das Gewehr SKS geführt wird.



Der quantitativ größte Teil der FSO-Mitarbeiter dürfte auf die IuK-Dienststellen entfallen, die für die Sicherstellung der Kommunikationsverbindungen von Präsident und Regierung und weitere IuK-Aufgaben verantwortlich sind. Diese bestehen aus Verwaltungen und Zentren für Spezialkommunikation und -information, die über das gesamte Land verteilt sind. Zentrum ist hier die Fernmeldezentrale des Kreml. Ebenso wie im Präsidentenregiment sind in diesem Bereich viele Wehrpflichtige eingesetzt.

Hinzu kommen die Verwaltung für Objektschutz, die Verwaltung für Spezialaufgaben (dazu demnächst ausführlicher), ein Orchester sowie weitere Diensteinheiten für administrative und logistische Aufgaben. Für die Aus- und Fortbildung, insbesondere des Offizierspersonals im IuK-Bereich, ist die Akademie des FSO mit Standorten in Orjol und Woronesh zuständig.

Exakte Zahlen über die Anzahl der Mitarbeiter des Föderalen Wachdienstes sind nicht bekannt. Im Internet kursieren Zahlen zwischen 20.000 und 30.000 Mann. Diese erscheinen mir ein wenig hoch; die Größenordnung könnte jedoch stimmen, wenn man den personalintensiven weil flächendeckenden IuK-Bereich mit in Rechnung stellt.
(Zum Vergleich: Etwas Analoges existiert in Deutschland nicht. Hierzulande sind die zivilen Behörden auf Drahtverbindungen der Telekom und den – im Sinne einer durchgehenden Informationskette unzureichenden – BOS-Funk angewiesen.)

Seit dem Jahr 2000 ist Jewgenij Murow Direktor des FSO. Die Behörde ist unmittelbar dem Präsidenten der RF unterstellt. Die Regierung koordiniert lediglich die Zusammenarbeit mit den übrigen Föderalbehörden.



Geschichte

Wie bei allen Sicherheitsbehörden Rußlands reichen auch die Wurzeln des FSO in die Sowjetzeit zurück. Für die Bewachung der Staats- und Parteiführung sowie für ihre Fernmeldeverbindungen waren verschiedene Diensteinheiten des Komitees für Staatssicherheit (KGB) verantwortlich. Nach dessen Auflösung 1991 traten verschiedene Behörden an ihre Stelle. Es würde an dieser Stelle zu weit führen, die verzweigte Organisationsgeschichte nachzuzeichnen. (Zeitweise war sogar das Kreml-Regiment eigenständig und direkt dem Präsidenten Jelzin unterstellt.)
Deshalb nur die wichtigsten Eckdaten: 1991 Bildung des Sicherheitsdienstes des Präsidenten, der 1992 in Hauptverwaltung für Bewachung (GUO) und 1996 in Föderaler Wachdienst (FSO) umbenannt wird. 2004 wurden durch einen Präsidentenerlaß der Dienst für Spezialverbindungen (s.o.) aus der aufgelösten Fernmelde(-aufklärungs-)behörde FAPSI in den FSO eingegliedert. Infolgedessen erweiterte der FSO sein Tätigkeitsfeld und wurde teilweise umstrukturiert.



Exkurs: Der Feldjägerdienst

Aufgabenmäßig mit dem FSO verwandt ist der Feldjägerdienst der RF (russ.: Gosudarstwennaja Feldjegerskaja Slushba; Abk.: GFS); er gilt jedoch nicht als Sicherheitsbehörde. Vielmehr handelt es sich um einen Postdienst, der für den Transport der Korrespondenz – z.T. auch per Kurier – zwischen den obersten Staatsorganen, Ministerien und einigen anderen wichtigen russischen Zivil- und Militärdienststellen zuständig ist.
Der GFS wurde 2004 gegründet, es gab jedoch diverse Vorläuferbehörden, deren erste auf das Jahr 1796 datiert. Bereits damals wurde das aus dem Deutschen stammende Wort „Feldjäger“ für solche besonderen Kuriere verwendet. Das dürfte kein Zufall gewesen sein, galt doch der damals regierende Kaiser Paul I. als besonders preußenfreundlich – und ebendort gab es seit 1740 ein Reitendes Feldjägerkorps. (Ausführlich zur Geschichte siehe hier.)
Der GFS untersteht direkt dem Präsidenten und wird seit 2002 von Direktor Gennadij Kornijenko geleitet. (Über diesem Abschnitt ist die Fahne des GFS abgebildet.)



Die nächste Folge dieser Reihe, die voraussichtlich übermorgen erscheint, wird den Spezialkräften des FSO gewidmet sein.



Bibliographie

O. Galkin: Presidentskij polk, in: Wojenno-istoritscheskij Shurnal 4/2006, S. 8 ff.

Ju. Kornew et.al.: Spezialnaja swjas w sisteme gossudarstwennogo uprawlenija Rossii, Moskau 2006.

S. Koslow: Presidentskij speznas, in: Bratischka 4/2010, S. 2 ff.

Je. Murow et.al.: Presidentskij polk - Istorija i sowremennost, Moskau 2008.

Offizielle Webseite des FSO

Webseite des Präsidentenregiments

Offizielle Webseite des GFS

Wikipedia: FSO (russ. / eng.); Präsidentenregiment (russ. / eng.); GFS (russ.).





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Fotos: www.ppolk.ru.

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